Serie „Bonner Alltagshelden in der Corona-Krise“ Anja Wallau ist Krankenhaushygienikerin

Schweinheim · In der Serie Alltagshelden stellt der GA Menschen vor, die in dieser Sondersituation im Dienste der Allgemeinheit ihren Mann und ihre Frau stehen. Heute: die Krankenhaushygienikerin Anja Wallau.

 Anja Wallau desinfiziert sich im abgeschotteten Vorraum des Waldkrankenhauses ihre Hände.

Anja Wallau desinfiziert sich im abgeschotteten Vorraum des Waldkrankenhauses ihre Hände.

Foto: Axel Vogel

Es gibt sicher Berufe, die leichter auszusprechen sind als der von Anja Wallau. Aber nicht sehr viele, die aktuell wichtiger erscheinen. Die 42-Jährige arbeitet als Krankenhaushygienikerin. Und das in Johanniter- und Waldkrankenhaus mit zusammen mehr als 1400 Mitarbeitern und 650 Betten. Schon zu Normalzeiten mit Krankenhauskeimen & Co. ein anspruchsvoller Job – für sie wie auch ihre Kollegen in den anderen Kliniken in Bonn und der Region.

„Meine Kinder sehe ich jetzt weniger“, umschreibt Wallau das, was die Coronakrise seit Wochen mit sich bringt. Als das Virus sich vom chinesischen Wuhan langsam ausgebreitet habe, hätte man sich an den beiden Krankenhausstandorten das erste Mal gefragt „Wie wäre es, wenn es auch hierhin kommt?“. „Das war nicht abwegig für uns, denn gerade Bonn hat viel internationales Publikum, Bad Godesberg sowieso“, sagt Wallau, die zudem Oberärztin der Inneren Medizin ist. In den Blick rückte zum Beispiel direkt die Abteilung Hämato- und Onkologie am Johanniter. „Die Tumor- und Leu­kämiepatienten müssen besonders vor Viren geschützt werden, da sie kein Immunsystem mehr haben“, so die Ärztin, die 2015 ihre Weiterbildung zur Hygienikerin bei Professor Martin Exner an der Uniklinik begonnen hat.

Aus zwei Krankenhäusern praktisch vier gemacht

Als Covid-19 in Italien ankam, sei man deshalb in Schweinheim und der Gronau schon weit fortgeschritten gewesen mit den Vorbereitungen. Zum Beispiel für die Schaffung von Bereichen für Corona-Patienten nebst Verdachtsfällen und normalen Patienten. Denn der „Alltag“ mit anderen Notfällen geht ja auch weiter. Hört sich in der Theorie einfach an, bedeutete aber in der Praxis, aus zwei Krankenhäusern gewissermaßen vier zu machen. „Ende der Woche wird es die Taskforce geschafft haben“, sagt Wallau freudig.

Im Waldkrankenhaus gibt es nun im Hauptgebäude Operationssäle, Intensivplätze und Krankenzimmer für normale Patienten und in einem Nebenflügel das gleiche Angebot für Corona-Erkrankte und Verdachtsfälle. Im Johanniter ist für letztgenannte Gruppen der Rheinflügel reserviert.

Das gesamte Klinikpersonal musste in Sachen Hygiene gebrieft werden

Neben der Logistik stand für Wallau die Schulung von medizinischem Personal an. „Die Erkrankung war ja neu, und es muss bei neuen Patienten schnell unterschieden werden, ob es sich um Erkältungsanzeichen handelt oder respiratorische Symp­tome, also eben eine mögliche Lungenkrankheit“, berichtet die Bonnerin. Gemeinsam mit den vier Hygienefachkräften mussten aber auch alle anderen Mitarbeiter von der Küche bis zum Transportdienst für die neue Situation gebrieft werden. „Das Thema Handhygiene ist ein 24-Stunden-Job“, sagt die Expertin und schmunzelt. Nach Karneval wurden zudem Besucherströme reduziert, dann mit wenigen Ausnahmen verboten.

Aktuell müssen Wallau und die anderen Ärzte, Schwestern und Pfleger nichts mehr in der Theorie durchgehen. Denn im Waldkrankenhaus gibt es 5 Coronafälle, davon einer auf Intensiv- und 4 auf Normalstation, zudem 3 Verdachtsfälle – alle befinden sich im Infektionsbereich. „Es dauert zwischen 24 und 36 Stunden, bis das Testergebnis von der Uniklinik zurück ist“, sagt Wallau, die dankbar ist für die gute Kooperation zwischen allen Häusern.

Nur bei der Betreuung von Corona-Patienten empfiehlt sie, FFP-2-Mundschutzmasken und Brillen zu tragen. „Da die Übertragung über die Schleimhäute erfolgt, ist das die sicherste Methode.“ Ansonsten reiche im normalen zwischenmenschlichen Umgang – also ohne Vorerkrankungen – der Dreisatz: zwei Meter Abstand, die Einhaltung der Husten- und Niesetikette sowie Händewaschen.

Zwangsweise beim Verbrauch von Schutzausrüstung sparen

Da jedoch immer mehr Privatleute die für Mediziner wichtige Schutzausrüstung aufkaufen würden, übt Wallau mit den Kollegen ressourcenschonendes Arbeiten ein. „Dann kann ein Mitarbeiter pro Schicht und pro Corona-Patient eine Maske samt Kleidung mehrfach benutzen“, erklärt die Fachfrau. Voraussetzung: Er ist über das richtige Über- und Ausziehen samt Hinhängen unterrichtet.

Was Wallau an Tagen wie diesen beeindruckt, ist der Einsatz aller Mitarbeiter, hier wie anderswo. „Alle haben ihren Urlaub zurückgegeben, viele leisten Überstunden, manche sind aus der Rente zurückgekommen.“ Energie für ihren Einsatz schöpft sie selbst aus abendlichen Radtouren mit der Familie.

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