GA-Serie „Ruhestand 4.0“ Godesberger Ehepaar musiziert seit 50 Jahren gemeinsam

Serie | Plittersdorf · Die Tage von Richard und Bärbel Grebert aus Plittersdorf sind künstlerisch, musikalisch und sportlich durchgetaktet. Auch die Corona-Krise kann den Einsatz der beiden für Seniorenheime nicht stoppen.

Bärbel und Richard Grebert musizieren seit mehr als 50 Jahren gemeinsam – meist für andere.

Bärbel und Richard Grebert musizieren seit mehr als 50 Jahren gemeinsam – meist für andere.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Wer nach einer Definition für das Wort „Unruhestand“ sucht, sollte sich mit Bärbel und Richard Grebert unterhalten. Egal ob Musik, Kunst, Krippenbau, Sport oder Reisen – ein Tag im Leben des Ehepaares müsste weit mehr als 24 Stunden haben, um sämtliche Hobbys, sämtliches Engagement unterzubringen.

Diese Vielfältigkeit spiegelt sich auch im Grebertschen Eigenheim in Plittersdorf wider. Schreibmaschinen aller Art und jeden Alters sind dort zum Beispiel zu finden, Kunstwerke von ihr zieren die Wände, auch Musikinstrumente dürfen nicht fehlen. Die sind es auch, die gerade während der Corona-Krise auch außerhalb Plittersdorfs für Freude gesorgt haben – und dies nach wie vor tun. Seit 1953 ist Richard Grebert im Bad Godesberger Posaunenchor aktiv, 1967 kam seine Ehefrau hinzu, die genau wie er Trompete spielt.

Damals waren Frauen im Posaunenchor eine Seltenheit

Ein Schritt, den die Ehefrau des damaligen Kantors ermöglicht hatte. Diese nämlich spielte „ausgezeichnet Posaune“, so der 82-Jährige. So hätten auch andere Frauen Zugang zum Posaunenchor erhalten. Denn: „Das war damals eine Sensation, dass auf einmal eine Frau mit in den Reihen saß“, erinnert sich Richard Grebert, der außerdem für den Heimatverein Stadtspaziergänge anbietet.

Aus dem gemeinsamen Engagement im Posaunenchor entwickelte sich schnell ein gemeinsames Musizieren im Duett. Die ehemalige Stadtverordnete Elisabeth Gies holte die beiden Trompeter ins Haus Emmaus, wo sie regelmäßig spielten. Andere Seniorenheime folgten. Und die Tradition blieb. Selbst in der Corona-Krise.

 „Als die Heime gesperrt wurden, waren wir erst einmal raus“, sagt Richard Grebert. Man habe umgedacht – und den Einrichtungen das Angebot gemacht, eine halbe Stunde auf der Wiese vor den Gebäuden zu spielen. „Wer liegen muss, wird ans Fenster gebracht, die anderen kommen selbst dorthin“, beschreibt Bärbel Grebert. Viermal pro Woche spielten sie vor insgesamt acht Einrichtungen. „Das setzt viel üben voraus“, so die 81-Jährige, die aus der Mark Brandenburg stammt und 1946 nach Beuel kam. Täglich.

Einmal spielten sie auch an einem Totenbett

Aus den Jahren des musikalischen Engagements gibt es zahlreiche Anekdoten. Zum Beispiel im Haus am Redoutenpark. Dort sollten sie zu einem 100. Geburtstag spielen. Dabei erfuhren sie, dass der Zimmernachbar des Jubilars verstorben war. „Wir haben dann dessen Tochter gefragt, ob wir auch für ihn spielen dürfen“, beschreibt das Ehepaar.

Sie sagte „Ja“. Das Trompeten-Duo trat an das Bett, in dem der Verstorbene lag und auf dem seine Tochter saß – und spielte. „Das war das Beeindruckendste“, stellt der 82-Jährige fest. Und was war das Lustigste? „Das war im Johanniterhaus an der Beethovenallee“, erzählt Bärbel Grebert. Mit einem Sextett sei man aufgetreten, alle waren begeistert. „Und dann sagte ein Rollstuhlfahrer: Jetzt ist es aber auch genug“, sagt die 81-Jährige.

In den Seniorenheimen (und anderen Einrichtungen) sind die Greberts außerhalb von Corona-Zeiten auch mit anderen Dingen präsent. Zum Beispiel mit ihren Dia-Vorträgen, in denen sie von ihren Reisen berichten. Bevorzugt sind beide auf dem Wasser unterwegs – in einem Boot, einem Zweier, um genau zu sein. Norwegen, Grönland, die Schweizer Alpen bis Holland: Die Liste ist lang, Lichtbilder sind ausreichend vorhanden. Auch die deutschen Flüsse haben sie quasi alle erpaddelt. Und dabei den Grundstein für ein weiteres „Hobby“ gelegt: Die Schwemmholzkrippe, die jedes Jahr in der Christuskirche zu sehen ist.

Ehepaar hat die Schwemmholzkrippe in der Christuskirche gestaltet

Jede Figur, jede Bühne, jeder Kieselstein stammt aus dem Rhein. Es begann Mitte der 1990er Jahre. Damals begann das Ehepaar, bei seinen Paddeltouren interessant geformtes Schwemmholz aufzusammeln. Als ein Teil, das sie bei einer Pause auf der Insel Nonnenwerth fanden, die beiden an einen stehenden Verkündigungsengel erinnerte, „kam uns der Gedanke, Holz für eine Krippe zu sammeln“. Vor allem auf der Strecke zwischen Remagen und der Rheinaue wurden die Greberts fündig. Wichtig ist den beiden, dass die Herkunft des Holzes erkennbar bleibt. Lediglich die Heilige Familie wurde in Form geschnitzt.

Mittlerweile ist die Krippe (fast) vollständig. Lediglich ein Hund fehlt noch. Den zu finden haben sich der ehemalige Außendienstler und die frühere Post-Mitarbeiterin zur Aufgabe gemacht. Dann aber ist Schluss. Denn: „Wir dürfen nichts mehr sammeln, das Haus platzt fast“, sagt der gebürtige Plittersdorfer.

Mit diesem Teil endet unsere Serie Ruhestand 4.0. Ab dem 13. Juli geht es um die Herzstücke der Veedel: die Kioske.

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