Verkehr in Bonn Autobahnstaus verstopfen die Stadt

Bonn · Unfall auf der A555. Es dauert nicht lange, bis sich die Autos dahinter stauen. Erst geht nichts mehr auf dem Verteilerkreis Potsdamer Platz. Dann breitet sich das Verkehrschaos wie ein Krebsgeschwür in der ganzen Stadt aus.

 Wenn auf der Autobahn etwas passiert, staut es sich in der ganzen Stadt - hier abends an der Thomas-Mann-Straße.

Wenn auf der Autobahn etwas passiert, staut es sich in der ganzen Stadt - hier abends an der Thomas-Mann-Straße.

Foto: Richard Bongartz

Nicht nur auf der Stadtautobahn geht es nur noch im Schritttempo vorwärts, auch auf der Viktoriabrücke mit Kaiser-Karl-Ring, in der Innenstadt und an vielen weiteren Stellen. Ein bekanntes Bonner Problem. Wie berichtet, verursacht das auch wirtschaftlichen Schaden, wenn Lieferwagen nicht mehr vorwärtskommen. Entsprechend will die Handwerkskammer zu Köln nun mit den Behörden nach Lösungen suchen.

Für das tägliche Stop-and-go vor dem Verteilerkreis ab 7.15 und und 16.15 Uhr ist nicht mal ein Unfall nötig. Nach Angaben von Helmut Haux vom Stadtplanungsamt fahren dort im Schnitt täglich 42.500 Autos. "Das funktioniert dann nicht immer reibungslos."

Für ein Gutachten des Büros "Brilon Bondzio Weiser" von 2010 wurde der Verkehr simuliert und dabei auch das Umfeld mit seinen Ampeln - also etwa an der Autobahn, am Lievelingsweg und Heinrich-Böll-Ring - einbezogen. So entstand, wie berichtet, die Idee, dort alles zu einem Turbokreisel umzubauen. Von denen gibt es laut Haux in den Niederlanden 60 bis 80 Stück, in Deutschland zehn.

"Man muss sich da vorsortieren", sagt Haux, sich also vor dem Einfahren für eine Fahrspur entscheiden. Der Kreisel wäre wie eine Turbine aufgebaut, die Hauptzufahrten dreispurig angelegt. Je weiter links sich der Autofahrer einordnet, desto mehr gelangt er ins Kreiselinnere und kommt entsprechend später auch wieder raus. "Turbokreisel verbessern die Leistungsfähigkeit von ein- und zweistreifigen Kreisverkehren und bieten die Möglichkeit zweistreifiger Ausfahrten", so die Gutachter.

Das Problem ist das Programm Kreisverkehr, bei dem laut Haux 19 Bonner Kreisel in verschiedenen Größen im vordringlichen Bedarf stehen. "13 davon sind noch nicht gebaut." Der Verteilerkreis käme nach der Liste erst danach im mittelfristigen Bedarf dran. Der Umbau würde - Stand 2010 - 150.000 Euro kosten, was nach Haux Einschätzung zu niedrig angesetzt ist. Im Übrigen sei der Kreisverkehr ja auch schon vorhanden.

Weniger Staus durch Einhalten der Tempolimits

Für ihn ist klar: Wenn sich auf der Autobahn jeder ans Tempolimit halten würde, gäbe es in Bonn weniger Staus. Der Verkehrsexperte fordert mehr Kontrollen. Das Tiefbauamt sagt, es lohne sich nicht, dem Autobahnstau - von dem auch der Flughafenbus SB 60 betroffen ist - über die Straßen der City zu entkommen. Haux meint, statt etwa einen Venusbergtunnel zu bauen, solle man lieber das bestehende Netz leistungsfähiger machen, "sich auf das Wesentliche konzentrieren".

Der Ausbau des Radwegenetzes sei auch notwendig. Der Landesbetrieb Straßen NRW plant nun den Ausbau des Tausendfüßlers von Endenich bis Tannenbusch ab 2019. Drei Jahre später soll der Abschnitt sechsspurig befahrbar sein.

Derzeit kommt es nach Angaben des Tiefbauamts an folgenden Stellen leicht zu Staus: Sankt-Augustiner Straße morgens stadteinwärts, oft schon in Siegburg beginnend, abends stadtauswärts, mitunter bis Siegburg. Hermann-Wandersleb-Ring, morgens bis Viktoriabrücke, abends stadtauswärts bis hinter Duisdorf.

Es klemmt zudem vor dem Stadthaus in Fahrtrichtung Beuel, auf der Bornheimer Straße in beide Richtungen, auf der Kölnstraße stadteinwärts, auf der Reuter- und Niederkasseler Straße. "Interessant ist übrigens, dass die B9 zwischen Straßentunnel und Koblenzer Tor in beiden Richtungen eher stauunauffällig ist", sagt Tiefbauamtsleiter Peter Esch.

Baustellen wirken sich auch auf den neuen Nahverkehrsfahrplan aus. Die Linien 600 und 601 erhalten ab dem 13. Dezember zwischen den Haltestellen "Augustinum" und "Brüdergasse/Bertha-von-Suttner-Platz" wegen der Umleitung aus der Römerstraße fünf Minuten mehr Fahrzeit.

So sollen laut Veronika John, Vizesprecherin der Stadtwerke Bonn, die Busse pünktlicher werden. Wenn es sich aber auf Köln- und Bornheimer Straße staut, können dem auch keine Bahn und kein Bus entkommen. Vor allem am Samstag haben Busse das Nachsehen, wenn die Autos vor den Tiefgarageneinfahrten warten.

Radkurier Jürgen Beling (Firma Radz-Fatz) ist oft froh, mit dem Rad unterwegs zu sein, findet immer einen Weg, auch im Berufsverkehr. Es gebe Untersuchungen vom Bundesverband der Radkuriere, wonach das Rad auf Strecken bis sieben Kilometer immer schneller als Autos ist. "Im Berufsverkehr gilt das sowieso", sagt der 49-Jährige. Ein Auto erreiche im Berufsverkehr im Schnitt 17 bis 20, er auf dem Rad 22 Stundenkilometer.

Kölnstraße "ist wie die chinesische Mauer"

"Wenn es ganz schnell gehen muss, schaffen wir Bonn - Bad Godesberg in 17 Minuten." So sind Akten oder Medikamente pünktlich am Ziel. Beling empfiehlt ein konsequentes Park-and-ride-System wie in der Schweiz. In Bern müsse man seinen Wagen drei Kilometer vor der Innenstadt abstellen und dann den günstigen Bus nehme. Wer etwas kauft, darf kostenlos zurückfahren.

Die Kölnstraße "ist wie die chinesische Mauer", sagt Payam Khamoushi, seit 15 Jahren Taxifahrer in Bonn. Für einen Kilometer braucht er manchmal zehn Minuten. Er findet es gar nicht so schlecht, dass die Bonner bei Regen langsamer fahren. "Man fährt vorsichtiger und kommt heil an. Lieber fünf Minuten später als gar nicht."

Von seinen Kunden lässt er sich nicht drängeln. Und hat auch keine Lust, geblitzt zu werden.

Ihre Meinung ist gefragt

An welchen Stellen in Bonn stehen Sie besonders häufig im Stau, welche Straßen sind oft überfüllt? Wie kann Ihrer Meinung nach der Verkehr entlastet werden? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar!

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