Schwerlaster auf Schienen Gelber Gigant erneuert Bahntrasse zwischen Mehlem und Hauptbahnhof

BAD GODESBERG · Mit 40 Metern pro Stunde schleicht derzeit ein Schwerlaster auf Schienen in Richtung Bonner Hauptbahnhof. 1500 Meter lang ist der gelbe Koloss. Das riesige Gerät im Schneckentempo arbeitet im Auftrag der Deutschen Bahn AG. Denn diese erneuert bis Ende Mai die Gleise zwischen Mehlem und dem Hauptbahnhof.

Für die meisten Anwohner in der Nähe der Bahntrasse sind vor allem das schrille Alarmsignal und der Krach des kantigen Giganten das charakteristische Zeichen für die Arbeiten. Schrillt am Gleisübergang Kappellenweg die Sirene, ist sie an der Bastei in Godesberg noch gut zu hören. Aber ohne Alarm geht es nicht. Denn dieser kündigt einen herannahenden Zug an, so dass sich die Arbeiter rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Etwa alle 15 Minuten ist das der Fall, 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche.

"Aber wir müssen die Gleise erneuern", beteuert Miroslaw Radacz, Leitender Baubewacher Bahn. "Die Züge müssen fahren und wir müssen bauen können. Das ist ein Balanceakt." Es sei schon gut, dass die Arbeiten nur ein Gleis blockieren würden und so der Personennahverkehr auf Schienen halbwegs normal laufen könne.

"Wir haben die Fahrpläne den Maßnahmen angepasst", berichtet er. "Früher waren wir gezwungen, für solche Instandsetzungen mindestens zwei Gleise zu nutzen." Für die Bonner Strecke würde das bedeuten, dass kein Zug zwischen Bonn und Mehlem fahren würde, da manche Abschnitte eben nur über zwei Gleise verfügen. Bei einer Anzahl von rund 300 Fahrten täglich würde eine komplette Sperrung enorme Ausfälle bedeuten.

[kein Linktext vorhanden]Etwa alle 25 Jahre seien solche Instandsetzungen, wie sie derzeit auf der Pendlerroute entlang des Rheins passieren, nötig. In sechs Abschnitte unterteilte die Bahn die nötigen Maßnahmen auf dem Stadtgebiet. Abschnitt eins am Mehlemer Bahnhof, bei dem Gleis drei erneuert wurde, ist bereits abgeschlossen.

Nun entfernt der Gigant im Abschnitt zwei zwischen Mehlem und dem Godesberger Bahnhof in einem Rutsch den charakteristischen schwarzen Schotter der Trasse, hebt dafür die Bahnschwellen und Gleise an, um dann den etwa 50 Zentimeter hohen Freiraum zwischen Unterboden und Gleis mit einer sogenannten Planungsschutzschicht (PSS) neu aufzufüllen. Die PSS sorge dafür, dass weniger Sickerwasser in den Boden eindringe. Außerdem wird der Boden angeschrägt, so dass Regen seitlich abfließen könne. Dadurch könne Frost den Untergrund weniger schädigen als bisher, erklärt der Baubewacher.

Zwischen Unterboden und PSS verlegt das Universalgerät zusätzlich Geotextil, eine Art Vlies, um die beiden Schichten zu trennen. Dann kommt wieder Schotter drauf sowie neue Schwellen und Gleise. Letztere werden allerdings erst ausgetauscht, wenn die Trasse bereits erneuert ist. Denn die Maschine bewegt sich auf den Gleisen fort. "Wir könnten die Gleise auch sofort weg machen, aber dann bräuchten wir wieder beide Gleise, um zu arbeiten", erklärt Radacz.

So transportieren Förderbänder auf den Waggons des Schwerlasters das alte Material weg und bringen neues. Die neue ockergelbe PSS und der neue graue Schotter kommen aus Mehlem, die alten Werkstoffe werden nach Hürth zum Entsorger gebracht. Alles über Schienen. Alleine für die etwa drei Kilometer lange Strecke des Abschnitts zwei werden 12.000 Tonnen Schotter, 4000 Tonnen PSS und 5000 Tonnen Schwellen verwendet. Das Investitionsvolumen dort beträgt 8,2 Millionen Euro. Geld, dass Radacz verwaltet. Denn in seinen Aufgabenbereich fallen nicht nur die tägliche Kontrolle der Arbeiten, sondern auch die Übersicht über die Kosten und das Schreiben von Rechnungen. Insgesamt investiert die Bahn in die Infrastruktur in Bonn 16 Millionen Euro.

Derzeit ist der 38-jährige Baubewacher nur für eine Baustelle der Deutschen Bahn verantwortlich. Normalerweise sei er aber für mehrere gleichzeitig zuständig. Doch in Anbetracht des Investitionsvolumens und der umfangreichen Maßnahmen, kümmere er sich bis zu seinem Abschluss nur um das Bonner Projekt. Mit dem bisherigen Ablauf ist er zufrieden. "Keine größeren Vorkommnisse", beantwortet er knapp Fragen nach Zwischenfällen. Auch der Zeitplan stimme.

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