Interview mit Silvia Link Ärztin koordiniert die Arbeit des Beueler Hospizvereins

BEUEL · Sie unterstützen Menschen dabei, ihre letzte Lebensphase in der vertrauten Umgebung zu verbringen und in Würde gestalten zu können. 50 ehrenamtliche Mitarbeiter des Beueler Hospizvereins begleiten Schwerkranke und Sterbende und kümmern sich ebenfalls um die Hinterbliebenen. Silvia Link ist Ärztin und Koordinatorin des Vereins. Anke Vehmeier sprach mit ihr über Heilen und Helfen. Gespräch am Wochenende: Ärztin Silvia Link koordiniert die Arbeit des Beueler Hospizvereins

 Kümmert sich mit 50 Hospizhelfern um Kranke und ihre Angehörigen: Silvia Link aus Pützchen.

Kümmert sich mit 50 Hospizhelfern um Kranke und ihre Angehörigen: Silvia Link aus Pützchen.

Foto: Max Malsch

Sie sind Medizinerin und haben gelernt, alles zu tun, um zu heilen. Nun helfen Sie Leuten dabei, in Würde zu sterben. Wie passt das zusammen?
Silvia Link: In der Tat, ich bin am anderen Ende meiner gelernten Tätigkeit angelangt. Im Medizinstudium haben wir uns mit dem Sterben nicht befasst, erst vor einigen Jahren wurde die Palliativmedizin überhaupt zum Prüfungsfach. Ich habe schon früher als praktizierende Ärztin sterbende Menschen begleitet und versucht, ihnen beim Sterben zur Seite zu stehen. Denn der schlimmste Spruch der Ärzte ist doch der "Wir können leider nichts mehr für Sie tun". Das stimmt nicht, wir können etwas tun und uns der Menschen annehmen und auch die letzte Phase mit Leben füllen.

Wie sind Sie zum Hospizverein gekommen?
Link: Ich hatte eine Allgemeinmedizinische Praxis in Hangelar. Aber in unserem Gesundheitssystem konnte ich als Hausärztin nicht mehr so arbeiten, wie es mir wichtig war. So habe ich die Praxis im Jahr 2000 geschlossen. Ich wollte erst etwas mit Kindern machen. Aber dann lernte ich Pfarrerin Bettina Gummel kennen. Das war genau in der Gründungsphase des Beueler Hospizvereins. Sie hat mich überzeugt, von Anfang an mitzumachen.

Wie ging es dann weiter?
Link: Ich wurde Gründungsmitglied und habe später die Position der Koordinatorin von meiner Vorgängerin, die wirklich tolle Arbeit geleistet hatte, übernommen. Seit 2011 bin ich fest angestellt. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Vorstand, mit der Vorsitzenden Pfarrerin Gummel, die mich immer unterstützt, die klare Aufgabenverteilung, der Austausch mit dem Helferteam, all das sind Vorrausetzungen, die mich meine tägliche Arbeit so gerne machen lassen.

Was genau macht die Koordinatorin?
Link: Ich mache den Erstbesuch bei den Menschen, die sich an uns wenden und schaue, was sie brauchen, zum Beispiel an Pflege und Hilfsmitteln. Dann beschäftige ich mich mit dem Menschen, dessen Biografie und kümmere mich darum, wer von unseren 50 ausgebildeten Hospizhelfern zu ihm passt. Es ist ganz wichtig, dass die Chemie stimmt. Und dann bringe ich beide zusammen. Außerdem berate ich im Büro zu Themen wie Leistungen der Krankenkassen, Patientenverfügung oder der Problematik um die Ernährungssonde. Dabei geht es auch darum, Angehörigen den Rücken zu stärken.

Was gehört noch dazu?
Link: Ich halte Vorträge zur Hospizarbeit und zum Sterbeprozess. Denn wenn die Menschen verstehen, was medizinisch geschieht, haben sie weniger Angst, ihre Angehörigen beim Sterben zu begleiten. Außerdem koordiniere ich auch unsere Seniorenbetreuungsgruppe. Die trifft sich alle vier Wochen und kümmert sich um alte und einsame Menschen in Beuel.

Was bieten Sie zudem an?
Link: Neu ist das Trauercafé. Vier Mitglieder aus unserm Helferteam und ich haben eine Fortbildung in Trauerbegleitung gemacht. Wir bieten neben der Einzelbegleitung auch das Café an, in dem wir Hinterbliebenen die Möglichkeit geben, im geschützten Raum ihre Trauer zu äußern. Dabei gibt es keine Regeln, wir geben nicht vor, wie das geht, sondern möchten, dass die Besucher ins Gespräch miteinander kommen.

Warum ist dieses Angebot wichtig und richtig?
Link: Nach dem Verlust eines lieben Menschen fällt es den Hinterbliebenen oft sehr schwer, wieder in den Alltag zu finden. Aber die Gesellschaft erwartet, dass der Trauernde nach kurzer Zeit wieder "funktioniert". Gefühle wie Wut oder Verzweiflung werden im Allgemeinen nicht akzeptiert. Sechs Wochen Trauerzeit werden allgemein gebilligt, aber dann erwartet das Umfeld, dass sie abgeschlossen ist. Wir aber sagen, es ist völlig normal, wenn es länger dauert. Der Verstorbene soll nicht vergessen werden, sondern einen Platz im Leben der Hinterbliebenen behalten. Und das braucht Zeit und Raum - den wir im Trauercafé bieten.

Zur Person

Silvia Link wurde am 7. Februar 1953 in Bonn geboren. Sie ist mit einem Polizeibeamten verheiratet und hat einen 18-jährigen Sohn. Sie studierte Humanmedizin in Hannover, die Assistenzzeit verbrachte sie in Herford und Bonn. Von 1987 bis 2000 führte sie eine hausärztliche Praxis in Hangelar. Seit 2009 ist die Pützchenerin Koordinatorin des Beueler Hospizvereins.

Der Hospizverein

Der Hospizverein bietet ein regelmäßiges Trauercafé von 17 bis 19 Uhr im Gemeindehaus der Evangelischen Kirche Beuel-Mitte, Neustraße 4, an. Es wird von ausgebildeten Trauerbegleitern betreut. Die Teilnahme ist kostenfrei. Die nächsten Termine sind jeweils freitags, 16. August, 18. Oktober, 15. November und 20. Dezember.

Weitere Infos unter der Rufnummer 0228/ 4224344 und unter www.beueler-hospizverein.de.

Am Freitag, 27. September, gibt es eine Trauerandacht um 16 Uhr in der Versöhnungskirche Beuel, Neustraße 2.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort