Check in Bad Godesberg Senioren suchen nach Gefahrenstellen

BAD GODESBERG · Senioren suchen in Bad Godesberg nach Barrieren und Gefahrenstellen im öffentlichen Raum, um anschließend Verbesserungsmaßnahmen zu erarbeiten.

Ein Gullydeckel, dessen Lücken so breit sind, dass sich die Räder eines Rollators darin verfangen, oder eine Bake, die so auf dem Gehweg platziert ist, dass mit einem Rollstuhl kein Durchkommen mehr ist: Gerade für ältere Menschen gibt es auf den Wegen und in der Fußgängerzone häufig Barrieren, die sich nicht überwinden lassen.

Das soll sich nun ändern. Und zwar mit Hilfe des Fußgängerchecks, den der Arbeitskreis "Sicher unterwegs - ein Leben lang", bestehend aus Vertretern von Stadt, Polizei, Stadtwerken, Volkshochschule und der Verkehrswacht, zurzeit gemeinsam mit Senioren und Mitgliedern der Behindertenverbände in Bad Godesberg durchführt.

"Bonn ist eine von sechs Kommunen, die erfolgreich am Wettbewerb des VRS-Netzwerks “Verkehrssichere Städte und Gemeinden im Rheinland„ teilgenommen hat", sagt Norbert Reinkober, Geschäftsführer der VRS GmbH. Deswegen wurde die Stadt als Modellkommune für den Check ausgesucht. Soll heißen, dass die Vorgehensweise und die Erkenntnisse aus Bad Godesberg später auf das gesamte Stadtgebiet und weitere Kommunen übertragen werden sollen.

"27 Prozent der Einwohner von Bad Godesberg sind älter als 60 Jahre, in Bonn sind es 20 Prozent", erklärt Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa, warum Bad Godesberg für den Fußgängercheck ausgesucht wurde.

Ende März ist das Projekt gestartet, nun fiel der offizielle Startschuss. Mit Fragebogen und Maßband ausgestattet, nehmen die Senioren, die aus der Begegnungsstätte Offene Tür Dürenstraße und dem Altenzentrum Haus am Redoutenpark kommen, das Gebiet zwischen Burgstraße, Friedrich-Ebert-Straße und Kurfürstenstraße unter die Lupe, suchen nach Barrieren und Gefahrenstellen.

Die Probleme werden dokumentiert, um anschließend Verbesserungsmaßnahmen zu erarbeiten. Die Ergebnisse gehen dann an die Stadt, die die Lösungsvorschläge untersucht und schaut, was umgesetzt werden kann. Doch das ist noch nicht alles: Am Ende soll es eine Karte von Bad Godesberg geben, in der es spezielle Infos unter anderem für Rollstuhlfahrer und Nutzer von Rollatoren gibt.

Ziel des Projekts, das laut Reinkober in der Vergangenheit bereits erfolgreich mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt wurde, ist es, die Mobilität von Senioren zu erhalten und Erfahrungen auszutauschen. "Wir werden alle älter, unsere Leistungsfähigkeit lässt nach, die Gefahren im Straßenverkehr sind schwerer zu meistern", sagt Brohl-Sowa.

Wichtig sei die Barrierefreiheit, betont SWB-Geschäftsführer Heinz Jürgen Reining. "Bisher haben wir an den Haltestellen aufgehört. Es nutzt aber nichts, wenn der Weg dorthin nicht barrierefrei ist." Dies sei ein wichtiges Element der Verbesserung.

Rücksichtnahme ist laut Stadtbaurat Werner Wingenfeld ein wichtiger Aspekt. Dies gelte für jeden Verkehrsteilnehmer. "Aber auch wir Planer müssen uns an die Nase fassen." So seien "Treppchen, Türmchen und Hügelchen" zwar schön, für ältere Fußgänger aber unpraktisch. "Wenn wir die Ergebnisse des Checks vorliegen haben, werden wir Konsequenzen ziehen", so Wingenfeld.

In neuen Projekten wie dem Umbau der Koblenzer Straße werde das bereits getan. Er gab aber zu bedenken, dass der Umbau alter Anlagen teuer ist. Somit brauche in Zeiten leerer Kassen alles seine Zeit. "Aber wir erkennen den Handlungsbedarf und packen das sukzessive an."

"Viele Mängel kann man mit geringem Aufwand beheben", sagt Cornelia Brodeßer von der Verkehrswacht, die bei den Touren mit den Senioren dabei ist. "Die Teilnehmer haben sehr rasch eine hohe Kompetenz erlangt. Mittlerweile haben sie ein gutes Auge für Schwachstellen und machbare Lösungen."

Ihr sei aufgefallen, dass viele Teilnehmer immer schon einen Plan B, also einen anderen Weg, parat hätten, wenn sie unterwegs seien. "Bei den Rundgängen werden wir oft früh genug gestoppt. Dann wird gesagt: “Da kann man nicht langgehen„." Das gelte zum Beispiel bei unebenen Straßen oder bei Brücken, die oft zu steil seien.

"Verkehrssichere Städte im Rheinland"

  • Ende des Sommers soll der Fußgängercheck in Bad Godesberg abgeschlossen sein. Ende dieses Jahres soll die Karte fertiggestellt sein.
  • Laut Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa sind 2011 fünf Senioren bei Verkehrsunfällen getötet worden, 278 wurden verletzt. Das sind 15,8 Prozent mehr als 2010.
  • Der Wettbewerb des VRS-Netzwerks "Verkehrssichere Städte und Gemeinden im Rheinland" startete 2005. Insgesamt haben 56 Städte, Gemeinden und Kreise teilgenommen. Erfolgreich waren neben Bonn auch Köln, Kerpen, Merzenich für den Kreis Düren, Herzogenrath und Brühl. Sie bekommen je 4000 Euro.
  • Seit 2004 haben die Stadtwerke Bonn laut Geschäftsführer Heinz Jürgen Reining 95 Millionen in die Infrastruktur, investiert. Bis 2015 sollen 60 Millionen folgen. Zurzeit seien die SWB auch damit beschäftigt, Befestigungen für Rollatoren in ihren Fahrzeugen zu installieren.
  • Am 1. Juli beginnt um 11 Uhr das Fest der Generationen auf dem Theaterplatz. Dort kann man in einen Altersanzug schlüpfen und sich ein Bild davon machen, wie Senioren ihre Umwelt wahrnehmen.
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