Bonner Fernsehsender Phoenix startet in HD

BONN · Disco, Kirmes, Legokiste: Das neue Mischpult im Regieraum des Bonner Senders Phoenix hat wegen seiner mehr als 700 blinkenden bunten Knöpfe schon viele Spitznamen, obwohl es erst wenige Wochen alt ist.

 Bunt leuchtet das Mischpult im neuen Regieraum von Phoenix. Ralf Koke drückt den Umschaltknopf für das Sendesignal.

Bunt leuchtet das Mischpult im neuen Regieraum von Phoenix. Ralf Koke drückt den Umschaltknopf für das Sendesignal.

Foto: Nicolas Ottersbach

Seit Donnerstag ist es auch richtig in Betrieb, zudem sendet Phoenix nun in nativem HD. Gegen 8.37 Uhr schaltete Ralf Koke, Produktionsleiter für die Technik, das Sendesignal per Knopfdruck wieder in die Bonner Zentrale um. Neun Monate lang lief alles über die Sendestrecke des WDR in Köln, weil in Bonn die komplette Regietechnik demontiert war.

Als Provisorium hatte man sich einen ausrangierten ZDF-Übertragungswagen, der schon vor 15 Jahren für "Wetten, dass..?" sendete, in den Innenhof am Langen Grabenweg gestellt. "So etwas macht sonst keiner, aber wir mussten Geld sparen", sagte Ralf Koke.

5,6 Millionen Euro Investition

Etwa 5,6 Millionen Euro hat der komplette Umbau, zu dem auch Studio- und Tontechnik gehören, gekostet. Da Phoenix ein kleiner Sender sei, habe es keine Ausweichmöglichkeiten gegeben. "Beim ZDF wäre man einfach in einen anderen Regieraum im eigenen Haus gegangen, das klappt bei uns nicht, weil wir eben nur einen haben", erläuterte Koke.

Der alte Ü-Wagen sei kein bequemer, aber funktionaler Arbeitsplatz gewesen. So wurde die Tür, durch die in den kalten Monaten immer Luft hereinzog, notdürftig mit Bauschaum abgedichtet. Zusätzlich verlegte man fast 30 Kilometer neue Kabel auf dem gesamten Gelände, um alles mit Strom zu versorgen und miteinander zu vernetzen.

Deshalb wurde im Keller, wo Receiver und Server stehen und bis zu zwölf Videosignale aus der ganzen Welt eintreffen, ein dickes Loch in die Wand gestemmt. Baugerüste dienten als Kabeltrassen. Vom Umbau bekamen die Zuschauer an den Fernsehern nichts mit.

Phoenix jetzt in echter Hochauflösung

"Das Schwierige war die Koordination aller Arbeiten, weil wir eben parallel weiter sendeten", sagte Wolfgang Linden, der als Betriebs-Projektleiter des WDR auch für Phoenix zuständig ist. Seit 8.37 Uhr sei der Sender "nativ hochauflösend". Heißt: Den Kanal "Phoenix HD" gibt es zwar schon länger, allerdings nicht in echter Hochauflösung.

Das Bildmaterial der selbst produzierten Live-Sendungen wird lediglich hochgerechnet und erreicht deshalb nicht die volle Qualität des HD-Standards, den andere Sender schon haben. Am Ton hingegen hat sich nichts geändert, obwohl jedes Gerät erneuert wurde. "Wir haben das Problem, nach 15 Jahren keine Ersatzteile mehr zu bekommen, das ist wie mit einem alten Computer", sagte Toningenieur Dietmar Tong.

Selbst wenn die Technik reibungslos läuft, müssen die knapp 30 Festangestellten noch lernen, sie zu beherrschen. "Ich kenne nicht die Bedeutung für jeden Knopf", musste Koke zugeben. In den vergangenen beiden Wochen wurden die Mitarbeiter geschult, die Routine fehlt allerdings noch.

"Man kann das auch nicht proben, wenn etwas passiert und wir schnell reagieren müssen", so Tong. Die erste Feuertaufe ist jedoch überstanden: In der Livesendung "Vor Ort" besuchte gestern Abend Reporterin Ina Baltes eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen.

Phoenix sendet seit 1997

Der Spartensender Phoenix wird in Kooperation von ARD und ZDF betrieben und ist im ehemaligen Hauptstadtstudio des ZDF am Langen Grabenweg untergebracht. Das Programm setzt sich aus Dokumentationen, Nachrichten- und Diskussionssendungen sowie Ereignisübertragungen zusammen.

Der Sender kommt pro Jahr mit 35 Millionen Euro aus, von denen 19 Millionen Euro ins Programm fließen. Das Geld stammt aus dem Etat von ARD und ZDF.

Zum Vergleich: Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandfunk nahm 2012 rund 7,5 Milliarden Euro ein. Phoenix kann auf Korrespondenten und Filmmaterial der Öffentlich-Rechtlichen zurückgreifen.

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