Kontrolle am Bad Godesberger Bahnhof So prüft die Deutsche Bahn Baumbestände an Zugstrecken

Bad Godesberg · Ein Baumexperte der Deutschen Bahn untersucht regelmäßig den Bestand rund um den Godesberger Bahnhof. „Einer meiner liebsten Aufgaben, denn das ist der Bahnhof mit den meisten Platanen in NRW,“ sagt er selbst.

 Von der Hubarbeitsbühne aus befestigt Gabriel Popescu das neue Spannseil in der Baumkrone der Platane.

Von der Hubarbeitsbühne aus befestigt Gabriel Popescu das neue Spannseil in der Baumkrone der Platane.

Foto: Benjamin Westhoff

Wenn Dieter Krüsmann für seinen Job unterwegs ist, schaut er selten geradeaus. Meist legt er den Kopf in den Nacken und sein Blick geht nach oben. Der Wuppertaler untersucht für die Deutsche Bahn im Bereich Köln-Bonn, Düsseldorf-Aachen und Münster den Zustand von Bäumen und Pflanzen rund um die Bahnhöfe. Am Dienstag war Bad Godesberg an der Reihe.

„Einer meiner liebsten Aufgaben, denn das ist der Bahnhof mit den meisten Platanen in NRW“, sagt der Wuppertaler. 35 sind es, alle zwischen 25 und 27 Meter hoch und um die 90 Jahre alt. Leider jedoch macht den stolzen Baumriesen der Pilz Massaria (siehe Artikel Baumpilz) arg zu schaffen. Als Folge wirft die Platane ihre befallenen Äste komplett ab. Ungut, wenn dann Mensch, Tier oder Autos getroffen werden. „Deshalb schaue ich in Bad Godesberg auch immer zwischendurch mal wieder vorbei“, erzählt Krüsmann.

Bei der letzten Sichtkontrolle fielen dem Garten- und Landschaftsbauexperten, der für die Deutsche Bahn Services GmbH arbeitet, Veränderungen in den Baumkronen auf. „Wir hatten schon vor mehr als zehn Jahren in zwei Platanen spezielle Bänder montiert, um die Kronen zu sichern“, so der Baumkontrolleur. Diese Bänder halten einem Zug von bis zu acht Tonnen stand; in der Mitte wird eine Art Schlaufe gezogen, um vom Boden aus beurteilen zu können, wie das Astwerk arbeitet. „Eine Schleife war quasi nicht mehr vorhanden“, sagt der Wuppertaler, der in einer Baumschule gelernt hat und später noch seinen Gartenbautechniker machte.

Gerade wegen seiner Ausbildung sei es ihm auch wichtig, Bäume möglichst zu erhalten. Ein Punkt, der laut einer Sprecherin oberstes Anliegen der Bahn sei. „Allerdings stehen wir immer zwischen der Forderung nach Erhalt und Kritik, wenn etwas passiert ist“, so die Sprecherin. Unverständnis herrscht auf Kundenseite meist auch, wenn die Züge wegen zugewachsener Strecken oder nach Stürmen Verspätung haben. „Im Jahr 2018 haben wir deshalb in die Vegetationspflege an Strecken und Bahnhöfen insgesamt rund 125 Millionen Euro investiert“, betont die Sprecherin.

Welche Bäume überhaupt der Bahn gehören - rund 4000 alleine an den Bahnhöfen in Krüsmanns Revier - verrät ein Kataster. „Das haben wir vor acht Jahren erstellt und dafür alle Bäume per GPS eingelesen und nummeriert“, so der Experte. Eine schwarze Plakette mit der entscheidenden Nummer 605839 prangt an dem Baum, für den Krüsmann am Dienstag keine guten Nachrichten hat. „Von der Hubarbeitsbühne aus hat der Kletterer festgestellt, dass es eine große Höhlung gibt“, erklärt der Baumkontrolleur. Wahrscheinlich, so mutmaßt er, sei hier vor Jahren mal ein großer Ast herausgebrochen, in den sich nun ein anderer Pilz reingefressen habe. Den Garaus macht dieser Platane paradoxer Weise also nicht die gefürchtete Massaria-Krankheit. Die Sollbruchstelle veranlasst den Bahn-Mann nun, zeitnah eine Fällgenehmigung bei der Stadt Bonn zu stellen. „Wäre auch noch ein Riss im Stamm, müsste er wegen Gefahr im Verzug sofort weg.“

In gut 20 Metern Höhe kümmert sich derweil Gabriel Popescu um die vorläufige Kronensicherung. Kalt ist ihm nicht, obwohl er seit 8 Uhr in der kleinen Gondel steht. Der Baumpfleger arbeitet für den externen Dienstleister der Bahn, den Forstbetrieb Schröder aus dem Sauerland. „Ich darf das Spannseil nicht zu fest ziehen zwischen den Ästen, es muss immer ein bisschen Spiel haben“, erklärt Popescu. Er steht alleine in der gesicherten Freiluft-Kabine, sein Kollege dirigiert bei Bedarf vom Boden aus.

Der Mann in der Luft bringt an den Seilen zusätzlich noch Plaketten an. „Sie zeigen wie bei einer Art Tüv-Plakette die Jahreszahl der Sicherung an und garantieren die Verkehrssicherheit“, sagt Krüsmann. Die anstehende Fällung ist übrigens eine von wenigen in der Zeit seiner Zuständigkeit. „Zweimal musste ich bislang abgestorbene Platanen entfernen lassen in Godesberg.“ An sich seien sowohl die Platanen wie auch die Buchen, Linden und Ahorne an den Parkplätzen am Von-Groote-Platz und am Ria-Maternus-Platz in einem guten Zustand. Das weiß auch der Specht zu schätzen, dessen Höhle in einer anderen Platane eine Ausbuchtung samt Loch verrät. „Dieser Untermieter darf gerne bleiben“, so Krüsmann.

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