Bad Godesberg Als die Gestapo den Friesdorfer Josef Roth verhaftete

BAD GODESBERG · Heute vor 75 Jahren wurde der Vorsitzende der Zentrumspartei Bad Godesberg während der "Aktion Gewitter" von den Gestapo inhaftiert. Kurz nach seiner Entlassung, am 22. Januar 1945, starb Roth.

 Drei Generationen der Familie Roth: Joseph Roth (Mitte) mit seinem Vater und seinem Sohn, die beide Wilhelm heißen.

Drei Generationen der Familie Roth: Joseph Roth (Mitte) mit seinem Vater und seinem Sohn, die beide Wilhelm heißen.

Foto: Privat

Joseph Roth war ein erklärter Gegner der Nationalsozialisten, machte auch als Volksschullehrer und Vorsitzender der Zentrumspartei Bad Godesberg keinen Hehl aus seiner religiösen und politischen Überzeugung. Vor 75 Jahren, am 22. August 1944, wurde der Friesdorfer von der Gestapo inhaftiert. Und zwar im Zuge der „Aktion Gewitter“, der Verhaftungswelle nach dem gescheiterten Attentat des 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler. Er kam ins Gestapo-Gefängnis in Bonn, wo er unter anderem mit Konrad Adenauer zusammentraf. Über das Kölner „EL-DE Gestapo-Haus“ und das Arbeitserziehungslager in Deutz wurde er am 16. September 1944 ins KZ Buchenwald deportiert.

Nach Wochen der Erniedrigung und Qualen wurde Roth am 28. Oktober entlassen – allerdings wurde ihm vermutlich eine Benzinspritze injiziert. „Das berichteten Augenzeugen“, so sein Enkel Josef Roth, der eine Biografie über seinen Großvater geschrieben hat. Seinen Darstellungen zufolge soll der Arzt, der die Spritze verabreichte, gesagt haben: „Den können wir heimschicken, das ist in sechs Wochen der größte Invalide Deutschlands.“ Körperlich war Roth zu diesem Zeitpunkt allerdings schon am Ende: In der kurzen Haftzeit war er von 120 auf 48 Kilo abgemagert. „Sein Gehör sowie der Geruchs- und Geschmacksinn ließen immer mehr nach, selbst das Tageslicht begann ihn zu schmerzen“, beschreibt sein Enkel. Kurz nach seiner Entlassung, am 22. Januar 1945, starb Roth an den Folgen der Injektion.

Er blieb, um seine Familie vorder Sippenhaft zu bewahren

Joseph Roth wurde 1896 als Sohn des Kirchenmalers Wilhelm Roth geboren, der unter anderem die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Friesdorfer Kirche verschönert hat. Er hatte zwei Schwester und vier Brüder, die alle die priesterliche Laufbahn einschlugen. Bis auf Joseph. Er absolvierte eine Ausbildung als Volksschullehrer, blieb der Kirche aber Zeit seines Lebens treu. 1927 trat er eine Stelle an der Burgschule an, wurde wegen seiner anti-nationalsozialistischen Haltung 1934 bis 1936 beurlaubt und schließlich an die kleinere Friesdorfer Volksschule strafversetzt. Auch politisch war er stets aktiv, wurde 1931 zum Vorsitzender der Godesberger Zentrumspartei gewählt.

1924 heiratete er die Friesdorferin und Bauunternehmertochter Katharina Paffenholz, mit der er drei Kinder bekam – einen Jungen und zwei Mädchen. Sie mussten 1944 mit ansehen, wie ihr Vater verhaftet und in Handschellen aus der Wohnung geführt wurde. Obwohl er hätte fliehen können. Denn, so berichtet sein Enkel, Roth war gewarnt worden: von seinem Freund Josef Berg, der als Luftschutzwart Dienst im Rathaus tat. Er bekam mit, wie Bürgermeister Heinrich Alef mit dem Friesdorfer Ortsgruppenleiter die Namen der zu verhaftenden Männer besprach. Doch aus Angst um seine Familie, der Sippenhaft gedroht hätte, widerstand er dem Impuls zu fliehen.

Für seinen Mut und seinen Widerstand gegen das Naziregime erklärte die katholische Kirche Roth 2000 zum Märtyrer. Darüber hinaus ist in einer Ausstellung in Buchenwald seine Kurzbiografie samt Bildern zu sehen. Roth steht dort stellvertretend für die Opfer der „Aktion Gewitter“, die unter anderem auch aus Godesberg stammten. „Neben meinem Großvater waren es Johann Schwalb, Caspar Emsbach, Werner Wichterich, Hubert Peter, Bernhard Laufenberg und Jean Gilles“, so sein Enkel.

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