Treffpunkt für sozial Benachteiligte So arbeitet die Gefährdetenhilfe in Mehlem

Mehlem · Der Verein für Gefährdetenhilfe kümmert sich um Menschen: vom armen Rentner über den gescheiterten Jugendlichen bis zum Arbeitslosen. Er berät sie, bietet ihnen aber auch eine Auszeit vom Alltag.

 Susanne Brüggen (Mitte) im StadtteilCafé "Am Nippenkreuz".

Susanne Brüggen (Mitte) im StadtteilCafé "Am Nippenkreuz".

Foto: Barbara Frommann

Am Frühstückstisch des Stadtteilcafés am Nippenkreuz streicht sich Oliver Schmittgen gerade ein Schwarzbrot. „Ich bin regelmäßig hier, weil ich hier immer netten Anschluss kriege“, sagt der Mann aus der Wohnsiedlung im Umkreis. Im Café des Vereins für Gefährdetenhilfe (VFG) Bonn sitzen an diesem Dienstagmorgen rund 15 Personen an den Tischen. Im Außenbereich sind noch drei, vier Raucher im Gespräch beisammen. Der Kaffee dampft aus den Tassen.

„Das Nippenkreuz ist ein wichtiger Treffpunkt für sozial Benachteiligte jeder Couleur: vom armen Rentner über den gescheiterten Jugendlichen bis zum Arbeitslosen“, erläutert Schmittgen und begrüßt freudig Waltraud Haese, ebenfalls Stammgast. „Auch Ausländer sind dabei“, meldet sich vis-à-vis Piotr Cyrys. Er kommt aus Polen, ist Altenpfleger in einer nahen Einrichtung und springt in seinen Pausen schnell mal auf ein Gespräch „ins Nippenkreuz“. „Ich bin gerne mit Leuten aus der Nachbarschaft zusammen“, sagt Cyrys und holt sich auch einen Becher Kaffee.

Servicehilfe im „Nippenkreuz“

Drüben am PC der Einrichtung sucht eine Frau gerade auf der Homepage des Jobcenters. Ulrich Pfeiffer berät sie. Er arbeitet seit zwei Jahren als Servicehilfe im „Nippenkreuz“. „Ich bin sehr froh, damit wieder ein bisschen auf die Füße gekommen zu sein, damit es weitergeht“, sagt er. Auf der gemütlichen roten Couch unter den Fotos vom alten Mehlem sind zwei ältere Männer ins Gespräch vertieft. „Hallo Jochen“, rufen sie nun einem Neuankömmling zu.

Auf dem Stuhl neben der Nippenkreuz-Gitarre blättert eine Frau derweil hilflos in Papieren, die sie eben aus dem Rucksack gezogen hat. Gerade kommt eine andere alte Dame aus dem Büro von „Nippenkreuz-Leiterin Susanne Brüggen. Eine Minirente und damit nicht genug zum Leben noch zum Sterben, schildert Brüggen dem GA kurz den Fall. Sie habe mit der Frau erst einmal Formulare ausgefüllt, damit die mit Sozialhilfeleistungen über die Runden komme.

„Fast alle haben hier wenig Einkommen und damit ganz schnell Probleme mit der finanziellen Sicherung und der Gesundheit“, fasst die Mitarbeiterin die Ausgangslage der rund 250 Personen zusammen, die sie hier mit ihren Kollegen regelmäßig berät. Das zweite Aufgabengebiet für das Team mit 3,5 Stellen sei, für ambulantes betreutes Wohnen in den Wohnsiedlungen zu sorgen und damit auch Menschen mit Suchtproblemen zur Seite zu stehen.

Kein Alkohol, keine Gewalt

„Und dann leisten wir auch Gemeinwesenarbeit: Das heißt, wir richten Feste und Ausflüge aus oder bereiten wie jetzt unsere Teilnahme am Karnevalszug vor.“ Schon wird Brüggen wieder von einem Gast angesprochen, der die Waschmaschine nutzen möchte. Drüben kümmert sich Sozialarbeiter Andreas Henrichs um zwei Männer, die schon recht wackelig auf den Beinen sind. Einer will unbedingt ein Fax verschicken und telefonieren.

Kein Alkohol, keine Gewalt und keine Drogen sind eherne Gesetze am Nippenkreuz. In der nahen Wohnsiedlung gebe es schon traurige Fälle von kranken Mietern, weiß Susanne Brüggen. Immer öfter werde das Team in seiner ambulanten Arbeit zu Fällen gerufen, in denen Verwahrloste jede Versorgung ablehnten oder mutterseelenallein starben. „Das tut einem schon sehr weh“, sagt Brüggen.

Prima Zusammenhalt im Team

Fünf Jahre ist sie am Nippenkreuz mit Herzblut im Einsatz. Der Zusammenhalt im Team sei prima. „Sonst würden wir das gar nicht schaffen.“ Von drüben grüßt Jochen Roth herüber, ein Stammgast, der aber auch mit anpackt. „Der Jochen räumt immer die Stühle wieder hoch. Dafür kommt er extra vorbei“, berichtet Brüggen mit einem Lächeln. Eine Frau drängt zu ihr. Seit Tagen habe sie keinen Strom mehr. Der Elektriker habe den Termin verschwitzt. Auf die nächste Sprechstunde mit dem Hausmeister der Wohngesellschaft hier im Café könne sie nicht warten. „Wir müssen dem Handwerker Dampf machen“, bittet die Frau. Brüggen notiert sich rasch die Daten. Drüben wartet ein verschlossen wirkender Mann darauf, in ihre Sprechstunde zu gelangen.

Kontakt: VfG-Stadtteilcafé am Nippenkreuz, Mainzer Straße 58 a, 0228 / 97 27 19-0. Öffnungszeiten Café: Montag und Mittwoch: 9 bis 13 Uhr, Dienstag und Donnerstag:: 9 bis 17 Uhr Sozialberatung: täglich 10 bis 13 Uhr, Dienstag und Donnerstag zusätzlich von 14 bis 16.30 Uhr.

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