Urteil im Bonner Schwurgericht 23-Jährige muss nach Messerattacke auf Ex-Freund in Psychiatrie

Bonn · Eine 23-Jährige, die ihren Ex-Freund mit unzähligen Messerstichen verletzt hat, muss dauerhaft in die Psychiatrie. Vom Vorwurf des versuchten Mordes sprach sie das Bonner Schwurgericht frei.

 Blutverschmiert klingelte der Verletzte nach dem Angriff bei den Nachbarn, um Hilfe zu bekommen.

Blutverschmiert klingelte der Verletzte nach dem Angriff bei den Nachbarn, um Hilfe zu bekommen.

Foto: Nicolas Ottersbach

„Der eine Teil schaut zu und der andere handelt wie ein Roboter.“ So hatte ein Gutachter die Phase der sogenannten „dissozialen Depersonalisierung“ beschrieben, in der eine 23-jährige Frau aus Niederholtorf ihren Ex-Freund mit über 20 Messerstichen lebensgefährlich verletzt hatte. Am Montag hat das Bonner Schwurgericht die Angeklagte vom Vorwurf des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen.

Die Kammer geht davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit der jungen Frau erheblich eingeschränkt war und sie daher schuldunfähig ist. Weil das Gericht aber annimmt, dass sie wegen ihrer psychischen Erkrankung eine große Gefahr für ihr Umfeld darstellt, ordnete es die dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an.

Der Fall hatte auch für ein mediales Echo gesorgt: Am 5. September vergangenen Jahres stach die junge Frau nachts mit einem Messer auf ihren schlafenden Ex-Freund ein, mit dem sie sich bis zu ihrem bevorstehenden Auszug noch die gemeinsame Wohnung teilte. Der Mann erlitt bei der Attacke lebensgefährliche Verletzungen. Kurz vor dem Angriff hatte sie sich im Internet informiert, wie man einen Menschen mit dem Messer töten kann. Dann ging sie in die Küche, griff sich das Tatwerkzeug und stieß es ihrem früheren Partner immer wieder in den Körper.  „Was tust du da?“, fragte der bereits stark blutende Mann und versuchte verzweifelt die Terrassentüre zu entriegeln, während die Angreiferin ihm das Messer immer wieder in den Rücken stieß.

Mit seiner Frage muss er wohl einen Hebel umgelegt haben: Jedenfalls ließ die erschrockene Angreiferin spontan von ihrem Opfer ab. Offenbar realisierte sie nun die wahre Situation und rief sofort den Notarzt. „Ich habe versucht, meinen Freund zu ermorden, kommen Sie schnell“, gab sie dort an und trug so dazu bei, dass der Angegriffene überlebte.

Gefahr für andere Menschen durch psychische Krankheit

Der Fall zeige eindrücklich, welche ungeheure Gefahren von psychischen Krankheiten ausgehen können, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff in der Urteilsbegründung. „Die Angeklagte ist jung, zierlich, nett – man vermutet nichts“, so der Richter. Dabei habe sie ihr Opfer bestialisch traktiert. „Ohne die herbeigerufene ärztliche Hilfe säßen sie heute nicht hier“, sprach er den als Zuschauer anwesenden Ex-Partner der Angeklagten direkt an: „Es ist nicht leicht objektiv zu bleiben, wenn man Opfer einer Straftat ist“, stellte Reinhoff in Hinblick auf die Aussage des Mannes im Zeugenstand fest.

Dafür gebühre ihm der höchste Respekt. Bei seiner Befragung hatte der Mann nämlich bestätigt, dass seine ehemalige Partnerin ihren Angriff sofort beendet hatte, als ihr die Situation klar wurde. Dieser Aussage war es schließlich geschuldet, dass der Vorwurf des versuchten Mordes vom Tisch kam.

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