Professor Stephan Geisler über Krafttraining „Das Ganze ist salonfähiger geworden“

Köln/Bad Godesberg · Seit vielen Jahren beobachtet Professor Stephan Geisler die Bodybuilding-Szene. „Das Ganze ist salonfähiger geworden“, sagt der Wissenschaftler, der an der Düsseldorfer IST-Hochschule eine Professur für Fitness and Health Management besitzt und an der Kölner Sporthochschule als Dozent für Kraftsport und Gewichtheben lehrt.

 Stephan Geisler

Stephan Geisler

Foto: Privat

Vor 20 Jahren habe es sich noch um eine kleine, in sich geschlossene Szene gehandelt, der zu Recht Anabolika-Missbrauch vorgeworfen worden sei. „Seit zehn Jahren setzen sich jedoch mehr und mehr drogenfreie Meisterschaften durch“, so Geisler.

Der 40-jährige Wissenschaftler sagt, dass er manchen Muskelbergen ansehe, dass sie nicht auf normalem Wege erreichbar seien. Zudem gebe der dem Body Mass Index (BMI) vergleichbare Fettfreie Masse Index (FFMI) Aufschluss über mögliches Doping. „Ist er jenseits von 25, liegt die Vermutung nahe, dass nachgeholfen wurde“, meint der Professor, der selbst seit 25 Jahren Krafttraining macht.

Warum durchtrainierte Frauen wie Männer für den Normalverbraucher manchmal extrem aussehen, erklärt Geisler so: „Die Fettmasse ist einfach so gering, dass die Muskelmasse in den Vordergrund tritt.“ Kleines Manko: Das fehlende Unterhautfett sorge für ein älteres Äußeres. Als kritisch beurteilt der Experte die Tatsache, dass die Sportler bei ihren Wettkampfvorbereitungen nicht selten gesundheitliche Risiken eingehen.

Davor warnt er auch seine Studenten. „Die Diäten sind teils sehr krass. So lassen sich Essstörungen anerziehen“, umschreibt er das, was in der Fachliteratur als „Anorexia athletica“ Einzug gefunden hat. Und schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann.

Ob ein völliger Verzicht auf Kohlenhydrate oder eine zu starke Kalorienrestriktion in einer Diätphase schädlich sein könnten, sei nicht auszuschließen und im Einzelfall ärztlich zu untersuchen. Meist werde nicht nur die Ernährung, sondern auch das Sozialleben umstrukturiert: „Man unternimmt weniger mit Freunden, da man sich ja kasteien muss.“

Unbedenklich sind für ihn übrigens Nahrungsergänzungsmittel – vorausgesetzt, sie wurden im Laden und nicht übers Internet im Ausland bestellt. „Sonst können sie kontaminiert sein oder es werden unerlaubte Mittelchen beigemischt“, erzählt Geisler. Allerdings stellt er infrage, ob man bei einer ausgewogenen Ernährung überhaupt Nahrungsergänzungsmittel braucht. Wer wissen will, was er konsumiert, kann sich die sogenannte Kölner Liste der Sporthochschule (www.koelnerliste.com) anschauen. Dort finden sich Nahrungsergänzungsmittel, die auf Dopingsubstanzen getestet wurden.

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