Bad Godesberger Kleingärtnerverein „Mein Garten ist meine Therapie“

Mehlem · "Die meisten hier hängen mit Herzblut an ihrem Garten“, sagt Susanne Willner. Die 49-jährige Geoökologin ist seit Kurzem erste Vorsitzende des Bad Godesberger Kleingärtnervereins, dessen 24 Mitglieder ihre Gärten seit über fünf Jahrzehnten in der Mehlemer Genienaue bewirtschaften.

 Der Bad Godesberger Kleingärtnerverein hat 24 Mitglieder.

Der Bad Godesberger Kleingärtnerverein hat 24 Mitglieder.

Foto: Friese

Für sie alle beginnt mit dem Frühling die schönste Zeit des Jahres.

Das hochwassergefährdete Areal an der Stadt- und Landesgrenze liegt traumhaft schön, etwas abgeschieden und mit Blick aufs Siebengebirge zwischen der Villa Genienaue und dem Campingplatz in Rolandswerth. Für Willner geht es jetzt in die dritte Saison. Dass sie einmal einem Kleingärtnervereins vorstehen würde, daran hat sie bis vor Kurzem im Leben nicht gedacht.

Denn neben der Lust und Arbeit am eigenen Garten, bringt das Engagement im Vorstand weitere Arbeit für Willner mit sich, die hauptberuflich als Organisationsberaterin tätig ist. Die Arbeit in ihrem etwa 300 Quadratmeter großen Gartengrundstück sei für sie der geradezu optimale Ausgleich für den Job: „Ich wühle und mache, bin an der frischen Luft, sehe die Dinge wachsen - das ist einfach wunderbar. Mein Garten ist meine Therapie“, lacht sie. Aber sie sagt auch: „Man muss dranbleiben. Denn es ist oft mehr Arbeit, als man zuerst vermutet.“

Jeder Garten hier ist auch ein Spiegelbild seines Eigentümers. Der eine legt mehr Wert auf sein Gemüse, der andere auf Blumen und Pflanzen. Und natürlich sieht man den meisten Grundstücken auch an, wie fleißig die Kleingärtner sind. Doch, wie sollte es anders sein, es gibt Regeln: So sollte ein Drittel des Gartens Wiese sein, ein Drittel Ziehpflanzen und ein weiteres Drittel dem Obst- und Gemüseanbau dienen. „Diese Regeln sind wichtig“, sagt Willner, „sie geben Orientierung.“

In den letzten Jahren ist der Verein ziemlich multikulturell geworden. Es gibt Mitglieder aus Ägypten, der Türkei, aus Syrien, aus Irland. Genau so bunt ist auch die Sozialstruktur der Mitglieder: Akademiker, Angestellte, Handwerker und sogar Studenten verwirklichen hier ihren Traum vom eigenen Garten. Und: „Im Moment findet hier auch ein Generationswechsel statt“, berichtet Mohammed Karaja. Der Syrer und seine Frau Miriam sind seit etwa einem Jahr Kleingärtner, kommen aus Lannesdorf und verbringen fast jedes Wochenende in ihrem Garten.

„Mein Mann hat sich immer einen Garten gewünscht“, erzählt Miriam Karaja. Oliver Schmidt gehört ebenfalls dem neuen Vorstand an. Der 34-jährige Angestellte, der nicht weit weg wohnt, hatte schon länger ein Auge auf das Gelände geworfen. Im vergangenen Jahr bewarb er sich um einen Garten - sechs Monate später erhielt er grünes Licht. „Wir wollten das einfach mal ausprobieren und sehen, ob das etwas für uns ist“, sagt er. „Kleingärtnerei hat ja eigentlich ein etwas spießiges Image, aber in Großstädten wie Berlin oder Köln hat sich das in den letzten Jahren völlig verändert“, so Schmidt.

Mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn will er jetzt in seiner ersten Saison vor allem Obst und Gemüse anbauen. „Die Vereinsmitglieder und Pächter sind eine bunte Mischung aus Menschen, die gerne gärtnern, sich gegenseitig unterstützen und ihren Verein als lebendige und nette Gemeinschaft gestalten wollen“, sagt Willner. „Allerdings wurde hier früher deutlich mehr gefeiert und Party gemacht.“ Das hat sie auf alten Fotos aus dem Vereinsarchiv gesehen. Deshalb will der neue Vorstand jetzt auch die Gemeinschaft wieder mehr stärken. So will man im Sommer auf dem Gemeinschaftsplatz zum Beispiel gemeinsam die Fußball-EM verfolgen und zusammen grillen.

Und? Lust bekommen auf einen Kleingarten? „Im Moment sind zwar keine Gärten frei, aber wir freuen uns immer über Bewerber“, sagt Willner. „Und die Warteliste ist überschaubar.“ Kürzlich hat der Dachverband, der Stadtverband Bonn der Gartenfreunde, einen neuen Zaun für das Gelände finanziert.

Sicher keine schlechte Investition, denn es wird leider öfter mal eingebrochen. Im Stadtverband sind 20 Kleingartenvereine im Stadtgebiet Bonn organisiert. Insgesamt vertritt der Stadtverband, der 1927 gegründet wurde, knapp 1000 organisierte Kleingärtner. Die durchschnittliche Ablösesumme für einen Kleingarten beträgt je nach Garten und Grundstück ein paar Tausend Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort