Medizintourismus im Wandel Service-Agenturen treten an die Stelle der Konsulate

BAD GODESBERG · Im Geschäft mit den Gastpatienten aus den Golfstaaten und aus Russland, die in Bonn behandelt werden, gibt es eine verstärkte Tätigkeit von Service-Agenturen, ausländischen Versicherungen, Vermittlern oder Betreuern, und auch selbst organisierte Anreisen. In der Vergangenheit war der Aufenthalt von Gastpatienten eher über die Botschaften und Konsulate organisiert worden.

Das geht es einem Bericht über Gespräche mit Botschaften und Beherbergungsbetrieben hervor, den die Stadt Bonn gestern vorgelegt hat. Er steht als Mitteilung auf der Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses am 29. September.

Am 2. September hatten sich auf Einladung von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch 25 Vertreter des Beherbergungsgewerbes mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung getroffen. Ergebnis war, dass die Betriebe in den internationalen Gastpatienten und ihren Begleitpersonen eine sehr interessante Zielgruppe sehen, deren Marktanteil im Übernachtungsbereich in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen ist.

Gleichzeitig beschrieben die Gesprächsteilnehmer den Medizintourismus-Markt als sehr unübersichtlich. In der Vermittlung und Betreuung seien sehr viele Akteure tätig, deren Spanne von seriösen Agenturen bis hin zu weniger professionell arbeitenden Einzelpersonen reiche. Es wurde außerdem über ein Qualitätssiegel für Vermittler und die Erstellung einer Positivliste mit seriösen Agenturen und Patientenbetreuern diskutiert. Eine weitere Idee war, ein Verzeichnis mit Beherbergungsbetrieben zu erstellen, die Langfristunterkünfte oder weitere spezielle Angebote für Medizintouristen anbieten.

Die Verwaltung verweist in ihrer Mitteilungsvorlage auf die lange Tradition, die medizinische Behandlung internationaler Gastpatienten in Bonn habe. Dies sei "sowohl mit Chancen als auch Herausforderungen für die Stadt verbunden". Positive Effekte ergäben sich insbesondere im Einzelhandel sowie in den Bereichen Touristik, Gastronomie, Beherbergung, Transport und Verkehr. Darüber hinaus werde die Wirtschaftskraft der medizinischen Dienstleister gestärkt

Der Oberbürgermeister hatte von Januar bis März sechs Einzelgespräche mit den in Bonn und der Region ansässigen Botschaftsaußenstellen, Konsulaten und medizinischen Büros der Staaten Katar, Libyen, Russische Föderation, Tunesien, Ukraine und Vereinigte Arabische Emirate geführt. Auch darüber berichtet die Verwaltung nun. Die Mehrzahl der Gastpatienten kommt demnach aus der Golfregion und dem Gebiet der Russischen Föderation. Außerdem werden Kriegsverletzte aus Nordafrika versorgt.

Die Botschaftsvertreter hätten die Berichte über die Kurzzeitvermietung von Wohnraum sowie die Vermittlung von Unterkünften zu überteuerten Preisen ernst genommen. Aus ihrer Sicht bieten sich für längerfristige Aufenthalte spezielle "Boarding-Häuser", also Wohnungen mit hotelähnlichem Service an. Die Konsulate wollen Interessenten Informationsmaterial der Stadt zur Unterkunftssuche und zum Aufenthalt in Bonn zur Verfügung stellen.

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