Kabarett-Abend in der Parkbuchhandlung Am Ende kam das Buchenwaldlied

BAD GODESBERG · "Dein ist mein ganzes Herz", schmetterte der einst gefeierte Tenor Richard Tauber vom Band scheppernd durch die Parkbuchhandlung, als ein Herr in Frack und blank polierten Schuhen tänzelnd nach vorne strebte.

 Einen bewegenden Kabarettabend geben Eckhard Radau und Pianist Bernd Düring in der Parkbuchhandlung.

Einen bewegenden Kabarettabend geben Eckhard Radau und Pianist Bernd Düring in der Parkbuchhandlung.

Foto: Ronald Friese

Als Alter Ego von Fritz Löhner-Beda, also des Komponisten dieses Ohrwurms vergangener Zeiten, führte Eckhard Radau nun durch einen ebenso unterhaltsamen wie tragischen Abend, am Klavier kongenial begleitet vom ebenso geschniegelten Bernd Düring.

"Wir werden erleben, wie lebensgefährlich Kabarettkunst zur Nazizeit war", hatte Gastgeber Felix Ter-Nedden diesen ersten Abend seines Frühlingsprogramms eingeleitet. Man werde mitverfolgen, wie Rassenwahn vor niemandem haltmachte, auch nicht vor den beliebtesten Künstlern, hatte Daniel Friedenburg für den Mitveranstalter, die Friedrich-Naumann-Stiftung, erläutert. Er halte diesen Abend "angesichts des Antisemitismus heute" für sehr wichtig.

Und dann ließen die Herren im Frack die Ohrwürmer der 1920er und 1930er Jahre, die allesamt von diesem in Böhmen geborenen Österreicher mit dem so unbekannten Namen geschrieben wurden, nur so in die voll besetzte Buchhandlung perlen. Jüdisch Löwy hieß der geniale Librettist eigentlich, aber da sei das eher arisch klingende Löhner-Beda sicher der Karriere förderlicher gewesen, erläutert Radau nebenbei, während er die kecken Hits des damals aufkommenden Tonfilms nacheinander zum Besten gab.

"Oh Donna Clara, ich hab' dich tanzen geseh'n", schwang im Tangoschritt durch den Raum. "Deine Schönheit hat mich toll gemacht", kam schnarrend hinterher. Radau traf den schlüpfrigen Schmelz dieser nach Amüsement lechzenden Zeit ebenso wie den ironischen Ton, mit dem sich Frauenheld und "Simplizissimus"-Autor Löhner-Beda über die Dadaisten und sonstigen -isten seiner Zeit herrlich lustig machte.

Eine reiche, schöne Frau hatte dieser Hans-Dampf-in-allen-Gassen geheiratet, in Saus und Braus gelebt, die Operettentexte für Adolf Hitlers Komponisten Franz Léhar verfasst, berichtete Radau weiter. Was machte es, dass der Chauffeur ein ausgemachter Nazi war? Dachte wenigstens Löhner-Beda - bis ihn genau dieser Chauffeur den braunen Bluthunden ans Messer lieferte. Der Texter von Hitlers geliebten Gassenhauern wie "Du schwarzer Zigeuner" kam selbst nach Dachau und Buchenwald.

Wo Häftling Löwy schließlich das Lied schrieb, was zu Weihnachten 1938 an die 11 000 dem Tod Geweihte sangen: das Buchenwaldlied, in dem Gefangenenkolonnen in den grauenden, grauenvollen Morgen ziehen. Vor diesem Hintergrund ging Radaus Interpretation durch Mark und Bein. Es sei das erste anständige Lied von ihm gewesen, soll der 1942 ermordete Löhner-Beda gesagt haben.

Weitere Termine in der Parkbuchhandlung

Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19.30 Uhr in der Parkbuchhandlung, Koblenzer Straße 57.

Mittwoch, 27. Mai: "Next Generation". Bonner Musikfestival Beethoven@home: Semyon Lashkin, Violoncello, und Levgeniia Lermachova, Klavier, spielen Skrijabin, Beethoven und Debussy.

Freitag, 29. Mai: Daria Upolovnikova, Violine, Emily Wittbrodt, Violoncello, Moritz Mögel und weitere Pianisten spielen Beethoven, Rihm, Mendelssohn Bartholdy, Ravel und Tschaikowsky.

Samstag, 30. Mai: 17 Uhr, Trio Sturm + Klang mit Marie-Dorothea Wählt, Sopran, Cordula Fels, Klavier, und Florian Beste, Basstrompete, spielen Kurt- Weill-Musik.

Freitag, 5. Juni: Karin Punitzer und Johannes Prill lesen aus den Ehebriefen zwischen Goethe und seiner Christiane zu deren 250. Geburtstag. Am Klavier: Andreas Orwat.

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