Politische Gespräche vor 80 Jahren Hitler und Chamberlain in Bad Godesberg

Bad Godesberg · Vor genau 80 Jahren trafen sich der deutsche Diktator Adolf Hitler und der britische Premierminister Neville Chamberlaine im Rheinhotel Dreesen in Bad Godesberg.

Vorfahrt vor dem Hotel Dreesen.

Vorfahrt vor dem Hotel Dreesen.

Foto: Ludwig Hogrefe/Stadtarchiv

Zu einem diplomatischen Gipfeltreffen der besonderen Art kam es vor genau 80 Jahren, am 22. September 1938, im Rheinhotel Dreesen. Dabei ging es um nichts weniger als um die Rettung des Friedens in Europa – an dem Hitler gar nicht interessiert war, der britische Premierminister Chamberlain aber mit seiner Appeasement-Politik (Beschwichtigungspolitik) seine Hoffnungen knüpfte. Neville Chamberlain reiste damals vor dem Hintergrund der sogenannten Sudetenkrise nach Bad Godesberg, um sich im Hotel Dreesen mit Hitler zu treffen – in der Hoffnung, den bevorstehenden Weltenbrand in letzter Sekunde zu verhindern.

Zu Beginn des 20.Jahrhunderts hatte sich das Dreesen zum Publikumsmagneten am Rhein entwickelt, von dem in den 1920er Jahren auch Adolf Hitler Notiz nahm. Den Kontakt zu Hitler stellte Rudolf Heß her, der damals im Internat der Otto-Kühne-Schule untergebracht war. Heß und dessen Eltern schätzten das Dreesen als Haus erster Klasse und machten es zu ihrem bevorzugten Refugium am Rhein. Mehr als 70 Mal kehrte Hitler in den 1920er und 1930er Jahren im Dreesen ein – allerdings sorgte nur ein Besuch für weltweites Aufsehen: das Treffen am 22. September 1938 mit Neville Chamberlain.

Hakenkreuze und Union Jack in den Straßen

Hitler kannte das Hotel natürlich bestens, aber dies war nicht der einzige Grund, warum man sich für Bad Godesberg entschieden hatte: „Man wollte Chamberlain, der nur wenige Tage zuvor das erste Mal in seinem Leben ein Flugzeug bestiegen hatte, um Hitler in Berchtesgaden aufzusuchen, keinen weiteren langen Flug zumuten – also entschied man sich für den Flughafen in Köln“, berichtet Hotelier Fritz Georg Dreesen.

„Und so nahm die Welt plötzlich Notiz von einem kleinen rheinischen Städtchen namens Bad Godesberg“, so Dreesen. Die Weltpresse war zugegen und berichtete in blumigen Ausführungen über das mit Hakenkreuz- und Union Jack-Fahnen „geschmückte“ Städtchen. Der kleinen Delegation Chamberlains, die auf dem Petersberg untergebracht war, gehörte auch dessen erster Botschaftssekretär und Dolmetscher Ivone Kirkpatrick an. Also genau jener Diplomat, der 1950 in Bonn als Nachfolger von Brian Robertson die Funktion des britischen Hohen Kommissars in der Bundesrepublik Deutschland übernehmen sollte.

Kirkpatrick setzte nach Kriegsende seine Arbeit im diplomatischen Dienst fort, wo er unter anderem in der Britischen Botschaft in Rom akkreditiert war. Vom 13. bis 15. Mai 1941 vernahm er übrigens in London Rudolf Heß, der kurz zuvor über Schottland mit dem Fallschirm abgesprungen war, um auf eigene Faust einen Frieden zwischen Großbritannien und dem nationalsozialistischen Deutschland zu vermitteln. Also genau jenen Mann, der – ungewollt – mit dafür gesorgt hatte, dass Bad Godesberg 1938 für kurze Zeit zum Schauplatz der Weltpolitik wurde. So schloss sich der Kreis von Heß über Hitler zum Treffen mit Chamberlain.

Das Treffen in Bad Godesberg war sozusagen das Warmlaufen für die Münchner Konferenz, die eine Woche später in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Und: Es war der Vorabend des Zweiten Weltkriegs.

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