Flohmarkt an der Rigal'schen Wiese Das Kitschigste geht immer zuerst weg

BAD GODESBERG · Sieben Bananenkisten mit Büchern hat Familie Grosse angeschleppt. Darunter Veröffentlichungen über Baukunst, alte Reiseführer und einen dicken Ledereinband, der von weiblichen Geschlechtskrankheiten handelt. "Es sind eher spezielle Bücher, die wir mitgenommen haben", sagte Vater Fritz Grosse.

 Familie Grosse verkauft vor allem ausgemusterte Bücher, auch Onkel Jörg (Mitte) hilft dabei.

Familie Grosse verkauft vor allem ausgemusterte Bücher, auch Onkel Jörg (Mitte) hilft dabei.

Foto: Nicolas Ottersbach

Einmal im Jahr misten sie Regale und Keller aus, um Platz zu schaffen. Dieses Mal ging es auf den Flohmarkt an der Rigal'schen Wiese in Bad Godesberg. Neben Frau Hilla, Sohn Hans und Tochter Margarete ist auch Onkel Jörg mitgekommen. Während Fritz Grosse sich recht gefasst von seinen Büchern trennte, hatte Margarete Tränen in den Augen, als sie ihren Schulranzen über den Tapeziertisch Fremden in die Hand drückte.

"Der hat mich schließlich vier Jahre lang treu begleitet", sagte sie. Aber nun habe jemand anderes viel Spaß damit. Vor allem jetzt zum Schulanfang. Den Grosses geht es beim Flohmarkt nicht um das Geld, das am Ende in der Kasse landet. Es soll ein schönes Erlebnis für die Familie sein.

Für Brigitte Grüll vom Veranstalter Bad Godesberger Stadtmarketing macht genau das den Familien- und Freizeitflohmarkt in der "kleinen Rheinaue" aus. "Den Besuchern und Verkäufern muss es Spaß machen", sagte die Vereinsvorsitzende. Seit 2008 lädt das Stadtmarketing auf die Wiese ein, vorher war der Flohmarkt, den es zweimal im Jahr gab, in städtischer Hand und Teil der Pfingst- und Oktoberkirmes.

"Heute ist er mehr Ferienfreizeit", so Grüll. Deshalb nutzt auch sie ihn, um mit Bekannten und Freunden Überflüssiges aus dem Haushalt loszuwerden. Diesmal stammte vieles aus dem Nachlass einer Freundin, die vor kurzem verstorben ist. "Sicherlich wird sich jemand daran erfreuen", sagte sie. Ein Phänomen hat Grüll über die Jahre festgestellt: Die kitschigsten Sachen werden immer zuerst verkauft. Manches ist aber so speziell, dass es bis zum Schluss keinen neuen Besitzer findet.

So stehen an anderen Ständen fein säuberlich aufgereihte Legomännchen neben Aufnähern alter Bundeswehr-Trainingsanzüge, liegen selbst gestrickte Socken auf einem Bild von David Hasselhoff. Vielleicht lag die fehlende Kauflust auch am Wetter. Waren die Stände in guten Jahren auf der gesamten Rigal'schen Wiese ausgebreitet, verkauften die Leute gestern ausschließlich auf dem Gehweg. Rund hundert ausschließlich private Entrümpler zählte das Stadtmarketing.

Mit den Besuchern war Grüll zufrieden: Viele kamen spontan, als es entgegen der Vorhersage nicht regnete. Für regen Verkehr sorgte der Zirkus, der am Vormittag seine Manege geöffnet hatte. "Besuchen sie doch mal den Flohmarkt", riet der Direktor seinen Gästen. So schlenderten viele nach der Zirkusshow um das Gelände, ohne auf ein Schnäppchen aus zu sein.

Aber auch wer einen eigenen Stand hatte, schaute sich um. Wie die 17-jährige Ronja, die auch im Auftrag ihrer Eltern Altes verkaufte. Wie hoch der Preis für Münzen, Feuerzeuge und Puppen sein sollte, hatte sie schon vorher im Internet recherchiert. "Ich muss beim Handeln doch den Wert kennen", sagte sie. Manchmal war das aber egal. Der Flohmarkt sollte ja Spaß machen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort