Denkmalschutz am Godesberger Bahnhof Einige Rosetten sind gerettet

BAD GODESBERG · Die Denkmalpfleger haben beim Umbau des Godesberger Bahnhofs zwar ein Wörtchen mitzureden. Die historischen Handläufe und die Rosetten, die die Befestigung der Geländer schmücken, werden trotzdem mit abgerissen. Sie seien in der Breite nicht mehr regelkonform, hatte ein Vertreter der Deutschen Bahn schon vor einem Jahr in der Bezirksvertretung angekündigt.

 Weil Schmuckelemente und Geländer verschweißt sind, muss Klaus Thull im Godesberger Bahnhof ein Stemmeisen ansetzen.

Weil Schmuckelemente und Geländer verschweißt sind, muss Klaus Thull im Godesberger Bahnhof ein Stemmeisen ansetzen.

Foto: Monica Perne

Der entsprechende Bericht im GA rief Klaus Thull auf den Plan, der an der Bonner Straße den Antikhandel "Holzwurm und Blattlaus" betreibt. Mit dem Auge fürs Kleine, dem Sinn fürs Feine, kräftigen Armen und Händen machte Thull sich zu Beginn der Bauarbeiten im Bahnhof an die Rettung der Schmuckrosetten.

Über das Bahnhofsmanagement in Bonn und das zuständige Ingenieurbüro in Koblenz kam Thull an die beauftragte Baufirma, die sich durchaus "anerkennend und kooperativ" gezeigt habe. Jeden zweiten Tag ging Thull zur Baustelle, um den besten Zeitpunkt für die Demontage abzupassen. Doch vergebens. Seine Bemühungen scheiterten zunächst am Zeitdruck auf der Baustelle - und an der damaligen Wertarbeit. Die Vierkanteisen, an denen die Rosetten verschweißt sind, konnten nicht aus den Basaltblöcken entfernt werden und wurden mit diesen großteils Opfer der Abrissarbeiten.

Einige befanden sich noch an Ort und Stelle, und diesen rückte Thull mit Stemmeisen und Hammer, auf Schutt balancierend, zu Leibe. "Weiß man, ob Sisyphus vielleicht nicht doch ein glücklicher Mensch war?", kommentierte er seine kraftaufreibenden Bemühungen. Er hegte die Hoffnung, insgesamt an die 60 Rosetten retten zu können. Mit den restaurierten, dekorativen Elementen habe er sich einen Fries in einem modernen Bau vorstellen können, sagte Thull.

Der Experte für historische Baustoffe bezeichnet sich selbst als "Kümmerer". Er kümmere sich um Dinge, um Menschen und um seine Kunden. Er ist sicher, dass die wenigen Rosetten, die er retten konnte, bestimmt Liebhaber finden werden. Menschen die vielleicht täglich an ihnen vorbeigelaufen seien, ohne sie wahrgenommen zu haben, sich nun aber zu Hause an ihnen erfreuen könnten, ergänzte Thull.

Sein Fundus im Betrieb an der Bonner Straße ist eine für das ungeschulte Auge unüberschaubare Ansammlung alter Objekte und Gegenstände, die einer neuen Bestimmung harren. In Abrisshäusern und zur Renovierung freigegebenen Gebäuden findet Thull Fenster, Treppenstufen, Metallgitter, Holzrollladen und Reklamebuchstaben, bis hin zu kleinen Metallköpfen, die anno dazumal als Halterung für Fensterläden dienten.

Kurz: alles, was Charme und Geschichte hat. Konzentriert hört er den Wünschen seiner Kunden zu, um sie dann aufzufordern: "Mal kurz folgen." Und was folgt, ist ein Gang durch seine schier grenzenlose Sammlung. Er kennt jede Einzelne seiner allein fast 400 alten Türen. Und dann folgen seine Vorschläge: eine ausgediente Regenrinne als Kabelkanal, Holzbänke als Küchenregale. Thull gehört zu den Menschen, die aus ihrer Leidenschaft ihren Beruf machen konnten. Manchmal braucht er dafür die Brechstange.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort