Kabarett trifft Kirche Zweite Glaubenswoche mit bekannten Wortkünstlern

FRIESDORF · Siegfried Eckert steckt mitten in der Organisation seiner zweiten kabarettistischen Glaubenswoche in der evangelischen Pauluskirche. Sieben Abende im Oktober wollen mit der ersten Garde deutscher Wortkünstler bestückt werden.

 Pfarrer Siegfried Eckert (links) mit Kabarettist Jürgen Becker.

Pfarrer Siegfried Eckert (links) mit Kabarettist Jürgen Becker.

Foto: Heinrich Buttler

Wo stehen Sie mit Ihrer Glaubenswoche?
Siegfried Eckert: Die Verträge mit allen Akteuren sind geschlossen. Jetzt startet der Verkauf von Karten. Fragen der Technik und des Aufbaus sind noch zu regeln.

Wie kann man sich den Apparat hinter einer solchen Woche vorstellen?
Eckert: Apparat ist das falsche Wort, weil es hier um Menschen geht. Es sind viele gutwillige Geister, die Freude haben, in ihrer Freizeit solch ein Projekt zu unterstützen. Ohne ehrenamtliches Engagement ginge das gar nicht. Manch einer nimmt sogar Urlaub dafür.

Wie trägt sich so ein Event finanziell?
Eckert: Das Risiko ist überschaubar. Wir müssen viel Technik anmieten, das kostet Geld, dafür können wir Raum- und Personalkosten gering halten. Und die Künstler sind mit ihren Gagen zufrieden. Über die Jahre hat diese Art der Kulturarbeit der Evangelischen Thomasstiftung Bad Godesberg ordentliche Erlöse eingespielt. Bisher trägt sich also alles sehr gut.

Was hat Kabarett mit Glauben zu tun?
Eckert: Darf ich zurückfragen: Warum sollte Kabarett nichts mit Glauben zu tun haben? "Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden," sagt der Apostel Paulus. Wir feiern Taufen und Beerdigungen in der Kirche. Unser Glaube umfängt alle Höhen und Tiefen des Lebens. Warum sollte das Kabarett draußen vor der Kirchentür bleiben? Humor erreicht uns auf emotionalen Kanälen. Wir Protestanten sind ansonsten eher kopflastige Wesen.

Wie hält Kirche die Späße des Kabaretts aus?
Eckert: Na ja, unsere Künstler haben sich nicht die Kirche als erste Zielscheibe ihres Spottes ausgesucht. Manche Streifschüsse bekommen wir schon ab. Wir wären jedoch ein kleingläubiger Haufen, wenn wir mit kabarettistischer Kritik nicht umzugehen wüssten. Die Kränkung religiöser Gefühle, blasphemische Äußerungen sind etwas anderes. Doch selbst hier tut manche Aufklärung Not. Ich glaube, wenn Gott keinen Humor hätte, hätte er den Menschen gar nicht erschaffen.

Sie öffnen Ihr Gotteshaus. Verschrecken Sie nicht die "normalen" Besucher?
Eckert: Nein. Wir machen ja auch nicht zu Gottesdienstzeiten Kabarett. Das normale Gemeindeprogramm läuft weiter. Viele freuen sich über solche Versuche, fröhlich Kirche zu sein. Beim Gottesdienst zur Glaubenswoche 2012 war die Kirche überfüllt. Diesmal dürfen wir uns auf Norbert Alich als Kanzelredner freuen. Als die Jünger von der Auferstehung ihres Herrn hörten, herrschte Furcht und Zittern unter ihnen. Der Glaube selbst hat verschreckende, provozierende Seiten.

Morgens eine Beerdigung, abends Spaß am Altar - wie verarbeiten Sie das?
Eckert: Gerade deshalb ist für mich der Pfarrberuf der schönste Beruf der Welt. Wo bist du näher an den wesentlichen Fragen des Menschseins dran? Jede Beerdigung ist mir ein großes Anliegen. Aber ebenso liebe ich es, unsere Kirchentüren und -fenster weit auf zu machen. Ich schaffe es nicht immer, an die Hecken und Zäune zu gehen. Dann ist es schon was, Menschen aus unterschiedlichsten Milieus zu uns in die Kirche einzuladen.

Sind Ihre Kabarettisten so "fromm", dass sie ohne Bedingungen in Ihre Kirche kommen?
Eckert: Seit 20 Jahren lade ich in der Kirche zu Kunst und Kultur ein, ohne meinen Künstlern Vorschriften zu machen. Wie in anderen Bereichen auch setze ich auf Eigenverantwortlichkeit und Fingerspitzengefühl. Da geht mancher schon mal bis an die Grenze oder darüber hinaus. Unterm Strich ist immer noch alles gut gegangen. Mich erstaunt vielmehr, wie oft sich Künstler berührt zeigen, wenn sie im Resonanzraum unserer Kirche auftreten.

Das Programm

So. 19. Oktober: Dr. Eckart von Hirschhausen: Humor hilft heilen

Mo. 20. Oktober: Willibert Pauels: "Himmel und Äd"

Di. 21. Oktober: Jürgen Becker: Der Künstler ist wieder anwesend

Mi. 22. Oktober: Vince Ebert: Evolution

Do. 23.Oktober: Wilfried Schmick-ler: Ich weiß es doch auch nicht

Fr. 24. Oktober: Norbert Alich: Franz und Frankie

Sa. 25. Oktober: Pink-Punk-Pantheon-Ensemble goes Paulus

Ort: Pauluskirche, In der Maar 7, Beginn jeweils 20 Uhr.

Karten: je 24 Euro plus Gebühr, Vorverkauf in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

Zur Person

Siegfried Eckert wurde 1963 in München geboren, studierte Evangelische Theologie in Bonn und Tübingen, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er war Gemeindepfarrer in Essen, wechselte 2005 an die Godesberger Pauluskirche. Er ist Synodalbeauftragter für den Kirchentag, evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Bonn, Landessynodaler der Evangelischen Kirche im Rheinland und Buchautor.

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