Kurfürstenbad in Bad Godesberg Außen funktional, innen raffiniert

Bad Godesberg · Bei einer Führung der Werkstatt Baukultur erleben Teilnehmer die Badarchitektur der 1960er Jahre. Die neue Bürgerinitiative nutzt den Termin, um für ihr Bürgerbegehren zu werben.

Sie könnte zum Frühschwimmen ins Wachtberger Hallenbad fahren, meinte eine Godesbergerin, die am Samstag an der Führung mit Alexander Kleinschrodt von der Werkstatt Baukultur teilnahm. Es sei von allen Hallenbädern in der Umgebung am besten zu erreichen. Aber sie wolle ins Kurfürstenbad. Deshalb hatte sie sich auch den Anstecker zum Bürgerbegehren zum Erhalt des Hallenbads an die Jacke geheftet. Im Rahmen der Führung stellten die Initiatoren ihre Ziele vor.

Axel Bergfeld, Elisabeth Schliebitz und Wolfram Kuster wollten sich nicht damit abfinden, dass die Stadt das Bad schließt. Unter dem Motto „Kurfürstenbad bleibt!“ wollen sie vom 29. Oktober an Unterschriften sammeln. 10 000 brauche man mindestens, damit das Thema wieder in den Rat komme, so Bergfeld. Der Betreiber eines Biomarkts in Bad Godesberg ist auch Sprecher der Initiative „Viva Viktoria“, die im vorigen Jahr erfolgreich ein Bürgerbegehren gegen die Pläne für ein Einkaufszentrum auf dem Areal des ehemaligen Viktoriabads initiiert hatte.

Dass das Kurfürstenbad sanierungsbedürftig ist, bestreitet die neue Initiative nicht. „Wir haben aber ein Misstrauen gegenüber den Zahlen der Stadt“, so Bergfeld. Ein Gutachter solle Sanierungskosten und Umbauzeit errechnen und außerdem prüfen, ob die Technik des Bades wirklich so schlecht und veraltet sei, wie es die Stadt angibt, vor allem in der Sauna. „Wir wissen vom Personal, dass die Fehler an der Technik minimal sind“, sagte eine Teilnehmerin.

An die 60 Personen waren gekommen, denen Kleinschrodt die architektonischen Merkmale des 1964 eröffneten Kurfürstenbades erläuterte, für das alte Fachwerkhäuser weichen mussten. Der Baustil entspreche dem Zeitgeist der 1960er Jahre, sagte er: Funktional wurde als modern angesehen, dazu gehören eigene Gebäudeelemente für Eingang, Sauna, Heilbäder und Schwimmhalle, damit man die Aufteilung schon von außen erkennen kann. Die Eingangsfront aus Glas, Edelstahl und Hartholz sei für die Bauzeit typisch, die Bruchsteinmauer an der Seite verweise aber eher auf die 1950er Jahre.

Kleinschrodt findet das Innere der Halle beeindruckend: Der Besucher werde erst auf eine Empore geführt, damit er schon mal das Bad einsehen könne, betrete dann über „Stiefelgänge“ zu beiden Hallenseiten die Umkleiden und trete auf der anderen Seite in den Barfußbereich hinaus. An der Fensterseite gelange man über eine Treppe zum Becken. Kleinschrodt erkannte Parallelen zu Bädern aus der Gründerzeit, etwa im früheren Viktoriabad. „Das ist eine sehr wohl überlegte Aneignung von älteren Schemata für Schwimmhallen“, berichtete er.

Der Termin für die Führung der Werkstatt Baukultur sei in etwa zeitgleich mit dem Beschluss zur Schließung festgelegt worden, sagte Kleinschrodt. Ob geschlossen oder nicht – das 60er-Jahre-Bauwerk sei eine Führung wert. Darüber hinaus sei die Werkstatt Baukultur eher daran interessiert, dass alte Gebäude weitergenutzt und nicht abgerissen würden.

Das gelte auch fürs Kurfürstenbad. Man müsse es nicht schließen, sondern könnte es als Hallenbad im Retro-Look gestalten. Dieser Eindruck werde schon durch das Mosaik des Künstlers Paul Magar erweckt, das als „Kunst am Bau“ die Emporenbrüstung ziert. Von Magar könnte man noch weitere Wasser-Motive anbringen, um den Eindruck zu verstärken.

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