Bad Godesberger Traditionslokal Betreiber fürs Aennchen gesucht

Bad Godesberg · Monatelang tat sich nichts am „Aennchen“, jetzt bekommt das Godesberger Traditionslokal Unterstützung von Maler Gregor Cramer. Er war mit der Renovierung des Gebäudes beauftragt. Jetzt will er sich auf eigene Initiative auf die Suche nach einem Betreiber machen.

„So möchte Cramer den Investor, der sich aktuell auf andere Projekte konzentriert und keine Zeit für die Fertigstellung des Godesberger Aennchen aufbringen kann, überzeugen, die letzten Renovierungsmaßnahmen anzugehen, um das Aennchen noch vor Weihnachten wiederzueröffnen“, teilte die Agentur SC Lötters am Mittwochnachmittag mit.

Vor einem Jahr war der neue Eigentümer Khaled Hamed an die Öffentlichkeit gegangen und hatte seine Pläne vorgestellt. Bauarbeiten, ein neuer Name und eine Stuhl-Verschenkaktion vermittelten den Eindruck, dass der Leerstand am Aennchenplatz bald beendet sein könnte. Das Restaurant „à la Aennchen“ sollte italienisch-rheinisch- internationale Küche anbieten. Dann ruhten die Bauarbeiten.

Zuletzt hatte die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass inzwischen die Gaststättenerlaubnis erloschen ist (der GA berichtete). Aktuell liege kein neuer Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb des Aennchen vor. Ganz leer ist das Gebäude, ein Nachbau der historischen Gaststätte, nach Auskunft von Agentur-Inhaberin Christine Lötters nicht. Zwei Wohnungen seien vermietet.

Cramer möchte nun selbst die Wiedereröffnung des geschichtsträchtigen Lokals vorantreiben. „Nachdem im Augst die Meldung durch die regionalen Medien kursierte, dass die Konzession fürs Aennchen erloschen sei, bin ich mehrfach angesprochen worden, ob ich denn nichts tun könne“, sagte Cramer. Den letzten Anstoß habe dann die Familie Schilling gegeben. Die ehemaligen Betreiber des Aennchen kennt Cramer persönlich.

Renate Schilling besitzt noch Porzellan aus den 1950er Jahren – der Zeit, in der sie und ihr Mann die Gaststätte betrieben haben. Auch wenn die ehemalige Wirtin sehr viele positive Erinnerungen an ihre Zeit im Aennchen hat und sich freuen würde, wenn es wieder eröffnet würde, sagt sie auch: „Das heutige Aennchen hat mit dem Traditionslokal von früher wenig gemeinsam, so fehlt unter anderem der große Saal, das frühere Herzstück, in dem immer jede Menge los war.“ Die historische Gaststätte der legendären Lindenwirtin Aennchen Schumacher (1860-1935) wurde im Zuge der sogenannten Altstadtsanierung 1971 abgerissen und ein Stück weiter in Teilen rekonstruiert.

Die erloschene Konzession mache die Suche nach einem Betreiber nicht gerade leichter, weiß Cramer. Hier sei die Stadt gefragt, denn es gehe um Themen wie Brandschutz und Barrierefreiheit, die bei einer Neubeantragung einer Gaststättenkonzession den aktuellen Anforderungen entsprechen müssten. „Hier hoffen wir auf eine pragmatische Entscheidung und ein Entgegenkommen der Verantwortlichen bei der Stadt, wenn wir dort vorstellig werden, um eine neue Konzession zu beantragen“, sagte der Maler, der mit seinem Rheinbacher Unternehmen nicht nur private Wohnungen, sondern auch Hotels und Restaurants gestaltet. Das Aennchen ist nach Auskunft Cramers weitgehend fertig. Nur das Gestaltungskonzept für die Innenräume liege bisher nur unvollständig vor. „Aber hier ließe sich ganz bestimmt ein Weg finden“, ist sich der Maler sicher.

Der letzte Pächter Holger Klagge hatte 2015 vergeblich versucht, einen Nachfolger zu finden, ebenso die damalige Eigentümerfamilie. Das Restaurant „Zur Lindenwirtin“ wurde im August 2016 schließlich verkauft. Der Nachlass von Aennchen Schumacher wanderte ins Bonner Stadtmuseum und ins Stadtarchiv.

Es ist die Geschichte des legendären Studentenlokals und seiner Wirtin, die das Aennchen zum Godesberger Wahrzeichen macht. Anna Schumacher musste nach dem Tod ihres Vaters bereits im Alter von 18 Jahren dessen „Gasthof zum Godesberg“ übernehmen. Er wurde zu einem der beliebtesten Studentenlokale im Rheinland. Verfeindete Burschenschaften und Corps saßen hier friedlich zusammen, weshalb Aennchen auch als „Mutter der Studenten“ bezeichnet wurde. Im Gasthaus herrschte der berühmte „Godesberger Burgfrieden“. Legendär war auch die musikalische Begabung der Lindenwirtin, die zum Sinnbild für die Rheinromantik in Deutschland wurde.

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