Aufgaben und Möglichkeiten der städtischen Wohnungsaufsicht Interview: "Schimmelbefall ist der Klassiker"

BONN · Eine Flüchtlingsfamilie in einer völlig verschimmelten Wohnung: In den Fall vom Heiderhof, über den der General-Anzeiger Ende Februar berichtete, hatte sich auch die Wohnungsaufsicht der Stadt Bonn eingeschaltet.

 Der Fall der Familie von Abdul Ba Abbad sorgte im Frühjahr für Aufsehen. Die Mietwohnung war völlig verschimmelt.

Der Fall der Familie von Abdul Ba Abbad sorgte im Frühjahr für Aufsehen. Die Mietwohnung war völlig verschimmelt.

Foto: Archiv

Der Vermieter stellte der Familie Ba Abad aus dem Jemen schließlich eine Ersatzwohnung zur Verfügung. Wenn es keine schnelle Lösung gibt und Vermieter ihre Wohnungen vernachlässigen, hat die Stadt mehr Einflussmöglichkeiten, seit der nordrhein-westfälische Landtag vor einem Jahr das Wohnungsaufsichtsgesetz verschärft hat. Die Kommunen in NRW können nun ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro verhängen oder Wohnungen für unbewohnbar erklären. Wer Mindeststandards nicht erfüllt, darf seine Wohnräume auch nicht vermieten. Über die Aufgaben der Wohnungsaufsicht sprach Bettina Köhl mit Sachgebietsleiter Marcus Stiefelhagen.

Warum wurde die Wohnungsaufsicht gestärkt?

Stiefelhagen: Man hat gesehen, dass es einige Investoren gab, die aus Sicht der Politik und der Verwaltung Objekte vernachlässigt und Instandhaltungsmaßnahmen nicht entsprechend durchgeführt habe. Der Landtag wollte die Kommunen stärken und ihnen Instrumente an die Hand geben, um aktiver auf die Eigentümer zuzugehen.

Es steht ja auch im Grundgesetz, dass Eigentum verpflichtet...

Stiefelhagen: Das geht aus Artikel 14 hervor. Mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz sollten die Kommunen ermächtigt werden, die Eigentümer stärker in die Pflicht zu nehmen.

Welche Vorteile bietet das Gesetz?

Stiefelhagen: Wir müssen nicht immer warten, bis wir etwas gemeldet bekommen, sondern können auch selbst aktiv werden.

Wer meldet sich selbst bei Ihnen?

Stiefelhagen: Der Klassiker ist die Schimmelproblematik, wenn Mieter auf uns zukommen und sagen: "Wir haben da ein Problem mit unserer Wohnung." Wir müssen dann prüfen: Ist es Schimmel, der aufgrund der Bausubstanz entsteht, oder wurde der Schimmel durch falsches Heizen und Lüften verursacht. Wir haben aktuell einen Fall, wo ein Beweissicherungsverfahren vor Gericht läuft. Gerade die Schimmelthematik ist sehr problematisch.

Warum gibt es so viele Probleme mit Schimmel?

Stiefelhagen: Es mag sein, dass die Leute am falschen Ende sparen, nachdem die Heizkosten derart angestiegen sind. Wir haben aber keine Zahlen, die das belegen.

Kommt es oft vor, dass man eine Wohnung betritt und sagt: Hier kann niemand mehr wohnen?

Stiefelhagen: Es ist schon vorgekommen, dass direkt eingegriffen werden musste. Ziel ist aber in der Regel, die Wohnung wieder mietfähig zu machen und nicht, die Wohnung für unbewohnbar zu erklären. Damit ist ja keinem geholfen. Die Stadt kann den Eigentümer in die Pflicht nehmen und ihn mit einer Instandsetzungsanordnung auffordern, Abhilfe zu schaffen. Wenn es sich tatsächlich um eine Wohnung handelt, die verwahrlost ist, prüfen wir, ob der Eigentümer Wohnungen hat, die er alternativ zur Verfügung stellen kann.

Die Wohnungsaufsicht bietet eine Ortsbesichtigung an, wenn Mieter Mängel in der Wohnung oder am Haus festgestellt haben und der Vermieter offensichtlich kein Interesse an der Beseitigung hat. Was gibt es außer Schimmel noch für Gründe, Sie einzuschalten?

Stiefelhagen: Es gibt Einzelfälle, wo längere Zeit eine Heizungsanlage ausfällt, vor allem im Winter, wo Aufzüge nicht funktionieren oder wo die Wohnung dauerhaft durchfeuchtet ist.

Was raten Sie den Mietern, wenn Mängel vorhanden sind?

Stiefelhagen: Man sollte den Mangel zunächst dem Vermieter anzeigen, am besten schriftlich, damit er Gelegenheit hat, ihn zu beseitigen. Man kann sich schon parallel an uns wenden. Meist reicht ein Schreiben von unserer Seite oder ein Anruf von uns als Stadt, und das Problem ist dann schnell gelöst. Es gibt aber auch Eigentümer, die schwer zu erreichen sind oder gar nicht reagieren.

Sind das vor allem die großen Wohnungsunternehmen?

Stiefelhagen: Da ist es vielleicht etwas langwieriger, wegen der Größe des Konzerns. Viele Unternehmen gehen aber mittlerweile wieder hin und richten Büros vor Ort ein. Wir haben es genauso gut mit einzelnen, privaten Vermietern zu tun, die auch schwer zu erreichen sind.

Ist das Thema Überbelegung von Schrottimmobilien in Bonn ein Problem? Hier greift ja ebenfalls das Wohnungsaufsichtsgesetz.

Stiefelhagen: Das Problem haben zum Beispiel eher die Ruhrgebietsstädte, die mehr mit Leerständen und den Folgen der Armutsmigration aus Osteuropa zu tun haben.

Anforderungen an Wohnraum

Wohnraum muss nach Wohnungsaufsichtsgesetz NRW über folgende Mindestausstattung verfügen:

  • ausreichend natürliches Licht und Belüftung
  • Schutz gegen Witterungseinflüsse und Feuchtigkeit
  • Anschluss von Energie-, Wasserversorgung und Entwässerung
  • Anschluss für eine Küche oder Kochnische
  • Feuerstätte oder Heizungsanlage
  • sanitäre Einrichtung

Diese Ausstattung muss funktionsfähig und nutzbar sein. Die Gemeinde kann Wohnraum für unbewohnbar erklären, wenn Anforderungen an die Mindestausstattung nicht erfüllt sind und auch nicht hergestellt werden können. Weitere Gründe wären, dass die Beseitigung von Missständen nicht angeordnet werden kann, oder dass erhebliche gesundheitliche Schäden für die Bewohner drohen.

Zur Person

Marcus Stiefelhagen (45) ist Sachgebietsleiter in der Abteilung für Wohnen. Er arbeitet seit 1990 bei der Stadt Bonn. Stiefelhagen wohnt in Sankt Augustin.

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