Ärztliche Fortbildung zum Notarzt Ärzte lernen in Beuel das Wichtigste für den Noteinsatz

Beuel · Einmal im Jahr lernen Ärzte aus dem gesamten Rheinland bei der Feuerwehr in Beuel das Wichtigste für den Noteinsatz. Zum Höhepunkt der Übung gehören die realitätsnahen Übungen auf dem Gelände der Feuerwache.

 Szenen einer Übung: Die Teilnehmer müssen die Lage schnell und richtig erfassen und die Unfallopfer anhand der Schwere ihrer Verletzungen priorisieren. In manchen Situationen unterstützt die Feuerwehr mit ihrem Gerät. Alle Patienten sind realitätsnah geschminkt.

Szenen einer Übung: Die Teilnehmer müssen die Lage schnell und richtig erfassen und die Unfallopfer anhand der Schwere ihrer Verletzungen priorisieren. In manchen Situationen unterstützt die Feuerwehr mit ihrem Gerät. Alle Patienten sind realitätsnah geschminkt.

Foto: Susanne Wächter

Weißer Rauch steigt auf, Menschen schreien und stöhnen. Wenige Minuten später fahren vier Rettungs- und drei Feuerwehreinsatzwagen mit Blaulicht vor. Ein mehrstöckiges Wohnhaus brennt. Die Einsatzkräfte wissen nicht, was sie erwartet. Hinter einem Absperrband stehen knapp 50 "Schaulustige". Es sind nicht etwa Gaffer, sondern Ärzte, die an diesem Tag aus Fortbildungsgründen den Einsatz beobachten. Sie zücken ihre Smartphones und halten die Szenen per Videoaufzeichnung fest.

Mit dabei ist Andre Esper. Der Assistenzarzt für Innere Medizin aus Düsseldorf ist einer der Mediziner, die sich in Beuel für den Notdienst fortbilden. Der Reiz des Notdienstes liege darin, nicht zu wissen, was einen erwarte, das sei in der Klinik in der Regel anders. Auch die große Bandbreite, die ein Notarzt zu bewältigen hat, findet der junge Arzt spannend. "Unter den Verletzten können Kinder sein, ältere Menschen, einfach alle", sagt er dazu und schaut weiter zu.

Einmal im Jahr findet auf dem Gelände der Feuerwache 2 an der Maarstraße in Beuel die ärztliche Fortbildung zum Notarzt statt. Eine Woche liegt hinter den Assistenzärzten, die aus dem gesamten Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein nach Bonn gekommen sind. Die realitätsnahen Übungen gehören zum Höhepunkt der Fortbildung.

Derweil haben die Feuerwehreinsatzkräfte die Schläuche ausgerollt, die Drehleiter hochgefahren, und ihre Masken aufgesetzt, um im verqualmten Gebäude nach Verletzten zu suchen. Eine andere Gruppe baut die selbstaufblasende Sprunginsel auf und positioniert sie an der Hauswand. Jeder Handgriff sitzt. Die ersten Verletzten werden geborgen. Einige sind mit leichten Schürfwunden davon gekommen, andere haben Verbrennungen dritten Grades oder eine Rauchvergiftung. Es bricht keine Hektik aus, alles wirkt ruhig und routiniert. Trotzdem ist Einsatzleiter Andreas Bartsch nicht ganz zufrieden. Er pfeift, schnell rennt ein Notarztteam zum Haus, das in diesem Fall ein mehrstöckiger Turm auf dem Gelände der Feuerwache ist. "Die haben mir zulange gewartet, dass ihnen Verletzte zugewiesen werden, die müssen selbst aktiv werden", sagt er mit ruhiger Stimme.

Bartsch selbst hat viele Jahre im Notdienst gearbeitet. Mittlerweile pensioniert, ist er immer noch Mitglied im Team der leitenden Notärzte. Der Job biete ziemlich viele Herausforderungen. "Man ist völlig auf sich alleine gestellt und muss allein entscheiden, was zu tun ist", sagt er. Was im ersten Moment beängstigend klinge, biete unwahrscheinlich viel Lernpotenzial. Mittlerweile hat sich das Versorgungsareal gefüllt. Auf den Tragen liegen die Schwerverletzten. Einem Jungen sieht man nicht auf den ersten Blick an, welch gravierende Verletzung er von dem Hausbrand davon getragen hat. Er nestelt an seinem T-Shirt herum, darunter quellen ihm innere Organe heraus. Andere bluten an der Stirn und aus den Ohren - Verletzungen, die sehr lebensecht aussehen. Jens Döpper steht mit einem Fläschchen Kunstblut am Rand des Geschehens. Gemeinsam mit Schülern des Collegiums Josephinum ist er vor Ort, um die Opfer für ihren Einsatz herzurichten. Der Vater eines Schülers gehört zur ehrenamtlichen Sanitätsgruppe. "Die größte, die es an den Bonner Schulen gibt", sagt er nicht ohne Stolz.

In knapp 15 Minuten ist der Einsatz vorbei. Weitere Stationen sind derweil vorbereitet worden. Eine Gruppe schaut zu, wie vier verletzte Personen aus einem Ford Fiesta geborgen werden. Die Front ist komplett demoliert, die Windschutzscheibe gesprungen. Der Beifahrerin steckt eine dicke Scherbe in der Stirn, auch die hinteren Insassen haben Schnittwunden davongetragen. Die Sitze lassen sich nicht mehr nach vorne beugen. Die Feuerwehr beginnt mit einer elektrischen Schere, die Tür zu öffnen. Vorsichtig heben sie die verletzten Personen aus dem Fahrzeug.

Es sind nur zwei Beispiele von vielen Stationen, die die Ärzte an diesem Tag durchlaufen müssen. Die Fortbildung in Bonn ist Teil einer zweieinhalbjährigen Fortbildung zum Notarzt, für die sich vor allem junge Ärzte entscheiden.

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