Kommentar zum Erhalt des Vilicher Ledendorfs Gut gemeint, aber zu spät

Meinung · Das Bebauungsplanverfahren für das inklusive Wohnquartier auf dem ehemaligen Gelände des Ledenhofs steht kurz vor dem Abschluss. Dass sich erst jetzt Widerstand der Anwohner formiert, ist verwunderlich. Seit 2014 wurde über Abriss und Neubau auf vielen öffentlichen Veranstaltungen diskutiert. Die Baupläne wurden auf Wunsch der Bürger angepasst.

Dass sich in Vilich namhafte Protagonisten zusammenschließen, weil sie sich um Substanz und Bedeutung des historischen Ortskerns sorgen, ist verständlich. Immer mehr Bauvorhaben rücken Burg Lede, Haus Stroof und Stiftskirche besorgniserregend nah. Allen voran die Baumaßnahmen für die Verlängerung der Schnellbahnlinie 13 hinterlässt gerade rund um Vilich und Geislar hässliche Narben in der bislang so beschaulichen Landschaft.

Aber diesen nachvollziehbaren Frust jetzt durch die Forderung nach Verzicht auf das inklusive Wohnquartier auf dem ehemaligen Gelände des Ledenhofs abzureagieren, wirkt wie ein realitätsfremder, von Emotionen getriebener Vorstoß. Und das ist einfach zu belegen: Bereits 2014 hat der Landschaftsverband Rheinland das Areal an der Stiftsstraße an den Investor verkauft. Seitdem wurden Abriss und Neubau auf vielen öffentlichen Veranstaltungen diskutiert und Baupläne auf Wunsch der Bürger angepasst.

Das Bebauungsplanverfahren steht jetzt kurz vor dem Abschluss. Im März sollen Stadtrat und Bezirksvertretung Beuel die Planung und die Verträge mit dem Investor beschließen. Die kritischen Worte der Initiative fallen öffentlich viel zu spät und drohen, wirkungslos zu verpuffen. Die Petition an Oberbürgermeister und Stadtrat kommt drei Jahre zu spät.

Verklärte Wirklichkeit

Zudem treffen einige Argumente nicht zu. Das „Ledenhof-Dorf“ als lebendig bewohnte und dem Ortsbild angepasste Wohnsiedlung zu bezeichnen, verklärt die Wirklichkeit. Die in die Jahre gekommene, von der Nachbarschaft abgeschottete Siedlung, lässt eine Unterbringung von geistig behinderten Menschen nicht mehr zu. Integration von Benachteiligten sieht heutzutage in einer von Inklusion geprägten Gesellschaft anders aus.

Erinnert sei auch daran, dass sich Mitte der 1980er Jahre viele Vilicher gegen den Bau dieser Behinderteneinrichtung massiv gewehrt hatten. Dabei ging es ihnen damals nicht um Zerstörung der Landschaft, sondern um Angst vor den neuen Nachbarn. Will heißen: Veränderungen im Lebensumfeld stoßen seit je her auf Ablehnung. Aber im Fall des inklusiven Wohnquartiers ist die Ablehnung deplatziert. Bonn benötigt dringend zusätzlichen Wohnraum, und die Ledenhof-Klientel hat ein Anrecht auf modernes Wohnen mitten in der Gesellschaft.

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