Nach dem Tod von Niklas P. in Bad Godesberg Polizei, Gericht, Schule und Eltern eng vernetzen

BAD GODESBERG · Die tödliche Attacke auf Niklas P. hat tiefe Spuren hinterlassen und Fragen aufgeworfen. Der General-Anzeiger lädt unter dem Titel „Nach dem Tod von Niklas P. – wie sicher ist unsere Stadt?“ zum Godesberger Treff ein.

 Der Gründer der Initiative Go Respekt: Wolfram Kuster.

Der Gründer der Initiative Go Respekt: Wolfram Kuster.

Foto: Ronald Friese

Viele Bürger fühlen sich nicht mehr sicher; um das zu ändern, haben Polizei und Stadt ihre Präsenz verstärkt, verweisen aber auf den Unterschied zwischen dem Unsicherheitsgefühl und der objektiven Sicherheitslage.

Die Zahlen, so sagte Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa vor einigen Tagen, sprächen eine deutliche Sprache. Vergleicht man die Monate Januar bis Mai 2015 mit denen dieses Jahres, ist die Gesamtkriminalität in Godesberg zwar leicht gestiegen – von 2325 auf 2700 Fälle. Allerdings seien daran vor allem Straftaten im Internet schuld. Gewaltkriminalität (72 statt 101 Fälle), Raubdelikte (27 statt 41) und gefährliche Körperverletzung in der Öffentlichkeit (16 statt 27) seien rückläufig.

Die Lesart der Zahlen ist es, die Wolfram Kuster anzweifelt. „Wichtig ist nicht, ob sie rückläufig sind, wichtig ist die absolute Zahl“, sagt der Gründer der Initiative Go Respekt, die sich seit 14 Jahren mit dem Thema Jugendgewalt in Bad Godesberg beschäftigt. Ab einer gewissen Anzahl von Straftaten sei es logisch, „dass man sich unsicher fühlt. Es ist doch etwas anderes, ob es fünf Überfälle an einem Tag oder einen im Monat gibt“.

Viele Straftaten werden nicht gemeldet

Hinzu komme die Zahl der Straftaten, die der Polizei gar nicht gemeldet würden. „Die halte ich für ganz erheblich“, sagt Kuster. Seine Überzeugung stütze sich auf die Erfahrung, die er in seiner langjährigen Arbeit mit Schülern gesammelt hat. Die Bevölkerung zu sensibilisieren, sei somit ein Ziel von Go Respekt gewesen.

Das sei gelungen: „Das Thema ist angekommen. Es gibt nicht mehr viele, die kein Problem sehen.“ Wichtig sei eine enge Vernetzung zwischen Polizei, Gerichten, Schule und Eltern. Den Intensivtätern „die Hölle heiß zu machen“, schnelle Strafen zu verhängen, Investitionen in die Jugendarbeit, die richtige Erziehung seien Lösungsmöglichkeiten. „Das Elternhaus ist wichtig“, so Kuster. Das aber habe man hier nicht im Blick. Und verhindere so, dass Eltern in die Verantwortung genommen werden.

Gewerkschaft: Zu wenige Freizeitangebote für Jugendliche

Dass diese Vernetzung wichtig ist, meint auch Hermann-Josef Borjans vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Freie Stellen im Kommissariat Opferschutz der Bonner Polizei müssten umgehend besetzt werden, die Schulen müssten bereit sein, Hand in Hand mit Polizei und Jugendamt zu arbeiten.

„Für das Jugendamt bedeutet dies, dass konsequent eine Beratung und Hilfestellung für Familien, aber auch die Jugendlichen im Einzelfall gegeben werden muss.“ Außerdem gebe es zu wenig Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche, so Borjans. Dies führe dazu, „dass sich Gruppen unterschiedlicher Herkunft zusammenfinden und ihre Freizeit im Extremfall mit Gewalt gegen andere, die ihnen nicht passen, verbringen“. Investitionen seien notwendig, um Angebote zu schaffen. „Das kostet viel Geld, aber es ist gut angelegtes Geld, in die Jugend zu investieren, um so im Vorfeld Straftaten vermeiden zu können.“

Godesberger Treff

„Nach dem Tod von Niklas P. – wie sicher ist unsere Stadt?“ lautet der Titel des Godesberger Treffs, zu dem der GA für Montag, 4. Juli, einlädt. Beginn ist um 18.30 Uhr im Pfarrzentrum St. Marien, Burgstraße 43 a. Neben Experten sollen Bürger zu Wort kommen. Anmeldung unter der Telefonnummer 0 13 79/88 69 15 (0,50 Cent/Anruf aus dem dt. Festnetz; ggf. abweichende Preise aus dem Mobilfunknetz).

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