Weihnachtsbaumschmücken Abwechslung im Flüchtlingsalltag

BEUEL · Die Polizeipräsidentin lädt Kinder aus den Notunterkünften zum Weihnachtsbaumschmücken ein: Eine vier Meter hohe Nordmanntanne in einem deutschen Polizeipräsidium mit Weihnachtsschmuck zu behängen - das dürfte für die achtjährige Sidra aus dem Irak, deren Heimatstadt Mossul von Terrorkriegern des sogenannten Islamischen Staates besetzt ist, eine ungewöhnliche Erfahrung gewesen sein.

 Flüchtlingskinder schmücken Tannenbaum im Bonner Polizeipräsidium: Behördenchefin Ursula Brohl-Sowa und Wachleiter Gerd Mainzer stimmen mit den Kindern "O Tannenbaum" an

Flüchtlingskinder schmücken Tannenbaum im Bonner Polizeipräsidium: Behördenchefin Ursula Brohl-Sowa und Wachleiter Gerd Mainzer stimmen mit den Kindern "O Tannenbaum" an

Foto: Axel Vogel

Ebenso für die anderen Flüchtlingskinder aus dem Irak und Afghanistan, die am Donnerstagmorgen gemeinsam mit Erstklässlern der Katholischen Grundschule Buschdorf den Weihnachtsbaum im Foyer des Bonner Polizeipräsidiums schmückten.

Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa hatte wie in den vergangenen Jahren zusammen mit Wachleiter Gerd Mainzer dazu eingeladen. Aber zum ersten Mal waren Flüchtlingskinder mit ihren Familien dabei. Insgesamt 55 Kinder und Jugendliche machten sich mit viel Spaß ans Schmücken.

"Sich kennenlernen und erste Kontakte knüpfen", das waren Aspekte, die Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa anlässlich der Aktion wichtig waren. Um den jungen Gästen das unmittelbare Erlebnis zu vermitteln, die Ordnungshüter aus nächster Nähe zu erleben, hatte beispielsweise Polizist Stefan Grün sein Einsatzmotorrad ins Foyer gefahren: Flüchtlingskindern konnten die Technik in Augenschein nehmen, die Maschine anfassen und Probe sitzen.

Ein Gruppenbild war ausdrücklich erwünscht. Klar, dass Polizist Grün dann auch Sidra und den anderen Kindern beim Schmücken des Weihnachtsbaums half, vor allem als es die Leiter hinaufging. Anschließend wurde nicht nur zusammen "Oh Tannenbaum" gesungen, sondern es gab auch noch Süßes.

Die Polizeipräsidentin hatte sichtlich Spaß an dem ungezwungenen Treiben im Foyer. Auf die Idee gekommen, auch Flüchtlingskinder einzuladen, war Brohl-Sowa bei einem Besuch der Flüchtlingsunterkünfte an der Deutschherrenstraße in Muffendorf und der ehemaligen Ermekeilkaserne in der Bonner Südstadt.

"Aus meiner Sicht war die Einladung eine gute Gelegenheit, den Flüchtlingskindern und ihren Familien ein wenig Weihnachtsstimmung mitzugeben." Zudem "können wir nicht früh genug damit anfangen, im bescheidenen Rahmen Berührungsängste abzubauen".

Ihrer Einladung gefolgt waren auch der Iraker Musushtaq Almailky mit seiner Frau sowie den beiden Kindern Anwar und Hussain, die in der Ermelkeilkaserne leben. Die Almailkys haben viel Schlimmes erlebt, seit sie sich am 31. August aus ihrer Heimatstadt Basra in Richtung Türkei auf den Weg nach Europa gemacht hatten.

Ihr Ziel: Deutschland. Rund zwei Wochen dauerte die teils lebensgefährliche Flucht, so schildert es Almailky "auf der seine Familie Todesängste ausstehen musste". Vor allem als Schleuser die vier auf die griechische Insel Samos übergesetzt hatten. Dort habe er sich mit seiner Frau und den beiden Kindern bei brütender Hitze zunächst allein auf einen achtstündigen Fußmarsch durch einsame Natur und über steile Anstiege in Richtung eines Ortes machen müssen.

Später stieß noch eine syrische Familie dazu, berichtet er. Doch rasch gerieten die auf sich allein gestellten Flüchtlinge laut Musushtaq Almailky in eine bedrohliche Lage: "Wir waren nahe am Verdursten." Vor lauter Verzweiflung habe man einen Brand gelegt, wodurch die Feuerwehr auf sie aufmerksam wurde. Mitte September erreichten die Almailky Deutschland und leben inzwischen in Bonn, wo sie hoffen, dass ihr Asylantrag positiv beschieden wird.

Die Schmückaktion im Polizeipräsidium fand die irakische Familie "vor allem für die Kinder großartig". Auch für die Eltern, so Vater Musushtaq Almailky"weil es eine willkommene Abwechslung von der Routine in der Flüchtlingsunterkunft ist."

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