Restaurant wird zur Lesebühne Einblick in die Welt der Godesberger Gastronomen

Bad Godesberg · Ein Godesberger Restaurant wird seit Oktober regelmäßig zur Lesebühne und das mit wachsendem Erfolg.

 Restaurantbesitzer, Koch und Maler Leo Raciti in seinem Lokal "Mercato".

Restaurantbesitzer, Koch und Maler Leo Raciti in seinem Lokal "Mercato".

Foto: Dennis Sennekamp

Inhaber Leonardo Raciti lädt gemeinsam mit dem Autor Kalle Kubik Schauspieler und Autoren ins „Mercato“ an der Rüngsdorfer Straße ein. Dabei muss es nicht immer ums Kochen gehen, es kann aber Thema sein, wie am vergangenen Freitag.

„Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich liebe die Gastronomie. Verdammt, ich arbeite immer noch in der Gastronomie“, rief der Bonner Schauspieler Karsten Gaul mit seiner rauchigen Stimme ins Mikrofon und haute dabei mit einem großen Messer auf dem Tisch. So begann seine Lesung von selbst ausgewählten Passagen aus Antony Bourdains „Geständnisse eines Küchenchefs. Was Sie über Restaurants nie wissen wollten“.

„Freitagabend bei Leo“ heißt die Lesereihe, die Raciti im zweiwöchigen Rhythmus veranstaltet. Alles begann, als der Godesberger Autor Kalle Kubik ins „Mercato“ kam, um dort an seinem neuen pornographischen Roman „Kurt“ zu arbeiten. Raciti, der selbst lieber zum Pinsel greift, sprach ihn an und die beiden Künstler fanden schnell eine gemeinsame Idee. Sie hatten das „Bedürfnis nach der Inszenierung von lebendigen Leseabenden“, sagte Kubik. Am 6. Oktober war Premiere, seitdem wird das Restaurant regelmäßig zur Lesebühne. Das Publikum sitzt an Tischen, es werden Weine und italienische Speisen serviert. Termine gibt es bis März. Aufgrund des Erfolgs denken die Initiatoren aber schon über eine zweite Staffel nach.

Bekannt in der Bonner Gastronomieszene

In der Bonner Gastronomieszene ist Raciti bekannt: Er führte das „Casa del Gatto“ am Kaiserplatz und das „Havanna“ in Poppelsdorf. In Rüngsdorf betreibt er das „Vitus“ und eröffnete mit dem „Mercato“ im ehemaligen Lebensmittelmarkt Kilian einen zweiten Godesberger Standort. Stammgäste schätzen dort die besondere Atmosphäre, die sich auch für Kulturveranstaltungen eignet. Restaurant und Atelier gehen ineinander über. Im Scheinwerferlicht hängen aufgespannte Regenschirme und bunte Gemälde, dazwischen präsentiert der Gastronom seine Weine. Die Besucher nehmen auf einem Mix verschiedener Stühle Platz und essen in kreativer Atmosphäre.

Gaul entführte die Hörer in die Welt der Gastronomen und Köche: Mit seiner lebhafter Darstellung konnten sich nach kurzer Zeit seine Hörer eine Szenerie in einer New Yorker Küche mit Schlachtfeld-Atmosphäre vorstellen. „Köche sind wie eine Piratencrew, die Meister der Messer“, gab Gaul seinem Publikum zu verstehen. Spätestens nachdem der Schauspieler die Titelmelodie zum Film „Apocalypse Now“ von der Band „The Doors“ abspielte, befanden sich die Hörer mitten in der Apokalypse der Köche: laut, chaotisch und mit vielen scharfen Messern.

Den Gastronomen aus Bourdains Buch graut es vor allem vor dem Betrieb am Freitagabend. Sie rächen sich bei ihren Gästen mit altem Brot von anderen Tischen und Lebensmitteln von zweifelhafter Qualität. „Montags niemals Fisch bestellen – vor allem nicht in Tribeca, New York! Dieser ist nämlich schon vier Tage alt“, zitierte der Vorleser den Küchenchef Bourdain. Fluchen, zehn Zigaretten pro Schicht rauchen, dilettantische Kellner, Punk-Musik beim Kochen und durcheinander geratene Lebensmittelbestellungen – das sei der ganz normale Wahnsinn in einem New Yorker Restaurant. Außerdem hätten die besten Souschefs eine kriminelle Ader, indem sie ihre Kollegen für den Chefkoch bespitzeln. Dazu beschoss Gaul seine Hörer immer wieder mit französischen Fachbegriffen aus der Gastronomie.

Gast Klaus Thurn war besonders angetan von Gauls Performance, was er ihm in der Pause auch persönlich sagte. „Amerikaner sind direkt, den Ton hat er genau getroffen. Ich fühlte mich wieder nach New York versetzt, da ich dort in den 80er Jahren auch gelebt habe. Es war genial!“, lobte Thurn.

Zum Repertoire von Schauspieler Karsten Gaul gehört der Text schon seit 2004. „Er eignet sich natürlich besonders gut für ein Restaurant“, sagte er.

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