Pädagogen zeigen sich besorgt So gehen Bonner Förderschulen mit der Krise um

Bonn · Bonner Förderschulen begegnen dem Unterrichtsausfall mit Homeschooling. Die Leiterin der Christophorusschule in Tannenbusch ist besorgt, weil viele Kinder auf ihre Therapie verzichten müssen.

 Home-Schooling für die Siebengebirgsschule im Godesheim.

Home-Schooling für die Siebengebirgsschule im Godesheim.

Foto: Godesheim

Digitales Homeschooling für Förderschüler? In der Kooperation der Siebengebirgsschule und der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim klappe das seit Ausbruch der Corona-Krise gut, erklärt Berit Schmeling vom Godesheim. Seit Jahren profitierten die Schüler vom Einsatz digitaler Medien im Rahmen des Projekts „Partnerschaft für Erziehung und Bildung“. Sie lernten über individuell auf sie zugeschnittene Plattformen. Das komme ihnen jetzt in den eigenen vier Wänden zugute.

In den vergangenen Wochen hätten Schüler zudem Lerninhalte in den Medienräumen des Godesheims erarbeitet. An den Laptops sei ausreichend Platz, um den Sicherheitsabstand einzuhalten, so Schmeling. Unterstützt werden die Jugendlichen dabei auch von Mitarbeitern des Trägers „stadtgrenzenlos“ der Axenfeld-Gesellschaft.

Aber kann in Zeiten von Corona der Unterricht auch in Förderschulen wieder beginnen? Das Thema läuft bisher im Windschatten auch der Bonner Schulöffnungsdiskussion. „Unsere Kinder und Jugendlichen werden teilweise einfach vergessen“, klagt Susanne Gräfin Lambsdorff, Leiterin der Christophorusschule in Tannenbusch. Ihre Schüler seien zum größten Teil unglücklich mit der Situation. „Die Eltern sind teilweise am Rande ihrer Belastungsgrenze, machen sich große Sorgen um die Zukunft und wünschen sich Unterstützung zu Hause, die wir nicht leisten dürfen.“

Die besondere Problematik der Förderschulen sei in der Politik erst spät aufgegriffen worden, pflichtet ihr Achim Scherer, Leiter der Johannes-Schule, bei. Die Maßnahmen seien sehr einseitig auf „Abschlussschüler“ ausgerichtet. „Unsere Schülerschaft und ihre Familien haben ganz andere Probleme.“

Inzwischen bewegt sich an den Bonner Förderschulen etwas. Das Schulamt antwortet auf Anfrage, man wisse, dass die Eltern froh sind, sobald auch wieder Präsenzunterricht stattfindet. Aber „natürlich gibt es Bedenken aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und vor einer möglichen Ansteckungsgefahr“.

■ Siebengebirgsschule: An der Godesberger Schule mit Förderschwerpunkten Lernen, emotionale-soziale Entwicklung und Sprache rollieren wieder sämtliche Klassen in einem festen Verfahren. Alle 292 Schüler erhalten einmal die Woche Unterricht, Abschlussschüler kommen täglich. Schulleiter Achim Bäumer sorgt dafür, dass durch geteilte Klassen der Mindestabstand zwischen den Schülern gewahrt bleibt. Eine Vielzahl von Regeln zu Pausen und Toilettengängen, Wegepläne sowie der Mund-Nasen-Schutz ermöglichten eine „sichere“ Schule, so das Schulamt.

■ Christophorusschule: In der Schule des Landschaftsverbandes Rheinland mit Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung mit normalerweise 230 Schülern sind momentan 14 in der Notbetreuung, so Lambsdorff. „Die Gruppe wächst langsam, aber stetig.“ Sechs Schüler werden auf ihren Hauptschulabschluss vorbereitet. Man habe keine Information, wann wieder vor Ort unterrichtet werden könne. „Wir sind sehr besorgt“, sagt Lambsdorff. Man dürfe keine individuellen Schulbegleitungen zu Hause einsetzen oder per Hausbesuch oder ambulant in der Schule Therapien anbieten. „Das ist für einen nicht unerheblichen Teil unserer Schüler fatal, da sie Kontrakturen entwickeln, die kaum reversibel sind.“

■ Johannes-Schule Bonn: Die freie Waldorfschule mit den Förderschwerpunkten geistige und körperlich motorische Entwicklung hat im Regelbetrieb 132 Schüler. Momentan werden 15 Schüler notbetreut. Jugendliche vor dem Hauptschulabschluss werden per Homeschooling und einem Präsenztag gefördert, so Schulleiter Achim Scherer. „Es gibt zum Teil große Not in den Familien, sodass wir die Notbetreuung von Beginn an ausgeweitet haben.“

■ Derletalschule: Die Duisdorfer Förderschule mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung unterhält eine Notbetreuung. Sie wird laut Angaben des Schulamts von acht der 80 Schüler genutzt. Seit dem 11. Mai werden alle Schüler „rollierend beschult“.

■ Astrid-Lindgren-Schule: 160 Kinder sind Schüler der Duisdorfer Förderschule mit Förderschwerpunkt Sprache. 34 Kinder einer Stufe erhalten rollierend Präsenzunterricht. Bis zu zwölf Kinder befinden sich laut Schulamt in drei Notbetreuungsgruppen. Hürden seien „die unterschiedlichen häuslichen technischen Voraussetzungen für die digitale Kontaktpflege“.

■ Rheinschule: Die Förderschule mit den Förderschwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung, Sprache und Lernen besuchen normalerweise 265 Schüler, 120 davon in Beuel, 145 in Endenich. Neun Schüler nutzen die Notbetreuung. Seit dem 20. April erhalten die Abschlussschüler gezielte Prüfungsvorbereitungen. Ab letzter Woche haben auch alle anderen Schüler mindestens an einem Tag pro Woche Unterricht, so das Schulamt.

■ Königin-Juliana-Schule: Die Duisdorfer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat 182 Schüler. Es findet laut Schulamt kein Unterricht statt. Sieben Schüler nutzen die Notbetreuung.

■ Paul-Martini-Schule: Die Schule für Kranke der Stadt Bonn unterrichtet hundert stationäre Patienten der Unikliniken und der LVR-Klinik Bonn. Zurzeit werden laut Kölner Bezirksregierung 70 von ihnen „rollierend beschult“: anfangs aus dem Homeoffice durch Arbeitspläne, Lernordner, Telefonate und online sowie per Präsenzunterricht für Abschlusschüler. Seit dem 7. Mai dürfen zusätzlich die Schüler der Klasse 4 und seit dem 9. Mai tageweise rollierend die Klassen 1 bis 3, 5 bis 13 sowie die Schüler des Berufskollegs zurück in die Einrichtung kommen.

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