Selbstvermarktung in der Zukunft Schüler lernen, Bewerbungsvideos zu drehen

Bad Godesberg · Schüler am Friedrich-List-Berufskolleg üben in einem Seminar, wie sie ihr Smartphone nutzen können, um aus der Masse an Bewerbern herauszustechen. Unternehmer erklären ihnen, warum das immer wichtiger wird und worauf es wirklich ankommt.

 Mit der Aufnahme kommt die Nervosität: Simon versucht sich vor der Handykamera.

Mit der Aufnahme kommt die Nervosität: Simon versucht sich vor der Handykamera.

Foto: Stefan Knopp

„Das machen wir noch mal.“ Noah, 19 Jahre alt und kurz vorm Abschluss seiner Ausbildung am Friedrich-List-Berufskolleg (FLB), war unzufrieden mit sich. Immer wieder machte er beim Dreh seines Bewerbungsvideos mit dem Smartphone die gleichen Fehler.

„Ich würde mich bewerben“ statt „ich bewerbe mich“, immer die gleichen steifen Gesten mit den Händen, ständig dieses unbewusste nervöse Hin- und Herwiegen. Und Begriffe wie Fachhochschulreife oder der Name der Schule kamen ihm nur holprig über die Lippen. Ruhig gab Mitschüler Tim immer wieder Tipps, redete auch beruhigend auf Noah ein. Er könne doch frei reden, das habe er bei diversen Referaten schon bewiesen. Ja, könne er, sagte Noah nach dieser Videosession, „frei reden ist eigentlich meine Stärke“.

Aber auch wenn das, was die beiden am Dienstag machten, nur eine Übung war: Noah hatte den Anspruch, dass es gut werden muss. Richtige Aussprache, gutes Auftreten, inhaltlich ansprechend sollte es sein. „Das schießt einem dann in den Kopf.“ Er und eine Reihe anderer Oberstufenschüler übten das jetzt, damit sie später wissen, wie es geht: Die klassische schriftliche Bewerbung mit formalem Lebenslauf, Lichtbild und den immer gleichen aus dem Internet kopierten Allgemeinplätzen ist nicht mehr zeitgemäß., Zu viele Bewerber für zu wenig Stellen gibt es.

„Mit einem Video kann man herausstechen“, sagte Noah. Das ist auch die Botschaft derjenigen, die den Workshop am Berufskolleg durchführten. Das FLB hatte sich hierfür fachkundige Unterstützung vom Bundesinstitut für Berufsbildung sowie von zwei Bonner Unternehmen geholt. „Das Video ist eine schöne Möglichkeit, Selbstvermarktung zu machen, wenn man sich auf Stellen bewirbt, die überlaufen sind“, sagte Dennis Müller, der mit Denis Drews die IT-Firma CoNet vertrat.

So ein Video sei auch Zeichen dafür, „dass der Bewerber sich Mühe gegeben hat“, so Drews, und es zeige eine IT-Affinität. Durch ein Video würden Softskills wie richtiges Auftreten und Persönlichkeit, aber auch Abschlüsse und Praktika präsenter, meinte Isabelle Kiry von Knauber. Ihre Kollegin Anne Sondermann erklärte: „Das Recruiting geht mit der Zeit.“ Noah findet Bewerbungsvideos gut. „Das ist ein recht neuer Weg der Bewerbung.“ Ebenso Nadine. „Für die Zukunft ist das wichtig, weil ja alles digitalisiert wird.“ Mitschüler Simon stimmte da zu, fand seine Perfomance aber noch ausbaufähig. Die beiden teilten im Übrigen Noahs Nervosität. „Bei der Vorbereitung dachte ich, so schwierig kann es nicht sein“, sagte Nadine. „Vor der Kamera war das aber ein anderes Gefühl.“

Wie sieht denn ein erfolgreiches Bewerbungsvideo aus? „Es hat einen klaren Aufbau und bezieht sich auf das eine Unternehmen, den einen Ausbildungsberuf“, so FLB-Lehrerin Katrin Friedrich. Drei Fragen müssen beantwortet sein: „Wer bin ich, was kann ich, wo will ich hin?“ Es sollte klar werden, warum der Bewerber genau für diesen Job geeignet ist. Interessant seien auch Hobbys und kleine Einblicke in die Persönlichkeit, ohne aber zu viel zu erzählen.

Technisch sei es von Vorteil, wenn man das Handyvideo nicht selbst dreht, so Friedrich. Dreht ein Freund das Video, kann man sich freier bewegen, sieht natürlicher aus, kann gestikulieren und sich mehr aufs Inhaltliche konzentrieren. Ein Stativ sei hilfreich, man brauche eine ruhige Umgebung, einen stimmigen Hintergrund. Sich dabei zu bewegen ergebe ein dynamischeres Video als eins, bei dem man nur still stehen bleibt. Ganz wichtig: Das Video sollte im Querformat gedreht werden, weil es in den Unternehmen auf klassischen Monitoren gesichtet werde, so die Lehrerin. Vor und hinter der Aufnahme sollten einige Sekunden Leerlauf sein, damit man vernünftig schneiden kann. Die Aufnahme sollte nicht länger als eine Minute sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort