Bad Godesberger Sicherheitskonferenz Geschäftsleute: Lage hat sich entspannt

BAD GODESBERG · Das wirksamste Mittel gegen Kriminalität dürften neben menschlichem Wohlverhalten zweifellos Erfolge der Ordnungshüter sein. Solche konnte Polizeidirektor Dieter Weigel gleich zu Beginn der Sicherheitskonferenz für Bad Godesberg vermelden

 Sogenannte Angsträume, wie hier in der Bahnhofsunterführung, sorgen in Bad Godesberg wie auch in anderen Städten dafür, dass sich Bürger unsicher und sogar bedroht fühlen.

Sogenannte Angsträume, wie hier in der Bahnhofsunterführung, sorgen in Bad Godesberg wie auch in anderen Städten dafür, dass sich Bürger unsicher und sogar bedroht fühlen.

Foto: Ronald Friese (Archiv)

Es sei der Polizei kürzlich gelungen, eine 30-köpfige Tätergruppe zu identifizieren, der auch eine Serie von Raubüberfällen in Bad Godesberg zuzuordnen sei. Teilweise seien die Täter bereits auch schon zu Haftstrafen verurteilt worden, teilte der Leiter der Polizeiinspektion II am Mittwochabend mit.

Die Zahl der Raubüberfälle habe sich in Bad Godesberg seitdem "stark rückläufig" entwickelt. Derweil stagnierten die Einbrüche in Bonns südlichem Stadtbezirk zurzeit auf "hohem Niveau". Sehr häufig komme es zurzeit gerade in der Innenstadt zu professionellen Taschendiebstählen, ergänzte Günter Volk, Leiter der Godesberger Wache. Einen Rückgang verzeichne die Polizei zuletzt bei den Geschäftseinbrüchen.

So weit die polizeiliche Grundlage für die zweistündige Veranstaltung, die dann vor allem den Bürgern und ihren Wortbeiträgen gehörte, und die durchweg von Sachlichkeit, aber auch von teilweise sehr kontroversen Ansichten geprägt war.

Knapp über 100 Zuhörer - und damit mehr als bei den vorangegangenen Stadtteilkonferenzen in Beuel und Hardtberg zusammen - waren in der Stadthalle erschienen. Acht Vertreter von Polizei, Stadt und Gewerbe hatten als Experten auf dem Podium Platz genommen und ließen den meisten Wortmeldungen auch eine Antwort folgen.

