Kurioser Vorgang in Bad Godesberg Bonner Familie darf Baum vor Einfahrt nicht fällen

Schweinheim · Eine junge Familie in Schweinheim will sich ein Auto anschaffen, kommt aber kaum in die eigene Garage. Ihr Gesuch um eine Baumfällung haben die Kommunalpolitiker abgelehnt.

Ein Baum vor ihrem Haus macht Familie Niecknig das Leben schwer. Sie wohnt erst seit kurzem an der Horionstraße und will sich erstmals ein Auto anschaffen. Eine Garage hat sie schon. Die kann sie aber wohl nur als Abstellraum nutzen. Denn eine Linde steht genau in ihrer Einfahrt und darf da auch nicht weg, wie es die Politiker der Bezirksvertretung Bad Godesberg nun entschieden haben.

Ursprünglich gehörte das im italienischen Stil gebaute Haus einer Verwandten des Seefunkpioniers Guglielmo Marconi. Sie arbeitete im Waldkrankenhaus und wohnte dort mit ihren beiden Kindern. 1983 hatte sie die Garage als Anbau beantragt, was auch genehmigt wurde. Besagter Baum stand schon da, war aber viel kleiner.

"Fehler lag beim Architekten"

Für die Schweinheimerin war das alles kein Problem, da sie einen kleinen Smart besaß und damit prima in die Einfahrt kam. „Der Fehler lag wohl damals beim Architekten, dass der Baum nicht wegkam“, vermutet Ralf Niecknig, der das Haus mit seiner Frau Henriette vergangenes Jahr für Sohn Franz und Schwiegertochter Johanna gekauft und für viel Geld renoviert hat.

An den Baum hatte der neue Eigentümer auch gedacht: „Wir gingen damals davon aus, dass die Fällung genehmigt wird“, sagte er. Bei der Stadt habe man ihm da Hoffnung gemacht, zumal ein paar Meter weiter noch eine leere Baumscheibe für eine mögliche Ersatzpflanzung zur Verfügung stehe. So zogen die jungen Leute mit ihrer einjährigen Tochter vom fünften Stock in der Altstadt nach Bad Godesberg. „Wir planen, uns einen Familienkombi zuzulegen“, sagte Franz Niecknig. „Wir brauchen halt ein Auto.“ Er glaubt nicht, dass er damit auf sein Grundstück kann. Selbst mit Rangieren sei das alles recht gefährlich, weil die Horionstraße viel befahren und steil sei. Zudem sei die Kurve rechts neben der Einfahrt schwer einsehbar.

Das Thema behandelten die Bezirksvertreter nun als Bürgerantrag: In ihrer Stellungnahme empfahl die Stadt, die Linde mit einem Stammdurchmesser von 1,11 Metern und ihrer sieben Meter breiten Krone nicht zu fällen, weil Bäume eine wichtige Funktion in einer Straße hätten (Bindung von Kohlendioxid und Feinstaub, Sauerstoffproduktion und Kühlung). „Die Leute, die jetzt dort wohnen, wussten, dass der Baum dort steht“, so Monika Heinzel von den Grünen. Ralf Jochen Ehresmann meinte, dass man nur geschickt fahren müsse. Marcel Schmitt (Bürger Bund Bonn) sagte, dass die Einfahrt doch gerade erst erneuert worden sei, da habe man sie doch verbreitern können. Dem widersprechen die Niecknigs: Zaun und Mauer seien gestrichen worden, aber ansonsten unverändert an ihrem Platz.

„Der Fall ist grenzwertig“, sagte Philipp Lerch (CDU). Zwar störe der Baum, aber seine Fraktion wolle keinen Präzedenzfälle schaffen. Solange die Einfahrt befahrbar sei und der Baum nicht übermäßig schade, „soll man es lassen“.

So wird sich die kleine Familie nun einen Wagen anschaffen und dann schauen, ob sie einen Platz an der Straße findet. Leicht sei das nicht, da viele Plätze von der Finanzverwaltung gegenüber belegt seien, so Franz Niecknig. „Wir müssen sehen, wie wir zurechtkommen.“

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