Antrittsbesuch der Kammerspiel-Freunde Junges Publikum fürs Theater gewinnen

BAD GODESBERG · Wer eine Frau vom Theater besucht, der muss mit Überraschungen rechnen. Und zwar auch dann, wenn er selbst ein Präsent dabei hat. Dies zeigt sich, als die Freunde der Kammerspiele der neuen Bonner Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp einen Antrittsbesuch abstatten.

 Ein Glücksschwein überreichen (v.l.) Angela Biller, Kurt Tudyka, Elisabeth Einecke-Klövekorn, Ludger Buerstedde und Dorle Miesala-Edel der neuen Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp.

Ein Glücksschwein überreichen (v.l.) Angela Biller, Kurt Tudyka, Elisabeth Einecke-Klövekorn, Ludger Buerstedde und Dorle Miesala-Edel der neuen Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp.

Foto: Ronald Friese

Kaum haben die Kammerspielfreunde ihr als Willkommensgeschenk eine Gießkanne in Gestalt eines Glücksschweins überreicht und sich zum Tee niedergelassen, da muss es ihnen kurzfristig kalt den Rücken herunterlaufen. Sie empfinde Bonn und vor allem Bad Godesberg mit ihren Bürogebäuden, dem Beamtenapparat und den Registern und Metallschubladen als kafkaesk, sagt Bramkamp - "jedenfalls in bestimmten Situationen und Blickwinkeln", beeilt sie sich, in das entstandene Schweigen nachzuschieben. Die von ihr derart wahrgenommene Stimmung, so verspricht es Bramkamp, werde sie in Kreativität umwandeln und ähnlich dem Prager Schriftsteller auf künstlerische Weise zerlegen.

Bad Godesberg als ein gräulich-menschenfeindliches Dekor? Jedenfalls, das ist ihr sofort anzumerken, meint es die 35-Jährige alles andere als böse: Offen, freundlich und zuvorkommend, das sind die Attribute, die ihr spontan zu ihren neuen Mitbürgern in den Sinn kommen. Zugleich beobachte sie an den Bonnern eine gewisse Aufgeregtheit, die sich aber auch stets wieder schnell lege. "Vermutlich gehört das zum rheinischen Naturell", sagt sie.

In Bad Godesberg habe sie sich inzwischen eingelebt. Oft sieht man sie im Café Lindentraum an der Rüngsdorfer Straße sitzen, gern schlendert sie hinüber zur Kreativschmiede in der ehemaligen Bachschule, und das "Maternus" wurde unter ihrer regen Beteiligung zu einem beliebten Treffpunkt des ganzen Ensembles.

Das Neue, Aufstrebende in historischer, traditioneller Umgebung hat es ihr angetan. Ganz bewusst habe sich die Familie mit dem Villenviertel einen Wohnort gewählt, der die Wegstrecken zu den anderen Spielstätten in Bonn und Beuel verlängert. "Auf diese Art und Weise er-fahre ich meine neue Stadt", sagt sie. Neben den Hinterlassenschaften von Diplomaten und Bürokraten verfolge sie aufmerksam "die Herausforderungen, denen sich Bad Godesberg aufgrund der Migrationsproblematik gegenübersieht". Dies jedoch ausschließlich negativ zu konnotieren, komme für sie nicht infrage: "In einem weltpolitischen Schmelztiegel wie Bad Godesberg lässt sich vieles lernen - beispielsweise schärft sich der Blick für die Weltpolitik", so Bramkamp.

Inzwischen hat das Gespräch mit den Vertretern der Kammerspielfreunde Fahrt aufgenommen. "Einige sind angesichts der nahenden Spielzeit geradezu zappelig", beschreibt Vorstandsmitglied Elisabeth Einecke-Klövekorn die Stimmung unter den Stammgästen des Theaters. Dass auch auf der anderen Seite des Bühnenvorhangs zurzeit kein Anlass für Langeweile besteht, veranschaulicht Nicola Bramkamp ihren Gästen flugs an einigen Beispielen und gibt ihnen einen Vorgeschmack darauf, wohin die Reise unter ihrer Ägide konzeptionell geht.

Der authentischen Profilierung der verschiedenen Spielstätten etwa schreibt sie einen hohen Stellenwert zu, von einem schauspielerischen Gemischtwarenladen hält sie wenig. Die Kammerspiele will sie attraktiv für das junge studentische Publikum machen. Einen ersten Akzent setzt sie hier mit dem "begehbaren" Szenenstück "1913".

Angesichts des herzlichen Empfangs, den man ihr in Bonn bereitet habe, treibt sie aktuell eigentlich nur eine Sorge um: "Dass man uns die Vorschusslorbeeren wütend vom Kopf reißen könnte." Da aber mögen sie die Worte von Fördervereins-Vorsitzendem Kurt Tudyka beruhigen: "Wir wollen Sie", sagt er schmunzelnd, "nicht so fest umarmen, dass Sie am Ende erdrückt werden."

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