Hans Knieps Ein Mehlemer Jung erinnert sich

MEHLEM · Sein Kinderwagen habe Millionen, wenig später dann Milliarden Mark gekostet, erzählt Hans Knieps mit Blick auf die Jahre der Inflation. Vor weinigen Tagen hat der Mehlemer seinen 90. Geburtstag gefeiert. Anlass auch für ihn, auf ein erlebnisreiches Leben zurückzublicken. Und das ist bis heute eng mit den Mehlemer Ringsdorff-Werken, heute SGL Carbon, verbunden.

 Hans Knieps präsentiert alte Fotos und Artikel.

Hans Knieps präsentiert alte Fotos und Artikel.

Foto: Friese

In einem dicken Erinnerungsalbum bewahrt Knieps so manchen Schatz auf, darunter auch zahlreiche Ringsdorff-Artikel des General-Anzeigers, den er seit dem Krieg abonniert hat. So ist auf einem leicht vergilbten Schriftstück nachzulesen, dass er am 13. April 1938 in den Betrieb eingetreten ist und bald darauf Kolonnenführer und Vorarbeiter, später dann Obermeister in der Abteilung Ringdreherei wurde. Als solcher bezog er 1953 das Tarifgehalt in Höhe von 409 Deutschen Mark - brutto, versteht sich. Ein Flugticket erinnert an eine Dienstreise nach West-Berlin.

In Mehlem hat der gebürtige Kölner seine Kindheit und Jugend verbracht und besuchte die Volksschule, in der sich heute die Französische Schule befindet. Gemeinsam mit den Eltern und sieben Geschwistern bewohnte er zunächst ein Bauernhaus an der Meckenheimer Straße, an der sich damals zahlreiche Handwerksbetriebe niedergelassen hatten. "Das war die schönste Zeit meines Lebens. Auch Mehlem war damals ein wunderschönes Dorf mit vielen einfachen und einigen wenigen reichen Leuten wie den Schnitzlers und Camphausens. Prächtige Obstgärten mit Pfirsichen prägten das Bild", erinnert sich der 90-Jährige, dem eine Einberufung in den Zweiten Weltkrieg aufgrund einer Gehbehinderung erspart geblieben war. Statt dessen musste er in jener Zeit auch samstags und sonntags ins Werk, um dort Dichtungsringe und Lager für Schiffsschrauben zu fertigen. Lebhaft erinnert er sich auch an das Rheinische Sängerfest und das Hochwasser in den 30er Jahren.

Nun will Hans Knieps bald aus seiner Wohnung an der Giselherstraße ausziehen. Es zieht ihn in die Gesellschaft der Bewohner des Hauses Steinbach an der Rüdigerstraße. "Dort stehe ich auf der Warteliste, kann mich jedoch nicht recht mit dem Gedanken anfreunden, dass für meinen Einzug erst jemand sterben muss", sagt er.

Dass die Jugend heute erneut unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen aufwachse, bedrückt ihn. "Ich hoffe trotzdem, dass uns Frieden und wenigstens etwas Wohlstand erhalten bleiben", sagt Knieps. Und wie beurteilt er mit der ganzen Lebenserfahrung eines 90-Jährigen den laufenden Wahlkampf und die anstehende Bundestagswahl? "An der Großwetterlage bin ich immer interessiert gewesen, aber das politische Klein-Klein war noch nie mein Fall."

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