Bonner Weihnachtscircus Circusschule NRW unterrichtet Artistenkinder in Beuel

Beuel · Während sich die Artisten des Bonner Weihnachtscircus auf die Premiere an diesem Freitag vorbereiten, werden die Kinder der Artistenfamilien von der Circusschule NRW unterrichtet.

 Eng, aber gemütlich: Die Zirkuskinder werden im Schulmobil von Lehrerin Cordula Witte unterrichtet.

Eng, aber gemütlich: Die Zirkuskinder werden im Schulmobil von Lehrerin Cordula Witte unterrichtet.

Foto: Rainer Schmidt

Valentiano (7 Jahre alt), Megan (8), Marlon (11) und Charlize (11) haben es, was die Schule anbelangt, super: Sie müssen nicht in die Schule gehen oder fahren, die Schule kommt zu ihnen nach Hause.

In einem kleinen Unterrichtsmobil kommt zweimal in der Woche Cordula Witte angefahren. Sie ist Lehrerin und ihre Schüler sind Zirkuskinder. Diese gastieren derzeit mit dem Bonner Weihnachtscircus in Pützchen auf den Marktwiesen. Zum 13. Mal spielt der Zirkus in Bonn. Von Samstag, 20. Dezember,  bis Montag, 5. Januar, heißt es wieder „Manege frei“ für die Artisten. Doch für die Kinder der Zirkusfamilien bedeutet das nicht Ferien oder schulfreie Zeit, für sie geht der Unterricht weiter. Der Zirkus ist ja nicht nur während der Vorstellungstage vor Ort,  „der Auf- und der Abbau dauert Wochen“, sagt Manuel Fischer, der Zirkusdirektor. Deshalb gibt es die mobile Circusschule.

Lehrerin der Circusschule NRW geht im Unterricht individuell auf jeden Schüler ein

Ein Wohnmobil wurde zur Circusschule umgebaut.

Ein Wohnmobil wurde zur Circusschule umgebaut.

Foto: Rainer Schmidt

Die evangelische Kirche im Rheinland ist der Träger der „Schule für Circuskinder“ (SfC) in Nordrhein-Westfalen. Sie beschäftigt 28 Lehrkräfte, alles ‚Allrounder‘. „Ich unterrichte alle Klassen bis zur Mittleren Reife in allen Fächern“, berichtet Cordula Witte. „Genau das ist es, was mir besonders viel Spaß an meinem Beruf als Lehrerin bereitet.“ Sie hat Musik und Französisch auf Lehramt an Gymnasien studiert und wurde an der Circusschule durch ein Netz erfahrener Kollegen eingearbeitet. „Wir Lehrer haben den unterschiedlichsten Background. Aber eine Zusatzausbildung für diese Schulform gibt es nicht.“

Cordula Witte betreut zwei Zirkusse, sie ist in jedem Zirkus zweimal in der Woche vor Ort. Zwischen drei und sechs Kinder kommen dann in ihre kleine mobile Schule. Jeder Schüler hat dann seinen kleinen Schreibtisch, an dem er lernen und arbeiten kann. „Das ist viel intensiver als der Unterricht in normalen Klassen“, sagt Witte. Sie kann sich auf jeden Schüler einzeln einstellen, den Unterrichtsstoff individualisieren. „Die Wiederholschleifen, bis alle den Stoff verstanden haben, die reduzieren sich enorm. Deshalb können die Zirkuskinder in weniger Zeit mehr lernen.“ Und deshalb haben sie auch viel mehr Spaß am Schulunterricht. Was diese Circusschulkinder gut vergleichen können, denn es gibt Zeiten, da gehen sie in eine feste Schule. Im Sommer, so erfährt man von Marlon, sind sie an ihrem Standort im Kreis Euskirchen und sie gehen in eine Schule in Weilerswist. Charlize und Marlon besuchen die fünfte Klasse. „Die Circusschule macht mehr Spaß“, erzählt Charlize. „Man kann sich hier auch mal unterhalten, und ich bekomme viel mehr Hilfe als in der normalen Schule.“

Megan besucht die dritte Klasse und erzählt, dass Mathe ihr Lieblingsfach sei. „Ich kann nicht nur das Einmaleins, ich kann sogar schon bis 1000 rechnen“, sagt sie stolz und ergänzt: „Ich kann hier viel besser lernen, weil es viel ruhiger ist.“ Das gilt auch für Valentiano, der in die zweite Klasse geht und der mit Lesen und Schreiben überhaupt keine Probleme hat. Er träumt davon, eines Tages mit einem Motorrad in einer Motorrad-Kugel, „Todeskugel“ genannt, fahren zu können.

Sport und Musik sind in dieser Schulform ebenfalls mit dabei. „Im Sommer trainieren wir draußen Leichtathletik“, berichtet Witte. „Ich unterrichte auch Flöte und Ukulele und wir singen viel zusammen. Wir sind in dieser Schulform genauso erfolgreich wie normale Schulen.“ Sie verweist darauf, dass von 342  Schülern, die die SfC verlassen haben, 119 die Mittlere Reife hatten. Nur das Abitur, das kann man in der Circusschule nicht machen. Da müssen sich die Lernwilligen an das „Berufskolleg für Reisende“ in Dortmund wenden.

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