Wein aus Bad Godesberg Muffendorfer Winzerin aus Leidenschaft

MUFFENDORF · Irene Diederichs keltert seit Jahrzehnten ihren eigenen Wein in Muffendorf aus den Sorten Regent und Muffendorfer Klosterberg. In diesem Jahr erwartet sie aufgrund der vielen Sonnentage besonders gute Weine.

Am Hang unterhalb der Kapelle Alt-St. Martin hängen pralle blaue Weinreben in der Muffendorfer Morgensonne. „Schauen Sie mal, die Trauben sind in diesem Sommer prächtig gewachsen, sie werden schon schwer“, sagt Irene Diederichs, als sie über ihren Weinberg im Schatten ihres großen Fachwerkhofs führt. 700 Stöcke der Weinsorte Regent stehen hier wie jedes Jahr in Reih' und Glied.

„Mein Kellermeister Martin Lindner hat sich das ganze Jahr über sehr gut um die Reben gekümmert“, lobt die Muffendorferin und steigt mühelos den Hang wieder hoch. Zuckersüß schmecken die kleinen roten Früchte schon jetzt im August. Diederichs hat Trauben zum Kosten angereicht. „Sie werden dank der vielen Sonne jetzt schon 60 bis 70 Öchsle haben“, erläutert die Winzerin das derzeitige Mostgewicht der Trauben. Innerhalb eines weiteren Monats am Muffendorfer Hang würden die Früchte 80 Öchsle erreichen, tippt Diederichs. „Es darf bloß kein starker Regen kommen, der schadet den Trauben.“ Am letzten Septemberwochenende wird sie die Früchte wie jedes Jahr mit 14 Freundinnen ernten, um die Körbe dann hinüber zur Muffendorfer Hauptstraße ins Kelterhaus zu bringen.

Ihr 2006 verstorbener Ehemann Robert, den sie als Bonner Clara-Schumann-Abiturientin beim Schulfest kennengelernt hatte, habe in den 1970er Jahren eigentlich ein Haus in Schweinheim kaufen wollen, erzählt sie. „Ich aber wollte unbedingt in Muffendorf im Schatten der Kirche St. Martin bleiben und den ehemaligen Siegburger Hof kaufen“, erinnert sich Diederichs lächelnd. Sie liebe halt „die Jeckigkeit und Sturheit“ der Dorfbewohner. Auf dem Gelände des Fachwerkgebäudes, in dem im 18. Jahrhundert noch das Hofgericht der Siegburger Abtei getagt hatte, waren in den 1970ern nur noch Obst und Gemüse angebaut worden. Ihr Mann habe aber die gute alte Muffendorfer Winzertradition wiederbeleben wollen.

Uralte Weinpresse

Irene Diederichs zeigt auf eine uralte Weinpresse im Hof. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein hatten die Muffendorfer von der Kelterei gelebt, bis plötzlich die Reblaus die Weinstöcke befiel und die Bewohner auf Obstanbau umsteigen mussten. Robert Diederichs, der Ortsausschussvorsitzende, wollte es jedoch wissen und ließ den Hang erneut mit Reben bepflanzen. Andere Muffendorfer zogen nach.

„Und jetzt sind wir seit Jahrzehnten wieder ein Winzerdorf“, erklärt Irene Diederichs strahlend. Seit dem Tod ihres Mannes führt sie das Handwerk mit ihren Söhnen Guido und Martin weiter. Die über die Region hinaus bekannte Weinsorte „Muffendorfer Klosterberg“ wird also weiter vor Ort erzeugt und gekeltert. Und auch die Enkel machen schon mit, wenn die relativ pilztolerante Neuzüchtung blauer Trauben, die Sorte Regent, verarbeitet wird. Im Kelterhaus fertigen die Männer dann aus den Trauben die Maische, die gären muss. Dann trennen sie mit dem nächsten Gerät, der Presse, die letzten festen Teile von der Flüssigkeit.

In den Fässern muss sich schließlich die Hefe absetzen. Das wird in diesem Jahr ein guter Tropfen, ist Irene Diederichs, die Kennerin, überzeugt. Wenn man pro Rebstock zwei Flaschen Weinertrag rechne, komme sie sicher wieder auf 1400 Flaschen, vermutet die leidenschaftliche Winzerin mit sichtlichem Stolz. In den nächsten Tagen werde das Männerteam erst einmal den Weinberg mit Schutznetzen abdecken, berichtet sie: „Sonst würden uns die Stare in einer Nacht die gesamte Ernte abfressen. Die stürzen sich regelrecht auf Trauben.“

Gründerin der Muffendorfer Heimatbühne

Und wo ist der „Muffendorfer Klosterberg“ dann zu erwerben? „Den verkaufe ich nicht, den verschenke ich“, antwortet Diederichs. Vor der Muffenale am Samstag, 1. September, werde der Klosterberg des Jahres 2016 abgefüllt und dann am Sonntag, 2. September, beim Fest ausgeschenkt – zu Gunsten der örtlichen Vereine. Außerdem kredenze sie den besonders fruchtigen Rotwein anlässlich ihrer vielen kulturellen Aktivitäten, erzählt Diederichs: bei Auftritten des bekannten chinesischen Beethovenfest-Pianisten Jingge Yan etwa, den sie fördert. Oder anlässlich der Aufführungen der von ihr gegründeten Muffendorfer Heimatbühne.

Ab dem 13. Oktober kommt dort in der Kleinen Beethovenhalle die nächste Inszenierung auf die Bühne. „Nix Halves un nix Janzes“ heißt das mundartliche Stück. Diederichs ist schon auf dem Sprung zur nächsten Probe. Halbe Sachen sind ihre Sache jedenfalls nicht.

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