Rathaus in Beuel Bärbel Dieckmann berichtet über die Lage in Afrika

Beuel · Bärbel Dieckmann, die Präsidentin der Welthungerhilfe, berichtet im Beueler Rathaus über die Lage in Afrika. Ihre These: „Europa wird sich nicht unabhängig von Afrika entwickeln können.“

 Bärbel Dieckmann erläutert Christian Tiltorf, einem Teilnehmer der SPD-Veranstaltung, wie viele Hungergebiete es in Afrika gibt.

Bärbel Dieckmann erläutert Christian Tiltorf, einem Teilnehmer der SPD-Veranstaltung, wie viele Hungergebiete es in Afrika gibt.

Foto: Stefan Knopp

Viel Elend hat die ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann in ihrer Funktion als Präsidentin der Welthungerhilfe bei Besuchen in Afrika schon gesehen. Aber auch vieles, was ihr Hoffnung macht: „Mich beeindruckt unglaublich die Stärke der Menschen“, sagte sie am Mittwochabend beim Vortrag „Afrika und Europa“, zu dem die Beueler SPD ins Bezirksrathaus eingeladen hatte. Als Beispiel nannte sie Frauen, die nicht stolz auf den Kleinkredit waren, mit dem sie ein Geschäft aufgebaut hatten, sondern darauf, „dass sie ihn zurückgezahlt haben“.

Dieckmann gab in ihrem Vortrag und der anschließenden Diskussionsrunde einen groben Überblick über die Ursachen für die Situation, in der viele der 1,1 Milliarden Afrikaner leben. Einige Probleme seien schlechter Regierungsführung, Korruption und illegalen Finanzsystemen sowie den Folgen innerafrikanischer Entwicklungen zuzuschreiben.

Dazu gab sie drei Beispiele: Mali sei so stabil gewesen, dass die Welthungerhilfe zuversichtlich gewesen sei, sich dort bald nicht mehr engagieren zu müssen – bis Gaddafi in Libyen gestürzt wurde und die militanten Tuareg, die für ihn gearbeitet hatten, nach Mali zurückkehrten, einen Regierungsputsch durchführten und das Land zurückwarfen. Der Südsudan habe alle Ressourcen, um stabil zu sein. Aber nach der Unabhängigkeit vom Norden habe die Führungsriege das Land im Stich gelassen und in eine „Quasi-Katas-trophe“ geführt. „Es ist ein Land, das eigentlich die Chance hätte.“

Zuerst Kolonialherren, dann Investoren

Äthiopien schließlich werde zwar von einem autoritären Regime geführt, das aber den Hunger im Land bekämpfe. Dürren und andere Klimakatastrophen führten aber dazu, dass dennoch elf Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe von außen angewiesen seien. Vorwiegend hätten aber Europäer, Amerikaner und Asiaten die Probleme zu verantworten, so Dieckmann.

„Die meisten Staaten sind erst 1960 unabhängig geworden.“ Zuerst seien sie von Kolonialherren ausgebeutet worden, dann von Investoren, die Land kaufen würden, aber nur an den Rohstoffen interessiert seien. Dort werde nur zu oft unter schlechten Bedingungen abgebaut, selten auch verarbeitet. „Die Wertschöpfungsketten liegen fast nie in Afrika.“ Der Kontinent leide nicht zuletzt auch am Klimawandel. „Kein afrikanisches Land ist daran beteiligt.“

All das treibe Menschen dort in die Flucht, sagte Dieckmann – und die führe nach Europa. „Wir müssen die Lebenschancen der Menschen vor Ort erhöhen, sonst werden sie gehen.“ Man müsse stark in die Landwirtschaft investieren, die Rohstoffverarbeitung im eigenen Land fördern und dadurch Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. In vielen Ländern fehlten Steuersysteme, soziale Sicherungssysteme und ein Gesundheitssystem. Der Westen müsse dabei helfen. Denn: „Europa wird sich nicht unabhängig von Afrika entwickeln können.“

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