Bad Godesberger Traditionsgeschäfte Modegeschäft Leyendeckers: Reine Formsache

BAD GODESBERG · Das Modegeschäft Leyendeckers in Bad Godesberg ist ein Herrenausstatter der ganz alten Schule. Das Unternehmen bringt seit fast 70 Jahren Mode an den Mann.

Die Verkäufer tragen perfekt sitzende Sakkos, auf Wunsch kommen sie zu ihren Kunden nach Hause. Aushilfen gibt es nicht, dafür Annemarie Brämm, die schon seit mehr als 40 Jahren als Verkäuferin die Kunden begrüßt.

Im Schaufenster hängt ein Hausmantel für mehr als 200 Euro. 200 Meter weiter, bei „H&M“, weiß vermutlich kaum jemand, was ein Hausmantel ist. Dort kostet der günstigste Anzug gerade einmal 39,99 Euro. Komplett. Peter Iven und Frank Katzer zucken nur mit den Schultern – zwei Herren in feinen, dunkelblauen Maßanzügen. „Das ist für uns keine Konkurrenz“, sagt Iven. „Nur wenige Geschäfte bieten so ein großes Sortiment wie wir.“

Iven und Katzer führen seit fast 20 Jahren das Herrenmodegeschäft Leyendeckers Am Fronhof 10. Ursprünglich gründete Paul Leyendeckers das Geschäft im Jahr 1948 in Köln. Fünf Jahre später zog er wegen der ruhigen Wohnlage und der Nähe zu Bonn als Parlaments- und Regierungssitz nach Bad Godesberg um. So kamen auch feine Herren wie Botschafter und Politiker in das Geschäft. Sein Markenzeichen damals: die große Hemdenabteilung. Und bis heute sind Hemden das wichtigste Produkt bei Leyendeckers.

Sechs Tage die Woche im Geschäft

Iven und Katzer repräsentieren schon die zweite Nachfolger-Generation, die das Unternehmen nicht mehr unter dem Namen Leyendeckers führt. Weil es in der Familie Leyendeckers keinen Nachfolger gab, übernahmen Helga und Rolf Kaspers im Jahr 1971 das Geschäft. Sie hatten schon vor der Übernahme als Verkäufer bei Leyendeckers gearbeitet. Familie Kaspers plante ihre eigene Nachfolge dann aber frühzeitig. Im Jahr 1998 übergaben sie das Traditionsgeschäft Leyendeckers an ihren ehemaligen Auszubildenden Katzer, den Verkäufer Iven und an ihren Sohn Uwe Kaspers, der vor allem im Hintergrund tätig ist. Der erste Eindruck und das Interesse für Mode hat Iven und Katzer sofort verbunden.

Beide haben Textilwirtschaft in Nagold studiert. Beide stehen sechs Tage die Woche im Geschäft und beraten persönlich Kunden. Am Schreibtisch sitzen sie nur selten, betont Iven. „Das Betriebswirtschaftliche läuft eher im Hintergrund.“ Er freut sich darüber. Denn einen Bürojob wollten sie gerade nicht, als sie sich im Jahr 1998 entschieden, bei dem Godesberger Mittelständler einzusteigen. „Jeder Tag ist bei uns anders, denn auch jeder Kunde ist anders und möchte anders bedient werden.“

Dass den beiden Unternehmern wegen der Konkurrenz der großen Filialisten oder Online-Kaufhäuser nicht die Kunden weglaufen, hat einen einfachen Grund: Sie setzen ganz auf die persönliche Beratung. 22 Mitarbeiter arbeiten in den zwei Filialen. Sie sind angehalten, jeden freundlich zu begrüßen, ausführlich zu beraten und zum Abschied bis zur Tür zu bringen. „Zeitlich gibt es beim Kundengespräch kein Limit“, betont Katzer.

Unternehmer kommen zu den Kunden

Die Unternehmer kommen auch direkt zu ihren Kunden nach Hause. Dort packen die Verkäufer die Kleiderstange dann im Wohnzimmer oder Schlafzimmer ihrer vorwiegend älteren Kunden aus. „Mit vielen Kunden besteht eine Partnerschaft, seitdem wir in der Firma arbeiten. 25 Jahre ist da keine übertriebene Zeitspanne“, sagt Iven. Viele ehemalige Bad Godesberger kommen extra aus Berlin oder München zurück in die alte Heimat, um sich bei Leyendeckers einzukleiden, sagt er stolz. Ganze Familien kleidet das Geschäft seit Generationen ein. „Bei uns kommt der Großvater, der Sohn und irgendwann der Enkel als Kunde ins Geschäft.“

Damit die Kunden sich auch auf ihren Verkäufer verlassen können, würde Leyendeckers keine Aushilfen bei Leyendeckers einstellen. Die meisten Mitarbeiter arbeiten seit Jahrzehnten für das Herrenfachgeschäft, viele haben bereits ihre Lehre bei Leyendeckers gemacht. So wie Annemarie Brämm, die seit 42 Jahren als Verkäuferin arbeitet. „Kunden schätzen es, ein bekanntes Gesicht zu sehen“, sagt sie. Gesichter sieht Frau Brämm viele. Am Tag begrüßt sie rund 20 Kunden, viele davon sind Stammkunden.

Auch für den „trendbewussten Herren“ habe Leyendeckers einiges im Programm, sagt Katzer. „Trendman“ nennt der Händler seine junge Mode-Linie, die es auch schon seit fast 35 Jahren gibt. Neben Hemden mit modernen Prints gibt es dort „Einsteigeranzüge“ für 300 Euro. Das ist im Vergleich zum klassischen Sortiment günstig, wo Anzüge leicht bis zu 700 Euro kosten. Können und wollen sich das junge Leute heute noch leisten? Die beiden winken ab. „Klar“, sagt Katzer. „Der Trendman-Anzug für die Abiturfeier ist einer unserer angesagtesten Artikel.“

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