  • Polizeiarbeit: "Scheuen Sie sich nicht, sofort die 110 zu wählen", appellierten die Vertreter der Polizei sowohl an die Godesberger, die konkret über nächtlichen Vandalismus vor ihrer Tür klagten, als auch an jene Bürger, denen die von ihnen beobachtete "permanente Missachtung" des Durchfahrtverbots auf der Koblenzer Straße ein Dorn im Auge ist. Kritik erntete die Polizei von einem Schülersprecher des Aloisiuskollegs, dessen Schüler im vergangenen Herbst vermehrt Opfer von Raubüberfällen geworden waren: Zunächst sei bei Notrufen keine Streife verfügbar gewesen, dann habe man zwar eine feste Streife positioniert - "allerdings zur völlig falschen Tageszeit", sagte der Jugendliche.
  • Ordnungsdienste: Einmütig lobten Stadtmarketing-Chefin Brigitte Grüll, die Vertreter der Polizei und Harald Borchert als Leiter des Stadtordnungsdienstes die effektive Zusammenarbeit der in Bad Godesberg aktiven staatlichen und privaten Streifen, welche täglich und eng miteinander kooperierten: "Wer etwas Böses im Schilde führt, kann inzwischen damit rechnen, erwischt zu werden", sagte Brigitte Grüll. Aus Sicht der Geschäftsleute habe sich die Situation deutlich entspannt. Den städtischen Ordnungsdienst hätten inzwischen auch andere Stadtbezirke wie der Hardtberg für sich entdeckt, berichtete Borchert.
  • Videoüberwachung: Der Forderung mehrerer Redner nach der Überwachung "neuralgischer" Plätze mit Videokameras begegnete Harald Borchert mit rechtlichen Bedenken und rief damit eine Reihe von Hinweisen auf "doch ohnehin vorhandene" Webcams und Kameras wie etwa in U-Bahnhöfen hervor. "Wenn wir die Freiheit der Sicherheit opfern, werden wir beides verlieren", konstatierte hingegen ein weiterer Zuhörer in Anlehnung an Benjamin Franklin.
  • Jugendarbeit: Martin Herkt und Marion Renkes vom Jugendamt skizzierten die Schwerpunkte mit besonders frühzeitiger Präventionsarbeit, bedarfsgerechten Angeboten beim Freizeitangebot und einer intensiven Vernetzung in den Stadtteilen mit Kennern der Jugendarbeit und -szene vor Ort, der Polizei und der Bezirksverwaltungsstelle. "Wenn wir die Probleme frühzeitig erkennen, können wir sie auch frühzeitig abwenden", so Herkt. Er wehrte sich zudem, "die Jugend" zu kriminalisieren: "Das Gros unserer Jugendlichen ist unproblematisch".
  • Erscheinungsbild: Dass die thematischen Grenzen zwischen Fragen der Sicherheit und des Stadtbildes mitunter verschwimmen, bestätigte Michael Isselmann als Leiter des Stadtplanungsamtes: "Wir arbeiten seit acht Jahren eng mit der Polizei zusammen, um mit unserer Arbeit Angsträume zu vermeiden", sagte er. Das Ergebnis dürfe jedoch nicht sein, dass in der Stadt keine Sträucher mehr gepflanzt werden. Niemand traue sich, hart gegen Schmierereien durchzugreifen, kritisierte ein Zuhörer. Ein anderer rief dazu auf, Sprayer offensiv und mutig anzuzeigen und wurde darin von Weigel bestärkt: Er plädierte entschieden für die Praxis des konkreten Täter-Opfer-Ausgleichs: Wer einmal 80 Graffiti entfernen musste, werde sich das Sprühen beim nächsten Mal überlegen, meinte er.
  • Persönliches Empfinden: "Ich habe noch nie in Bad Godesberg Angst gehabt und kann nur von schnellen, freundlichen und hilfsbereiten Polizisten berichten", sagte ein Teilnehmer. Sie fühle sich "gut beschützt", und Bad Godesberg sei eine "tolle Stadt", bemerkte eine Geschäftsfrau. "Das war sie, bis sie von Bonn eingemeindet wurde", entgegnete ein anderer. "Es sei eben immer die Frage, womit man sich vergleicht", gab ein Vierter zu bedenken.
  • Er selbst habe sich vor 30 Jahren als Jugendlicher in Bad Godesberg stets ohne Angst bewegen können und sei bedrückt zu hören, dass es den Godesberger Jugendlichen heute offenbar anders gehe, sagte er. Ihr erschienen oftmals die Bad Godesberger als diejenigen, die ihre Stadt am Schlechtesten reden, bemerkte eine Dame, die als - zugezogene - Immobilienhändlerin zu erkennen gab und von glücklichen Kunden zu berichten wusste, die in Godesberg heimisch geworden seien.

Bezirksbürgermeisterin Annette Schwolen-Flümann, die den Abend moderierte, dankte ihr für diesen Beitrag. Der ebenfalls geäußerten Sorge "vor einer Überfremdung angesichts vermehrt auftretender vollverschleierter Frauen" im Godesberger Stadtbild hingegen trat Schwolen-Flümann mit dem Appell zu gelassener rheinischer Gastfreundschaft und dem Verweis auf die zahlreichen und intensiven Integrationsbemühungen im Stadtbezirk entgegen.

Gelassen zeigte sich die Bezirksbürgermeisterin auch bei einer ersten Einschätzung vor dem Heimweg. Annette Schwolen-Flümann: "Die Sicherheitsdiskussion wurde heute Abend ein weiteres Stück versachlicht, das war ein guter Abend für Bad Godesberg".

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