Gespräch am Wochenende „Wir haben Adelheid ins Jetzt geholt“

In den zurückliegenden 365 Tagen gab es mehr als 100 Veranstaltungen, die sich alle um eine Frau gedreht haben: Adelheid, Stadtpatronin von Bonn. Anlass war ihr 1000. Todestag, und deshalb stand die Gesamtschau über ihr Lebenswerk auch unter dem Titel „1000 Jahre Adelheid. Die Frau. Die Heilige“.

 GAW Dörr und Gläser

GAW Dörr und Gläser

Foto: Max Malsch

Der Zyklus endete am Freitag. Neben vielen ehrenamtlichen Akteuren gibt es zwei Personen, die das Drehbuch für die teilweise außergewöhnlichen Inszenierungen geschrieben haben: die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Petra Gläser und Vilichs Pfarrer Michael Dörr. Die beiden sprachen mit Holger Willcke über die Organisation, den Verlauf und die Resonanz auf das Gedenkjahr.

Erinnern Sie sich noch an die Auftaktveranstaltung?
Michael Dörr: Sehr gut sogar. Am 30. Januar 2015 läuteten um 18 Uhr alle Kirchenglocken im Stadtgebiet zu Ehren der Heiligen Adelheid. In der Vilicher Stiftskirche feierten wir die Eröffnung des Festjahres mit einem Abendgebet. Stadtdechant Monsignore Wilfried Schumacher und ich haben Kerzen an Vertreter aller katholischen Gemeinden Bonns verteilt – 52 Stück.

Welche drei Veranstaltungen waren Ihrer Meinung nach die Höhepunkte im Festkalender?
Petra Gläser: Das ist schwierig, weil jedes Angebot seinen ganz individuellen Reiz hatte. Aber ich glaube sagen zu können, dass der mittelalterliche Adelheidismarkt auf Burg Lede aus Sicht der Besucher den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen hat. Aber auch die Wallfahrt nach Vilich, an der mehr als 500 Kinder aller katholischen Kindertagesstätten im Stadtdekanat Bonn teilgenommen haben, war eine sinnstiftende und unterhaltsame Aktion wie auch die Adelheid-Ausstellungen und die Installation „Nachfolgerinnen“ von Marianne Pitzen vom Frauenmuseum.

Dörr: Für mich war das Pontifikalamt mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in der Stiftskirche Sankt Peter sehr inspirierend. Es hat dem Miteinander in der Gemeinde einen großen positiven Anschub verliehen.

Und mitten im Pontifikalamt klingelte ein Handy unaufhörlich. Was dachten Sie in dem Moment?
Dörr: Zuerst war ich ein wenig irritiert und musste innerlich schmunzeln, dass dies passiert ist. Ich finde es eher „gut“, wenn so etwas passiert, denn es löst die Stimmung, die der Kardinal auch gut in seiner Predigt aufgegriffen hat. Der Kardinal sagte ja dann zur versammelten Gemeinde, dass die Heilige Adelheid heutzutage sicherlich auch ein Handy hätte.

Wie viel Vorlaufzeit haben Sie sich für die Planung des Festjahres gegönnt?
Dörr: Dahinter stecken drei Jahre intensiver Vorarbeit. Sechs Personen haben die Fäden in der Hand gehabt. Unterhalb dieser Steuerungsgruppe waren 40 Gruppierungen aktiv an der Vorbereitung beteiligt. Für uns als Laien-Veranstalter war das Projekt eine riesige Herausforderung.

Gläser: Mit der Planung des Adelheidismarkts waren alleine 17 Personen befasst, in der Organisation mit an verantwortlicher Stelle Claus Werner Müller vom Schiffer-Verein Beuel. Wir mussten alles in doppelter Ausführung vorbereiten: Für gutes und für schlechtes Wetter. Wenn man es einfach ausdrücken will, könnte man sagen, dass ein ganzes Dorf ein Jahr lang in Sachen Adelheid auf den Beinen war.

Was bleibt als Erinnerung?
Dörr: Zum einen die für jedermann sichtbare neue Adelheidisskulptur auf der Wiese vor dem Hochchor der Vilicher Kirche, zum anderen die vielen Kontakte, die während des Festjahres zwischen Menschen und Gruppierungen geknüpft worden sind.

Gläser: Indirekt hat die heilige Adelheid ein Netzwerk geschaffen, von dem immer noch eine große Dynamik ausgeht. Wir haben die Stadtpatronin für ein Jahr lang ins Jetzt geholt. Den Menschen ist bewusst geworden, was für eine tolle Persönlichkeit Adelheid gewesen ist. Sie war „Klostermutter“ und Managerin zugleich.

Um welches Problem würde sich Adelheid heute kümmern?
Dörr: Sicherlich um die Flüchtlinge. Sie hat den Menschen damals in der Dürre geholfen, heute würde sie wieder für Verpflegung und Unterkunft sorgen. Für andere Menschen da zu sein, das war ihre Stärke. Und deshalb hat Papst Paul VI. vor 50 Jahren die 1000-jährige Verehrung Adelheids als Heilige bestätigt.

Mit was beschäftigen Sie sich nun?
Gläser: Wir verschnaufen eine Zeit lang und lassen die Ereignisse auf uns wirken. Als nächstes werden wir uns als Pfarrgemeinderat des Themas Schöpfung annehmen.

Dörr: So ein großes Projekt wird es so schnell nicht wieder geben. Aber es gibt genug Aufgabenfelder für uns. Ich denke da vor allem an die Integration der Flüchtlinge.

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