Gefährdete Art in Godesberg angesiedelt Hilfe für die Geburtshelferkröte

BAD GODESBERG · Biologische Station und Forstamt setzen im Kottenforst 600 Larven der Tiere aus. Aktion wird von der Europäischen Union finanziert.

 Biologin Anja Greins zeigt eine bereits ausgebildete KröteIn Gefangenschaft geschlüpft: Kurz nach der Metamorphose ist die Kröte zwei Zentimeter groß.

Biologin Anja Greins zeigt eine bereits ausgebildete KröteIn Gefangenschaft geschlüpft: Kurz nach der Metamorphose ist die Kröte zwei Zentimeter groß.

Foto: Barbara Frommann

Die Freiheit im Kottenforst schien den kleinen Neubürgern unheimlich. Und so schwammen die Larven der Geburtshelferkröte beim Versuch, sie in ihr künftiges Zuhause zu entlassen, aufgeregt in den Eimer zurück. Aber dann gab's kein Halten mehr und auf dem Gesicht von Peter Tröltzsch von der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft machte sich ein Lächeln breit.

Dank 3,3 Millionen Euro aus EU-Töpfen können die Biostation und das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft unter dem Titel „Villewälder“ Naturschutzmaßnahmen zum Erhalt und zur Förderung von Flora und Fauna durchführen. So wie die Aktion am Dienstag, die der Ansiedlung der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) diente, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten steht. „Es handelt sich hier um die letzte Population auf linksrheinischem Gebiet mit nur noch zwei rufenden Tieren“, betonte Tröltzsch. Erst wenn die Kröten rufen – und das eher vogel- als froschähnlich – sind sie geschlechtsreif.

Für den Wissenschaftlichen Mitarbeiter sind die Tiere einzigartig: Sie paaren sich an Land, das Weibchen übergibt die so genannten Laichschnüre an das Männchen, das sie vier Wochen lang um seine Fersen gebunden auf dem Rücken trägt. „Zum einen sind die Gelege dadurch sicher vor Fressfeinden, zum anderen sind die Geburtshelferkröten selbst kaum vom Wasser abhängig“, so Tröltzsch.

Statt wie beim Grasfrosch bis zu 4000 Eier pro Gelege gebe es bei diesen Kröten nur 40, was der Experte wie folgt umschreibt: „Klasse statt Masse.“ Nach dem Schlüpfen geht's für die ein Zentimeter großen Larven – auch Kaulquappen genannt – ins Wasser. Dort braucht es drei Monate bis zur Metamorphose, der Verwandlung in eine Kröte. Die Laichzeit reicht von April bis August, pro Saison hat ein Weibchen etwa vier Gelege.

Soweit die Theorie, in der Realität aber verschwinden die Tiere immer mehr aus den Wäldern. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass die Biostation das Revier wieder amphibientauglich gemacht hat“, sagte Biologe Klaus Striepen vom Regionalforstamt. Das Gewässer wurde ausgebaggert, Gehölz herausgefischt und an Land aufgeschichtet. „Die Geburtshelferkröte braucht Strukturen, in denen sie sich wohlfühlt“, so Tröltzsch. Einen wichtigen Part leistete zudem Biologin Anja Greins, die in mehreren Nächten in einer Tongrube in Wachtberg – genehmigt – 335 Larven einfing. Diese kamen zu einem Züchter, wo sie sich weiterentwickelten. Um auszuschließen, dass sie Träger eines Hautpilzes sind (siehe „Der Chytrid-Pilz“), wurden sie erhitzt und Greins nahm Proben: „Dafür habe ich mit einem Wattestäbchen über die Hornleisten am Mündchen gerieben.“ Bislang ist kein Tier befallen.

In diesem und im nächsten Jahr dürfen in sechs Gewässern des Kottenforsts jeweils nur 300 Kaulquappen ausgesetzt werden, weil man die Spenderpopulation im Ländchen nicht zu sehr schwächen will. In zwei Jahren hoffen die Beteiligten des 50 000-Euro-Projekts auf neue, rufende Kröten. „Bislang haben wir hier 125 Larven ausgebracht“, sagte Tröltzsch. 35 mehr als die möglichen 300 habe er in der Pipeline als Puffer wegen möglicher sterbender Tiere. Ein Vorteil der Geburtshelferkröte sei jedoch die geringe Mortalität. Klasse statt Masse eben.

Weitere Infos zu den Projekten unter www.villewaelder.de

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