Interview mit Pfarrerin Kathrin Müller Geistliche haben in Wachtberg sonntags Doppeldienst

Wachtberg · Die Pfarrerin Kathrin Müller ist seit dem Jahr 2014 für Pech, Villip, Villiprott und Holzem zuständig. Im Interview spricht sie über Aufbrüche, Austritte und die Ökumene.

 Kathrin Müller ist seit dem Jahr 2014 für Pech, Villip, Villiprott und Holzem zuständig.

Kathrin Müller ist seit dem Jahr 2014 für Pech, Villip, Villiprott und Holzem zuständig.

Foto: Axel Vogel

Die evangelische Kirchengemeinde Wachtberg wurde 1996 neu gegründet. Mit Blick in die Zukunft ist sie aber wieder auf der Suche nach stärkeren Kooperationen. Sie muss den Balanceakt schaffen, die Gläubigen zu mehreren Stützpunkten zwischen Niederbachem und Werthhoven mobil zu halten. Mit Pfarrerin Kathrin Müller, der Vorsitzenden des Gemeindepresbyteriums, sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

Was ist das Besondere an Ihrer Kirchengemeinde?

Kathrin Müller: Wir sind eine ländliche Gemeinde, verteilt auf zwölf Dörfer. Zu unseren drei Gottesdienststätten sind einige Wege zurückzulegen. Wir Pfarrer haben also sonntags in der Regel Doppeldienste. Und müssen immer überlegen: An welchem Ort biete ich was am besten an? Ich bin deshalb froh, dass wir jetzt die neue Buslinie 881 haben, die endlich unsere beiden Täler verbindet.

Sie meinen die Kleinbuslinie zwischen Pech, Villip, Berkum und Züllighoven?

Müller: Genau. Über viele Jahre gab es da keine direkte Busverbindung. Das machte es gerade für Jugendliche schwer, zwischen den Dörfern zu wechseln und unsere Angebote wahrzunehmen. Hoffentlich bleibt uns diese Linie erhalten.

Wie ist die Mitgliederentwicklung in Ihrer Gemeinde?

Müller: Die Zahlen sind bei gut 4 000 Mitgliedern einigermaßen konstant. Was sicher mit dem Zuzug in den Neubaugebieten zu tun hat.

Sie haben aber auch Austritte, oder?

Müller: Ja, es gibt immer wieder Austritte, die uns das Amtsgericht mitteilt. Es kommt leider keiner, der vorher mit uns noch einmal das Gespräch sucht. Umso erfreulicher ist es dann, wenn Menschen bewusst in die Gemeinde eintreten oder wieder eintreten. Ich habe inzwischen die zweite Erwachsenentaufe vollziehen können, bei denen Menschen sagen: Ich war so lange auf der Suche, jetzt möchte ich getauft werden.

War 2019 das Wichtigste in Ihrer Gemeinde?

Müller: Das Jahr hat geprägt, dass unsere Gemeindepädagogin Heidrun Würtz in den Ruhestand gegangen ist. In ihren 40 Jahren in dieser Gemeinde hat sie so viele Menschen begleitet. Das war ein einschneidender Abschied.

Wer kommt nach Heidrun Würtz?

Müller: Wir werden sie nicht voll ersetzen können, aber die Stelle hoffentlich zu 50 Prozent wiederbesetzen.

Wo laufen momentan Aufbrüche in Ihrer Gemeinde?

Müller: Wir haben zum Beispiel erfolgreich einen Gottesdienst an einem ganz anderen Ort gefeiert. Wir waren im Bürgertreff in Werthhoven eingeladen. Auch die behinderten Bewohner des Jakobus-Hauses feierten mit. Das werden wir im März 2020 fortsetzen. Es kommt sehr gut an, dass wir zu den Menschen in den Ort gehen. Das macht richtig Freude.

Und was sehen Sie als Probleme für Ihre Gemeinde?

Müller: Die sehe ich darin, wie wir die Gemeinde mobil halten oder bekommen, wie wir sie motivieren, von einem Dorf ins andere zu fahren. In Zukunft kann nicht alles überall angeboten werden. Wir sind also gezwungen, neue Wege zu gehen. Bei der Zukunftswerkstatt auf unserer Gemeindeversammlung war der am meisten geäußerte Wunsch jedoch: Das, was ist, soll bleiben. Was in einer Gesellschaft, in der sich so viel verändert und so viel abbricht, natürlich verständlich ist. Es ist also eine Gratwanderung, auf der Kirchengemeinden sich heute befinden.

Wie sieht es mit der Ökumene in Wachtberg aus?

Müller: Wir haben eine langjährige gute ökumenische Zusammenarbeit. Seit über 30 Jahren ist der Wachtberger ökumenische Arbeitskreis aktiv. Dazu kommen der gemeinsame Ausschuss unseres Presbyteriums mit dem katholischen Pfarrgemeinderat sowie gemeinsame Dienstgespräche der Pfarrer. Bei der Katholischen Kirche sind nun neue Akteure hinzugekommen, mit denen wir die gute Zusammenarbeit fortsetzen wollen. Ich selbst stamme übrigens aus einem konfessionsverbindenden Elternhaus. Ich habe Ökumene schon immer gelebt.

Gibt es Kontakte Ihrer Gemeinde zu Wachtberger Muslimen?

Müller: Ja, indirekt über den ökumenischen Arbeitskreis, der sich vor vielen Jahren um Spätaussiedler kümmerte und jetzt um die aktuellen Flüchtlinge. Evangelische und katholische Gemeindemitglieder bringen hier viele Kompetenzen ein.

Wie wird die Wachtberger Kirchengemeinde der Zukunft aussehen?

Müller: Wir werden auf Dauer sicher nur noch eine Pfarrstelle haben können und uns um stärkere Kooperationen mit den Nachbargemeinden bemühen. Zu fragen ist, ob wir uns nach Bad Godesberg orientieren. Denn wir sind ja „ein Kind“ der dortigen Heiland-Kirchengemeinde und haben mit ihr eine gemeinsame Kirchenmusik. Und Wachtberger Kinder gehen zum großen Teil auch in weiterführende Godesberger Schulen. Allerdings gehören wir zum Rhein-Sieg-Kreis. Ein möglicher Kooperationspartner könnte also auch die Kirchengemeinde Meckenheim sein.

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