Fachtagung Psychomotorik in Bonn Bewegung schärft die Sinne

Beuel · Förderverein für Psychomotorik bietet zahlreiche Kurse in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zur Schulung von Kindern an. Aber es werden nicht nur Kinder geschult.

 Toben, trainieren, Sinne schärfen: Der Psychomotorik-Kurs von Stephanie Trommelen begeistert die Kinder in der Turnhalle der Josefschule.

Toben, trainieren, Sinne schärfen: Der Psychomotorik-Kurs von Stephanie Trommelen begeistert die Kinder in der Turnhalle der Josefschule.

Foto: Friese

Vier Jungen liegen auf dem Hallenboden. Sportlehrerin Stephanie Trommelen stellt ihnen eine Aufgabe: entspannen, ruhig sein, nicht bewegen und dem gleichmäßigen Abrollen des Gymnastikreifens zuhören. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Die Kinder haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Bewegungen zu koordinieren und sich in einer Gruppe zurechtzufinden.

In der Turnhalle der Beueler Josefschule kommen immer freitags Kinder ab drei Jahren zusammen, die an einer psychomotorisch-therapeutischen Förderstunde teilnehmen. Fachärzte haben den Kindern die Teilnahme verordnet, weil die Psychomotorik bei oben genannten Auffälligkeiten Abhilfe schaffen kann. Die parallele Entwicklung der Psyche und des Körpers bei Kindern will die Psychomotorik durch Spiele, Bewegung und Wahrnehmungsschulung anregen und fördern.

Sinnesreize sollen in Bewegung umgesetzt werden und umgekehrt. „Hüpfen vor Freude“, dieses Sinnbild spiegelt eine psychomotorische Handlung wider. Die Entwicklungsschwächen der Kinder äußern sich unterschiedlich: Unruhe, Angst, Hemmungen oder das Zappelphilipp-Syndrom. Aber auch Kinder, die durch Krankheiten wie Asthma, Leukämie und Neurodermitis in ihrer Entwicklung beeinträchtigt sind, können durch Motopädagogik und Mototherapie ihren Zustand erheblich verbessern.

Gelegenheiten für kreatives Spiel

Was will Psychomotorik? Dazu Sportlehrer Hans Jürgen Beins: „Sie eröffnet Kindern Gelegenheiten für kreatives Spiel, erlebnisreiche Bewegungen und vielfältige Sinneswahrnehmungen. Die enge Wechselbeziehung zwischen Bewegung und anderen Persönlichkeitsbereichen fördert effektiv die Entwicklung der Kinder.“ Und das merkt man in der Förderstunde deutlich. Tom hängt an den Lippen von Sportlehrerin Stephanie Trommelen. Er versucht, die Bewegungsanweisungen umzusetzen. Aber es fällt ihm schwer. Die Koordination von Armen, Beinen und Gymnastikreifen lässt mit zunehmender Übungsdauer nach. Tom fällt.

Die Trainerin ändert ihre Stunde spontan ab: Jetzt muss freies Spielen mögliche Frustrationen bei dem Sechsjährigen überlagern. Tom tobt, springt, rennt und schreit nach Herzenslust. Bewegung und Gemütsäußerungen gehen ineinander über. Der Ansatz der Psychomotorik beweist sich als richtig. Die Patienten sind keine behinderten Kinder, sondern in ihrem Bewegungsverhalten auffällig. Woher die Störungen kommen, lässt sich selten genau feststellen.

Ursachen können unter anderem frühe Entwicklungsstörungen, ungünstige Umweltbedingungen oder Bewegungsmangel sein. Fachleute sprechen von unausgewogener Sinneskost. Will heißen: Erhöhter Fernsehkonsum grenzt Spielräume von Kindern zu stark ein. Die Psychomotorik als „Schule der Sinne“ will dazu beitragen, dass Sinne ausgewogener beansprucht werden. In der Praxis werden Selbstwahrnehmung, Koordinationsfähigkeit, Gleichgewichtsgefühl und Reaktionsverhalten geschult. Die Kinder sollen spielerisch an Alltagsaufgaben herangeführt, sollen mutiger, sicherer, vor allem aktiver werden.

Fachtagung für Psychomotorik am 24. Mai

Höhepunkt der Förderstunde ist das gemeinsame Rollbrettfahren: Tom, Rasmus, Eliyas und Nicolas sollen gemeinsam nebeneinander durch eine Wand aus Zeitungspapier fahren. Hierbei kommt es darauf an, sich abzusprechen, sich zu einigen, kein Wettkampfverhalten aufkommen zu lassen. Alle Kinder reden und gestikulieren wild durcheinander. Stephanie Trommelen ruft zur Ordnung, erklärt nochmals den Sinn der Übung. Der zweite Versuch klappt.

Seit 30 Jahren besteht das Angebot des Fördervereins in der Josefschule. „Diese und ähnliche Kurse finden aber im gesamten Stadtgebiet und im Rhein-Sieg-Kreis statt. Wir unterrichten derzeit mehr als 1500 Kinder“, erläutert Sportlehrerin Trommelen. Aber es werden nicht nur Kinder geschult.

Der Verein kümmert sich auch um die Erwachsenenbildung. Jährlich findet in Bonn die bundesweite Fachtagung für Psychomotorik statt – dieses Jahr bereits zum 24. Mal und zwar am Samstag, 21. Mai, in der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bad Godesberg. „400 Anmeldungen liegen bereits vor. Einige Plätze sind noch frei“, so Beins.

Bei dem Kongress, der unter dem Motto „Was sich bewegt, lerne ich“ steht, geht es unter anderem um aktuelle Entwicklungen in der Psychomotorik und um Erfahrungsaustausch. Mehr als 30 Referenten geben Anregungen zum bewegten Lernen. Die Teilnahme kostet 110 Euro (inklusive Mittagessen).

Weitere Informationen und Anmeldungen für den Kongress auf www.psychomotorik-bonn.de

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