Für die Freude am Ausdruck 15 Jahre JTB-Werkstatt in Beuel

Beuel · Die Schauspielschule des Jungen Theaters besteht seit 15 Jahren. Nicht alle werden später einmal Schauspieler, doch für die Organisatoren stehen andere Dinge im Vordergrund.

 Durch das Open Stage Door-Projekt „Alice“ kamen viele Kinder und Jugendliche erstmals mit dem Theater in Berührung.

Durch das Open Stage Door-Projekt „Alice“ kamen viele Kinder und Jugendliche erstmals mit dem Theater in Berührung.

Foto: Stefan Hermes

Sich in eine Figur hineindenken, sie mit allen ihren Sinnen verkörpern – eine neue und spannende Erfahrung für viele Kinder und Jugendliche. Etwa 1000 von ihnen erleben dies jedes Jahr in der Schauspielschule des Jungen Theaters Bonn (JTB), die auf nun inzwischen 15 Jahre ihres Bestehens zurückblicken kann.

Schon während der Grundkurse der JTB-Werkstatt, die einmal wöchentlich über ein Quartal stattfinden, haben die Teilnehmer die Möglichkeit ihre schauspielerischen Talente zu entdecken und dabei ihre Ausdrucksmöglichkeiten mit Stimme, Körper, Mimik und Gestik zu erlernen. Meist ist es die Freude am Spiel mit den Figuren, in die man hineinschlüpft oder auch das Zusammenspiel in der Gruppe, was die Kinder und Jugendlichen antreibt. Seltener der Wunsch, daraus eine berufliche Perspektive zu entwickeln.

Oft sind es auch die Eltern, denen bewusst ist, welchen Wert es haben kann, wenn die Kinder früh genug lernen, sich auf eine Bühne zu stellen, frei und artikuliert sprechen zu lernen und dabei ihre Ausdrucksmöglichkeiten zu beherrschen. Doch fernab von dem frühen Training für Studien- oder Berufserfolg, ist die Schauspielerei vor allem auch die faszinierende Beschäftigung mit Kunst und einer intensiven Auseinandersetzung mit Rolle und Text.

Seit 2002 betreibt das JTB seine Werkstatt, die nach eigenen Angaben bundesweit größte Schauspielschule für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. „Das Interesse von den Kindern an unseren großen Produktionen war schon immer riesig“, sagt Moritz Seibert, der ebenfalls seit fünfzehn Jahren Intendant des fast 50 Jahre bestehenden JTB ist. Auch er saß als Kind schon fasziniert vor der Bühne und erinnert sich noch heute daran, wie beeindruckend es für ihn war, Gleichaltrige im Scheinwerferlicht spielen zu sehen.

"Letzte Oase" in schnelllebigen Zeiten

Heute erzählt er von den Anfängen der Werkstatt, die daraus entstanden ist, dass sich immer zwischen 50 und 100 Kinder und Jugendliche zu den Castings für die großen Produktionen des Theaters gemeldet hatten, von denen jedoch nur etwa fünf bis sechs eine Rolle bekommen konnten. Dieses Zahlenverhältnis hat sich bis heute kaum verändert. Mit dem Unterschied zu früher, dass heute fast jeder einen Platz in der JTB-Werkstatt findet, in der er (oder sie) dem Wunsch auf der Bühne zu stehen nachkommen kann.

Dabei steht für das JTB nicht im Vordergrund, Schauspieler für die eigenen Produktionen zu rekrutieren, sondern den Bedarf für die Kinder und Jugendlichen zu decken, die Freude am Zusammenspiel auf der Bühne haben. Denn für die Eigenproduktionen stehen neben den zehn professionellen Schauspielern des festen Ensembles immer auch neu gecastete junge Talente auf der Bühne, die nicht unbedingt aus der JTB-Werkstatt kommen müssen.

„Auch wenn das den meisten Kindern und Jugendlichen vielleicht gar nicht bewusst ist“, sagt Seibert, „hat die zunehmende Digitalisierung und Allverfügbarkeit auch zu einer höheren Faszination des Theaterspielens und -schauens geführt.“ Das Theater sei eine der „letzten Oasen“, auf die man sich einlassen kann und auf die man sich konzentrieren müsse, resümiert der Intendant und Regisseur.

„Das Angebot, sich zu konzentrieren und auf ein Thema einzulassen, zwei oder drei Stunden mit denselben Menschen in einem Raum zu sein und nicht gleichzeitig mit zwanzig Menschen zu kommunizieren, die auf alle Enden der Welt oder der Stadt verteilt sind, nehmen die Kinder gerne an“, sagt Seibert und weiß, dass seine Beobachtung keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit hat, „aber erfreulich ist es allemal.“

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