Therapiestunde mit Hund Retriever Nino ist immer dabei

BAD GODESBERG · Lennart und Nino sitzen an einem Tisch. Der Achtjährige hat knifflige Sprachübungen zu lösen. Retrievermischling Nino legt seine weiche Hundeschnauze neben das Aufgabenblatt. "Ja, bravo, Lennart, und jetzt sprechen wir noch mal, wie der Drache auf dem Blatt heißt", sagt Logopädin Anna Kallenberg.

 Lennart Rode übt mit Anna Kallenberg und Hund Nino.

Lennart Rode übt mit Anna Kallenberg und Hund Nino.

Foto: Ronald Friese

Lennart bildet konzentriert ein lautes "O" und hängt noch ein zischendes "Sch" dran. In der logopädischen Praxis B. Taylor wiederholt der Junge die Laute mit deutlichen Mundbewegungen immer wieder. Nebenbei streichelt er Nino übers goldbraune Fell. "Lennart lernt hier, sicherer und selbstbewusster zu sprechen und aus sich herauszugehen", sagt Kallenberg, während der Junge seinem Freund geschickt ein Leckerli in die nasse Schnauze steckt.

Nino brummelt zufrieden. Der Zweitklässler der integrativen Bodelschwinghschule habe in der nun einjährigen tiergestützten Therapie sehr schöne Fortschritte gemacht. Frühere Therapieversuche hätten bei dem schüchternen, sprachbehinderten Jungen kaum mehr gewirkt.

"Hunde kommunizieren eindeutig, sie sind ehrlich und lügen nicht. Sie kategorisieren ihr Gegenüber nicht nach ärztlichen Diagnosen und reagieren rein auf das Verhalten des Einzelnen hin", erklärt die Logopädin. Dem zutraulichen Nino gegenüber müsse sich Lennart nicht verstellen. Durch Nino erfahre der Junge, auch außerhalb der schützenden Familie vorurteilsfrei angenommen zu werden und könne selbst Verantwortung übernehmen. "Lennart erfährt, dass nicht nur er Hilfe braucht, sondern dass auch er selbst Hilfe spenden kann."

Und tatsächlich: Lennart hat beim Betreten des Therapieraums zunächst nach dem Wasser geschaut und den Napf des Hundes aufgefüllt. Immer wieder greift der Junge in den Futterbeutel und erntet dankbares Knurren. "So erfährt Lennart, gebraucht zu werden und geben zu können", sagt Kallenberg.

Längst ist sie in den motorischen Teil übergegangen, bei dem Lennart immer wieder die entscheidenden Sätze deutlich artikulieren soll. Der Achtjährige schafft es mit einigen Befehlen, Nino in die Schlafposition zu bringen. "Aufstehen. Guten Morgen", ruft Lennart dann. Und der Retriever springt sofort auf, und bekommt seine Belohnung.

"Unser Junge kann sich inzwischen viel besser ausdrücken", hat Mutter Simone Rode dem GA vor der Therapiesitzung erzählt. Seit er mit Nino arbeite, gehe er endlich mit Freude zur Therapie. "Der jahrelange Stress ist weg. Lennart hat die Angst vor den Stunden verloren." Ihr Bruder traue sich seither auch viel mehr zu, hat die große Schwester Eileen beobachtet. Bei seinem Handicap habe er mit Nino Riesenfortschritte gemacht.

Lennart hat sogar Vertrauen zu der fremden Journalistin gefasst. Jetzt solle sie doch mal probieren, Nino schlafen zu legen. Lennarts Augen leuchten, als der Gast dies lange nicht so gut hinbekommt wie er. Freudig versucht er zu erklären, auf was es ankommt. "Schlafen ganz laut sagen", heißt die Devise. Anna Kallenberg strahlt. "Toll, Lennart, jetzt bringst du schon anderen bei, wie es geht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort