Bad Godesberger Traditionsgeschäfte Bürogeschäft Gutenberg: Erfolg durch ständigen Wandel

Bad Godesberg · Familie Schneider führt das Bürogeschäft Gutenberg in fünfter Generation. Um gegen die Konkurrenz im Internet gewappnet zu sein, setzt Inhaberin Barbara Witt auf fachliche Beratung vor Ort. Und probiert viel Neues aus.

Dagmar Müller schüttelt den Kopf: „Nein, im Internet kaufe ich nicht ein.“ Sie kommt gerade mit einer Glückwunschkarte aus dem Bürogeschäft Gutenberg in der Alten Bahnhofsstraße. „Wenn ich hier etwas nicht finde“, sagt die Stammkundin, „kann ich die Verkäufer fragen.“

Dass die persönliche Beratung ihr und den Mitarbeitern am Herzen liege, bestätigt Barbara Witt, die das Unternehmen in fünfter Generation leitet. Nur so könne man sich von dem riesigen Angebot im Internet abgrenzen. Das koste natürlich Zeit, erzählt die 55-jährige Geschäftsführerin: „Erst kürzlich habe ich einen Kunden eine ganze Stunde lang über Füllfedern beraten und einen Tag später kam er wieder, weil er noch eine Frage hatte.“

Insgesamt arbeiten zwölf Fachverkäufer und zwei Auszubildende bei Gutenberg. Sie tragen gelbe Namensschilder, das macht die Sache persönlicher. Pro Schicht stehen in der Regel sieben Kräfte im Laden; sie teilen die 250 Quadratmeter Verkaufsfläche unter sich auf.

Einer der Verkäufer kommt aus Syrien und kümmert sich meist um die arabischen Kurgäste, die bei Gutenberg vor allem Mitbringsel für ihre Kinder einkaufen.

Bei mehr als 30 000 Artikel gilt es, hier den Überblick zu behalten - von Füllfederhaltern und Grußkarten über Schultaschen bis hin zu Lederhandtaschen. In einem der Schaufenster sind knallgrüne Eimer, Flugdrachen und bunte Softbälle auf Sand dekoriert.

Die Unternehmerin probiert viel aus

Das nächste Fenster bildet den Rahmen für einen hochwertigen Füllfederhalter. Ein paar Schritte weiter reihen sich Malkästen mit Wasserfarben an Federmäppchen mit Buntstiften. „Wir haben ein festes Grundsortiment zur Schreibkultur, wie ich es nenne“, erklärt Witt.

Darüber hinaus probiert die Unternehmerin viel aus. Neulich hat sie zum Beispiel zum ersten Mal Christbaumkugeln eingekauft. Wenn die im Winter gut laufen, werden sie ins Sortiment aufgenommen. Dass der Laden mal eine Druckerei war, verrät nur noch der Name Gutenberg, für den sich Jean Schneider 1887 bei der Gründung entschied.

Erst viele Jahrzehnte später, während des Zweiten Weltkriegs, begann Klara Schneider, die Frau des damaligen Inhabers, im Vorraum der Druckerei Stifte und Papier zu verkaufen. Was als zweites Standbein geplant war, entwickelte sich zum Kerngeschäft.

Druckerei geschlossen

Barbara Witt trennte sich von der Druckerei, nachdem sie 1986 mit 30 Jahren die Geschäftsführung übernommen hatte. „Als kleine Druckerei hätten wir kaum Zukunftschancen gehabt“, sagt sie.

Nach ihrer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau hatte sie bei einer Unternehmensberatung gearbeitet, bevor sie in den Laden in der Alten Bahnhofsstraße einstieg. Anfangs handelte der Familienbetrieb noch größtenteils mit Geschäftskunden, heute konzentriert man sich auf die privaten Käufer. Die Geschäftskunden werden mittlerweile aus einem Logistikzentrum in Overath beliefert. Es gehört der Einkaufsgenossenschaft Soennecken, bei der Witt Mitglied ist.

Auch Online-Shop als Vertriebsweg

„In unserer Geschichte gibt es nur eine Konstante: Den ständigen Wandel“, sagt die Geschäftsführerin. Heute muss Gutenberg sich vor allem der Konkurrenz aus dem Internet stellen. „Den menschlichen Kontakt und die individuelle Beratung kann das Internet nicht bieten“, erklärt Witt ihr Konzept. Gutenberg hat zwar auch einen Online-Shop.

Doch den sieht die Geschäftsführerin lediglich als „zusätzlichen Service. Nur ein verschwindend kleiner Teil unserer Kundschaft kauft bislang per Mausklick ein“. Ob das auch in Zukunft so bleibt, wird sich zeigen. Und auch, ob Barbara Witts Tochter, die gerade ihr Abitur gemacht hat, das Geschäft in sechster Generation weiterführen wird. Noch habe sie sich nicht entschieden, sagt Barbara Witt. Und fügt hinzu: „Muss sie auch noch nicht, sie kann sich da ruhig Zeit lassen.“ Bis jetzt, muss man sagen, hat es ja noch immer geklappt.

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