Pfarrer in Wachtberg „Das Katholisch-Sein verändert sich“

Wachberg · Pfarrer Michael Hoßdorf ist seit einem Jahr in Berkum. Er möchte nicht Chef, sondern Seelsorger sein. Die Zahl der Messe-Besucher liegt in Wachtberg unter dem Bistumsdurchschnitt.

Es waren einige Umwege, die Pfarrer Michael Hoßdorf vor einem Jahr nach Wachtberg geführt haben. „Als ich mit der Schule fertig war, war klar: Ich will Priester werden“, sagt der heute 52-Jährige. Seine Mutter fand aber, er solle erst „was Ordentliches“ lernen. Daraus wurde eine Bankkarriere. Nach der Lehre studierte Hoßdorf außerdem berufsbegleitend Theologie. Sein Vorbild war der Pfarrer, mit dem er in Odenthal zusammenarbeitete. „Der konnte mit Menschen umgehen, der konnte predigen, organisieren und die Lehre klar verkündigen.“ Es waren große Fußstapfen, die dem jungen Theologiestudenten zu groß erschienen. Er entschied, statt Pfarrer Diakon zu werden.

Als er 1991 geweiht werden sollte, sagte er zum damaligen Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meißner ganz ehrlich: „Ich fühle mich zum Priester berufen.“ Hoßdorf wusste, dass Meißner darin einen anderen Weg sah, aber er wollte seinen Bischof auch nicht anlügen. Meißner weihte ihn trotzdem und sagte: „Danach schauen wir weiter.“

Knapp zwei Jahrzehnte später gab Hoßdorf schließlich Bankjob und Eigentumswohnung auf und ging 2010 ins Priesterseminar nach Köln. „Es hat immer in mir gearbeitet. Ich wusste, ich muss diesen Weg gehen“, erklärt er. Es muss ein besonderer Moment gewesen sein, als Michael Hoßdorf bei der Priesterweihe seine Hände in die des Bischofs legte. Statt ihm wie den anderen Priestern Mut zuzusprechen, sagte Meißner nach einer Pause: „Jetzt sind wir beide am Ziel.“ Hoßdof betrachtet sich nicht als Spätberufener – der Weg habe nur seine Zeit gebraucht.

20 Jahre Banker

Als Banker wäre er wohl nicht in Wachtberg gelandet, die Kirche hat ihm auch beim Umzug ins Ländchen die Richtung gewiesen. Seine Gemeinde St. Marien besteht aus ehemals sechs Gemeinden, die 2010 fusionierten. „Auf lange Sicht werden wir uns in der Zahl verringern“, weiß er. Der Pfarrer möchte deshalb kein Pfarrherr sein, kein Immobilienverwalter und Gemeindechef. Er möchte als Seelsorger mit den Menschen ins Gespräch kommen. Regelmäßig schaut er im Familienzentrum vorbei, auch die anderen Kindergärten besucht er regelmäßig. „Irgendwann kommen dann auch die Eltern und Erzieherinnen mit ihren Anliegen zu mir.“ Nach einem Jahr merkt Hoßdorf, dass eine „gewisse Bewegung einsetzt“: Menschen kämen auf ihn zu, die vorher nicht da gewesen seien.

In den Gottesdiensten in der Kirche St. Maria Rosenkranzkönigin in Berkum probiert er Neues aus, zum Beispiel eine „Nacht der Lichter“ mit Gesängen aus Taizé. „Ich will nicht alles umkrempeln. In den Dörfern bleiben die Messen eher klassisch“, sagt der Pfarrer, der nach einer Übergangszeit im Dezember 2016 Nachfolger von Hermann Josef Zeyen wurde, als dieser nach Troisdorf wechselte.

Auszeit in Maria Laach

Hoßdorf fragt sich, was Menschen heute suchen. „Sicherlich nicht mehr das lateinische Patronatsfest. Das Katholisch-Sein verändert sich“, sagt der 52-Jährige. Er möchte dazu anregen, Dinge zu hinterfragen, weg von „Oberflächlichkeit, Trott und Hamsterrad“. Der Besuch der Messen liegt in Wachtberg unter dem Bistumsdurchschnitt. Auch da ist noch einiges zu tun, um die Menschen wieder in die Kirchen zu locken.

Einen freien Tag hat der Geistliche in der Woche, montags pflegt er alte Freundschaften, fährt nach Bonn oder geht in ein ferneres Bad zum Schwimmen. Denn auch in Badehose bliebe er in Wachtberg der „Herr Pfarrer“. Für Auszeiten fährt er regelmäßig ins Kloster nach Maria Laach. Eine Pfarrstelle auf Lebenszeit, wie es früher bei Dorfpfarrern oft der Fall war, hat Hoßdorf in Wachtberg nicht. Er geht davon aus, dass das Bistum ihn irgendwann an einen anderen Ort sendet. Kirche bedeutet Wandel.

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