Kirchen und ihre Schätze Die Versöhnungskirche in Beuel-Mitte
BEUEL-MITTE · "Wir haben viele Schätze, einige davon sind jedoch sehr versteckt", sagt Heike Lipski-Melchior. Sie ist die Pfarrerin der Versöhnungskirche in der Neustraße in Beuel-Mitte und zeigt auf die Signets der Weltkugel mit Kreuz an der oberen Außenfassade.
Auch die Fenster in der 120 Jahre alten, weißen Kirche sind ein Schatz - wenn auch ein eher unscheinbarer. Sie zeigen die Kornähre als Symbol des Schöpfers, das Kreuz als Zeichen Jesu und ein V als Zeichen der Taube. "Die Kirche wurde als kleine evangelische Kapelle gebaut und ist insgesamt sehr schlicht gehalten. So gibt es zum Beispiel kein Altarbild und auch fast keine Kunst", sagt Lipski-Melchior.
Vor einigen Jahren habe sich die Gemeinde dann entschlossen, Paramente - das sind künstlerisch aufwendig gestaltete Textilien - in den Farben des Kirchenjahres für den Altar und die Kanzel anzuschaffen. Die in einem Betrieb in Düsseldorf-Kaiserswerth gefertigten Textilien präsentieren sich in kräftigen Farben mit verschiedenen Ornamenten. Darauf ist etwa der Einzug Jesu' nach Jerusalem dargestellt. "Sie stellt verschiedene Szenen aus der Bibel dar, aber die Bilder sind grundsätzlich deutungsoffen. Der Betrachter wird dabei zum Denken angeregt", erklärt die Pfarrerin.
Den Altar ziert eine große bunte Kerze in einem antiken Kerzenständer, in den "Der evangelischen Gemeinde in Beuel" eingraviert ist. "Der Kerzenständer ist das einzige Stück aus der Frühphase der Kirche. Man sieht ihn auf historischen Bildern. Ich habe ihn aus dem Archiv geholt und seit acht Jahren gestalten Kinder der Paul-Gerhardt-Schule die Osterkerzen. So verbindet sich Jung und Alt. Das finde ich sehr schön", so Lipski-Melchior. Die diesjährige Kerze, sie wird jeweils in den Gottesdiensten und bei Taufen angezündet, zeigt Kreuz, Regenbogen und Taube. Am unteren Ende sind Menschen zu sehen - da haben die Kinder sich selbst skizziert.
Auch die Jahreslosung "Gott nahe zu sein ist mein Glück" haben die Schüler aufgegriffen. "Sie haben mich auf das Auge auf der Kerze aufmerksam gemacht, denn es steht für Glück. Die Kerze symbolisiert das Leben in der Gemeinde. Das ist etwas ganz Wichtiges für mich", so die Pfarrerin. "Ein großer Schatz ist unsere Orgel. Denn sie hat ein Glockenspiel, das ist relativ selten. Zu Ostern hat es unser Kantor zuletzt richtig erklingen lassen", sagte Lipski-Melchior.
Die Orgel wurde 1988 in die Kirche eingebaut und wird in diesem Jahr grundüberholt. Den Namen Versöhnungskirche erhielt das Gotteshaus erst 1985. Vor dem Hintergrund des Besuchs von Emilio Castro, dem damaligen Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, hatte des Presbyterium der evangelischen Kapelle beschlossen, den Namen Versöhnungskirche zu wählen. "Vor einigen Jahren bekam ich eine Anfrage von der Versöhnungskirche in Leipzig, die alle Versöhnungskirchen in Deutschland auflisten wollte. Das war für mich eine spannende und schöne Sache, denn mein Großvater war dort Pfarrer", so Lipski-Melchior.
Der Name einer Kirche sei für viele Christen wichtig. "Ich habe einige Menschen in die Gemeinde wieder aufgenommen, die sich von dem Namen Versöhnungskirche angesprochen gefühlt haben", berichtet die Pfarrerin. Sie stammt aus Hilden im Kreis Mettmann und ist im Schatten moderner und einer 800 Jahre alte Kirche aufgewachsen - so dass die kleine Versöhnungskirche für die Pfarrerin etwas Besonderes ist. "Als wir hierher kamen, haben wir sie kleine weiße Wohnzimmer-Kirche getauft", so Lipski-Melchior.
"Für mich ist die Kirche ein Rückzugsraum und ich mag das Licht am Abend darin besonders gerne. Dann strahlt die Kirche eine unglaubliche Ruhe aus. Und sie ist auch bei Brautpaaren sehr beliebt. Die kommen auch aus anderen Gemeinden hierher und werden dann von dem entsprechenden Kollegen getraut", berichtet Lipski-Melchior.
Die Versöhnungskirche
Das Besondere an der Versöhnungskirche ist, dass sie Samstagsvormittag geöffnet ist. Um 12 Uhr gibt es eine 10-Minuten-Andacht mit Musik und einem Impuls aus Psalm, Tageslosung oder einer Kurzgeschichte.
