Simulationsspiel zum Klimawandel Spielend die Welt verändern

SCHWEINHEIM · Der Godesberger Otto Ulrich hat ein Simulationsspiel zum Klimawandel entwickelt. Otto Ulrich ist kaum zu bremsen. Wenn es um das von ihm entwickelte Spiel "Cooling down" geht, um den Klimawandel oder ganz allgemein, um all das, was falsch läuft in der Welt, redet der 72-Jährige sich in Rage.

 Otto Ulrich will mit seinem Spiel "Cooling down" Klima-Bewusstsein schaffen.

Otto Ulrich will mit seinem Spiel "Cooling down" Klima-Bewusstsein schaffen.

Foto: Ronald Friese

Wobei es nicht die Rage eines Löwen ist, die aus ihm spricht, eher der sprudelnde Eifer eines aufgescheuchten Rehbocks. 2009 ist sein Simulationsspiel "Cooling down" erschienen, das vor allem an Schulen und Universitäten für das Thema Klimaschutz sensibilisieren soll.

Die sechs Weltregionen sitzen wie bei den echten Weltklimakonferenzen an einem Tisch. Die Aufgabe: Bis zum Jahr 2050 sollen die weltweiten CO2-Emissionen um 50 Prozent reduziert werden. "Die Teilnehmer merken sehr schnell, dass das nur über Kooperation und Kommunikation funktioniert", sagt Ulrich.

Auch deshalb habe er sich entschieden, ein Brett- und kein Computerspiel zu entwickeln. "Wenn sich Menschen gegenübersitzen kommen sie auf ganz andere Weise miteinander ins Gespräch, auch auf einer nonverbalen Ebene."

Bereits in seiner 1979 erschienenen Doktorarbeit hat sich Ulrich mit dem Thema Reduktion von Emissionen beschäftig. Sein Wissen hat sich der Ingenieur und Sozialwissenschaftler unter anderem als jahrelanger Regierungsbeamter im Bundeskanzleramt angeeignet, wo er sich mit internationalen Energiefragen beschäftigte.

Für das Kanzleramt entwickelte er auch regierungsinterne Simulationsspiele zur inneren Sicherheit. Mehr als anderthalb Jahre hat er nach seiner Pensionierung an "Cooling down" gearbeitet. Als sie von der Idee hörten, hätten einige ihm auf die Schulter geklopft, nicht wenige hätten ihm einen Vogel zeigt. Fördergelder gab es keine. Unterstützt wurde er von Peter Hennicke, dem damalige Präsidenten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.

Alles ist durchdacht: Nicht nur, dass Ulrich akribisch wissenschaftliche Ergebnisse zusammengetragen hat und tief in die Daten, Prognosen und Szenarien eingestiegen ist - so einigen sich beispielsweise auf einer der Spielkarten die USA und China auf Klimaziele, wie es gerade erst tatsächlich geschehen.

Das Spiel wird auch klimaneural gedruckt und in einer Werkstatt für behinderte Menschen zusammengebaut. Die Stoffbeutel, in denen Würfel und Karten aufbewahrt werden können, stammen aus fairer indischer Produktion.

Ulrich sitzt in seinem gemütlichen Schweinheimer Wohnzimmer, auf dem runden Tisch ausgebreitet das Spiel und allerlei Infomaterialien. Es gibt Tee. Auf einem Beistelltisch neben der Sofalehne liegt das Buch "This Changes Everything" der kanadischen Globalisierungs- und Kapitalismuskritikerin Noami Klein.

Alle Bemühungen um den Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung hätten bislang kaum Früchte getragen, sagt Ulrich. Er glaubt, dass der Ansatz für Veränderung ein viel umfassenderer sein muss. Dafür braucht es seiner Meinung nach eine Wirtschaft, die wie der Wissenschaftler Günter Faltin auf kreative Köpfe und Ideen statt auf Kapital setzt, und wie die Bewegung des "Social Business" nicht nur wirtschaftlich arbeiten, sondern zugleich soziale und gesellschaftliche Probleme lösen will.

"Die Grundlage dafür, dass überhaupt etwas erreicht werden kann, ist es, Bewusstsein zu schaffen", sagt Ulrich. Das könne sein Spiel viel eindrücklicher leisten, als jede reine Faktenvermittlung und jeder Frontalunterricht. Dass so spielend die Welt verändert werden kann, davon ist Ulrich überzeugt. Weitere Infos zum Spiel unter www.cooling-down.de

Bonner Klimahelden

In dieser Serie stellen wir Menschen in Bonn vor, die sich auf ganz unterschiedliche Weise - im Beruf, im Verein oder der Familie - für den Klimaschutz einsetzen. Kennen auch Sie Klimahelden? Schreiben Sie per E-Mail an bonn@ga.de.

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