Heckelsbergplatz Anlieger sollen in Beuel nach 40 Jahren zahlen

Beuel · Den perfekten Zeitpunkt, um mit Hauseigentümern Anliegerkosten abzurechnen, gibt es vermutlich nicht. Doch beim Heckelsbergplatz sind seit Planungsbeginn fast 40 Jahre vergangen. Jetzt wird abgerechnet.

77 Eigentümer rund um den Heckelsbergplatz haben Post von der Stadtverwaltung bekommen. Die Forderungen reichen von knapp 300 bis zu mehreren Zehntausend Euro. Mancher Anlieger bezweifelt, ob alles mit rechten Dingen zugeht und erwägt, einen Anwalt zurate zu ziehen. Einer von ihnen ist Werner Quadt. Er soll 40 000 Euro bezahlen.

Strittig ist für ihn, ob die Sache nicht längst verjährt ist. Außerdem bezweifelt er, dass die Flächenanteile, die von der Verwaltung zur Berechnung zugrunde gelegt werden, wirklich gerecht zwischen Stadt und Anliegern verteilt sind. Und überhaupt: Er fühlt sich überrumpelt.

Ansprechpartner bei der Verwaltung ist Walter Hudec, Abteilungsleiter im Bauordnungsamt und zuständig für Verwaltungs- und Beitragsangelegenheiten. „Wir sind wieder die Bösen“, weiß er aus Erfahrung. „Aber Sie können sicher sein, dass ich diese Sache von mindestens vier Experten habe abklopfen lassen“, sagt er. Und er stellt klar, dass die Anlieger jetzt zunächst einen Anhörungsbogen bekommen haben. Der rechtskräftige Bescheid folgt nach einer Frist.

Widerspruch nur durch eine Klage

Im Anhörungsbogen sind die Kosten aufgeführt, die sich zum jeweiligen Anliegerbeitrag summieren. Dazu gibt es rechtliche Erläuterungen, beispielsweise darüber, dass im NRW-Bürokratieabbaugesetz II von 2007 kein kostenfreier Widerspruch mehr gegen einen Verwaltungsbescheid möglich ist. Stattdessen gibt es nur die Option der Klage beim Verwaltungsgericht. Wer also mit dem Bescheid über seinen Erschließungsbeitrag nicht einverstanden ist, muss gegen die Stadt vor Gericht ziehen.

„Die Berechnung nehmen wir nach bestem Wissen und Gewissen auf der Basis der vorhandenen Unterlagen vor“, betont Hudec. Wenn der Eigentümer einen Berechnungsfehler nachweisen könne, würde der Bescheid korrigiert.

Aber eben diese „Basis der vorhandenen Unterlagen“ zweifelt Werner Quadt an. Er meint, dass die Absprachen damals anders waren, als jetzt von der Verwaltung dargestellt. „Außerdem muss man sich doch auch fragen, wer in den vergangenen Jahrzehnten von der Erschließung des Heckelsbergplatzes profitiert hat, aber jetzt gar nicht zur Kasse gebeten wird“, sagt er. „Wer kann sich nach so langer Zeit noch erinnern und – viel wichtiger – hat aussagekräftige Unterlagen?“

Erste Baumaßnahmen im Jahr 1963

Der Heckelsbergplatz ist hauptsächlich Parkplatz und erschließt rückseitig das Karree Neustraße, Goetheallee, Bahnhofsvorplatz und Obere Wilhelmstraße. Für seine Gestaltung waren drei Planungsbereiche festgelegt. Das war einmal der öffentliche Parkplatz, für den keine Erschließungsbeitragspflicht besteht, weil er öffentlich genutzt wird.

Der zweite Bereich war die um den Parkplatz führende Straße, die über die Neustraße zugänglich ist. Beim dritten handelt es sich um die Stichstraße/Sackgasse, die vom Heckelsbergplatz abzweigt und die Rückseite der Häuser an der Oberen Wilhelmstraße erschließt.

1963 wurde auf dem Heckelsbergplatz mit dem Kanalbau begonnen. 1973 wurde der Bebauungsplan (7923-10) aufgestellt. Der Ausbau erfolgte 1979. Beleuchtung und Begrünung haben der Parkplatz und die umführende Straße seit 1980 sowie die Stichstraße seit 1989. Der Knackpunkt ist aber, dass der ursprüngliche Plan nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

Auf der geplanten Zufahrt von der Neustraße zum Platz lag ein Privatgrundstück im Weg. Die Verwaltung sollte es eigentlich kaufen und das Gebäude darauf abreißen. Das passierte aber nicht. Das Gebäude steht heute noch.

Ein Bürgersteig verzögerte gesamte Maßnahme bis 2016

Warum, ist laut Hudec nicht dokumentiert. Die Erschließung habe auch ohne besagtes Grundstück funktioniert. „Es fehlten nur ein paar Quadratmeter Bürgersteig. Das ist aber der Grund, warum das Bauvorhaben bis 2016 formal nie abgeschlossen wurde.“

Vor einem Jahr hat die Beueler Bezirksvertretung der geänderten Straßenplanung am Heckelsbergplatz gemäß dem tatsächlichen Ausbau zugestimmt. Fehlte noch die Schlussvermessung und die Aktualisierung der städtischen Flächen im Grundbuch.

Auch erledigt. Jetzt kommt die Rechnung. Für Abteilungsleiter Hudec liegt mit Verweis auf das Baugesetzbuch keine Verjährung vor, weil die gesamte Maßnahme erst 2016 beendet wurde. Anlieger Werner Quadt sieht das anders. Er beruft sich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Danach müsse ein Eigentümer klar vorhersehen können, ob er für sein Grundstück noch kommunale Abgaben bezahlen muss. Eine solche Vorhersehbarkeit sei nicht mehr gegeben, wenn die Stadt mehr als 30 Jahre nach der für den Grundstückseigentümer deutlich erkennbaren vollständigen technischen Herstellung einer Straße Erschließungsbeiträge erhebt.

"Unglückliche Zufälle" schuld an der späten Abrechnung

Abgesehen davon, dass der Heckelsbergplatz deutlich in die Jahre gekommen ist, findet Quadt es lachhaft, dass die Anlieger nach fast 40 Jahren für die Erstbegrünung zur Kasse gebeten werden. Er ärgert sich, dass er den Verbindungsweg zwischen Neustraße und Bahnhofsvorplatz mit bezahlen soll, „obwohl dies ein öffentlicher Weg ist.“

Und es bleibt die Frage, warum es fast vier Jahrzehnte gedauert hat, bis die Verwaltung die Anliegerkosten für den Heckelsbergplatz abrechnet. Schließlich handelte es sich um ein Bauprojekt mit umlegbaren Kosten von rund 520 000 Euro – dem Gegenwert der damaligen D-Mark.

Hudec kann sich die Panne nur so erklären, dass mehrere „unglückliche Umstände zusammenkamen“. Was genau passiert ist, „kann man nach 30 Jahren nicht mehr ergründen“. Es entspricht keinesfalls der gängigen Verwaltungspraxis.“ Aber er könnte sich vorstellen, dass es in Bonn noch zwei bis drei weitere solcher Fälle gibt.

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