Beueler Gewerbegebiet Drei Tischler auf engstem Raum

BEUEL · Nein, es riecht nicht schon von Weitem nach frisch gesägtem Holz. Anstatt rotierender Kreissägen hört man Stahlschere und Blechhammer: Die Broichstraße im Beueler Gewerbegebiet ist eher für die unzähligen Mietwerkstätten und Altautobetriebe bekannt als für traditionelles Tischlerhandwerk.

 Einen der drei Tischlerbetriebe führt Roland Gotthardt (r.), hier mit seinen beiden Gesellen Wenzel Radetzki und Fridolin Dold (v.).

Einen der drei Tischlerbetriebe führt Roland Gotthardt (r.), hier mit seinen beiden Gesellen Wenzel Radetzki und Fridolin Dold (v.).

Foto: Leif Kubik

Und das, obwohl auf der schmucklosen Straße gleich drei solcher Betriebe um die Gunst des Kunden buhlen. Wobei einem das Wörtchen „traditionell“ zumindest bei einem der drei Handwerksbetriebe nicht sofort in den Sinn kommen will: Wer die Werkstatt „T & R räumegestalten“ von Roland Gotthardt und seinem Kompagnon Tom Alfter betritt, stolpert schon am Eingang über modernes Möbeldesign.

„Wir haben uns auf Massivholz und die Kombination mit Materialien wie Stahl und Beton spezialisiert“, erläuterte der Tischlermeister, der auch noch ein abgeschlossenes Designstudium vorweisen kann am Tag des Tischlers. Okay, passt ja auch irgendwie in die Gegend. Doch die einzigen Stücke, die den „Shabby-Look“ der Gegend widerspiegeln, sind die Skater-Chairs, auf denen die Besucher Platz nehmen konnten.

Zum Aktionstag der Innung hatten die beiden Designtischler nämlich zu einem Tag der offenen Tür eingeladen und die Sitzmöbel, die aus einem Betonsockel und recycelten Skateboards bestehen, hatte das Tischler-Team direkt vor dem Eingang rund um eine Feuerstelle aufgestellt.

Seit drei Generationen in der Broichstraße

Das Gestalten, Fertigen und Restaurieren von hochwertigen Designmöbeln ist das Arbeitsfeld des Teams: Im Atelier werden die zahlreichen Besucher wie magisch von einem Gesellenstück, das Fridolin Dold gefertigt hat. Seine Kombination einer Bank und eines Stuhls könnte programmatisch für die Linie des Betriebs stehen. „Das ist aber leider nicht verkäuflich“, bedauert der Urheber. Bei entsprechender Nachfrage könnten sich die Designtischler aber durchaus eine Kleinserie vorstellen.

Jürgen Wilbertz ist so etwas wie der Platzhirsch der Broichstraße: Sein Familienbetrieb in der dritten Generation hat seit 70 Jahren seinen Sitz in Bonn, seit den 70er Jahren im Beueler Gewerbegebiet. „Früher waren die Nachbarn hauptsächlich Schausteller“, erinnert sich Werkstattleiter Hendrik Gessmann an die Zeit ohne die benachbarten Schrottplätze.

Wilbertz' Traditionsbetrieb realisiert mit modernsten Mitteln wie 3D-Raumplanung und CNC-Bearbeitung komplette Inneneinrichtungen: „Das reicht von Hoteleinrichtungen bis zur Einbauküche“, so der Chef. So habe man für das gerade eröffnete Marriott Hotel am WCCB die Möbel angefertigt. Fünf Mitarbeiter hat der Betrieb, den gerade mal eine Hausnummer von T & R trennt.

Einfache Arbeiten haben Seltenheitswert

Ebenfalls nur wenige Meter weiter, aber auf der anderen Straßenseite liegt der Betrieb von Marcus Wald: Am Tag des Tischlers hatten weder er noch Wilbertz teilgenommen und nachdem der Tischlermeister tags darauf die Werkstatt aufgeschlossen hat, macht er sich direkt daran, seinem neuen Azubi Tim Held zu zeigen, wie man die Zarge für einen elliptischen Konferenztisch beschichtet.

Keine ganz einfache Arbeit für einen Anfänger, aber der 20-jährige Auszubildende macht seinem Namen durchaus Ehre: „Einfache Arbeiten haben bei uns auch Seltenheitswert“, erläutert Wald: „Ich bin froh, dass ich erfahrene Mitarbeiter habe, was wir hier machen ist eben kein Standardprodukt.“

Der Konferenztisch ist Teil einer kompletten Büroeinrichtung, die Wald mit seinem Team für den Auftraggeber zuerst entworfen hat und nun Stück für Stück umsetzt. Von der Badausstattung bis zur kompletten Inneneinrichtungen reicht sein Angebot.

„Das Besondere an der Broichstraße ist auch das fantastische kollegiale Verhältnis untereinander“, meint Wald zum Beueler Standort: Obwohl sich das Angebot in wenigen Fällen auch schon mal überschneide, helfe man sich regelmäßig untereinander: „Wir greifen uns auch schon mal gegenseitig unter die Arme, wenn es die Auftragslage hergibt. Und das ist ein Gewinn für uns alle.“

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