Aussprache beim Ako-pro-Seminar

BAD GODESBERG · Es war die Stunde der möglichen Opfer und ihrer Angehörigen. Es war ein Morgen, an dem sich Verzweiflung, Schuldgefühle und blinde Wut Bahn suchten. Im Zuge der Aufklärung mutmaßlicher Gewalt durch den früheren Leiter des Vereins Ako-pro-Seminar hatten Betroffene um Peter Koepke zur Aussprache geladen.

Am Runden Tisch zum Ako-pro-Seminar nehmen teil: Johannes Siebner (von links), Johannes Heibel, Dirk Stueber, Mathias Molzberger und Peter Koepke.

Am Runden Tisch zum Ako-pro-Seminar nehmen teil: Johannes Siebner (von links), Johannes Heibel, Dirk Stueber, Mathias Molzberger und Peter Koepke.

Foto: HAGENBERG-MILIU

Das Gespräch moderierte Johannes Heibel, Vorsitzender der Siershahner Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch. Rede und Antwort standen Pater Johannes Siebner, Rektor des Aloisiuskollegs (Ako), sowie die neuen Vereinsvorsitzenden Dirk Stueber und Mathias Molzberger.

Die Vorwürfe und Tränen taten auch den neuen Repräsentanten des Vereins sichtlich weh, gegen dessen vormaligen Leiter Ermittlungen wegen möglichen Missbrauchs laufen (siehe Kasten). "Wir kommen, um Ihnen zuzuhören", sagten die Ako-Lehrer Stueber und Molzberger.

Sie hätten "eine gewisse Verantwortung", obwohl sie nicht hätten einschätzen können, welches Ehrenamt sie 2010 bei Ako-pro übernahmen. Es gehe generell um "Vertrauensmissbrauch in ungeheurem Maßstab", der weite Kreise bei Ako-pro betroffen habe, sagte Koepke.

"Schwarze Pädagogik" habe der bis 2010 angestellte Vereinsvorsitzende über Jahrzehnte betrieben, klagten Betroffene. Der Mann habe ein "System im System" installiert, indem er junge Ako-pro-Pfadfinder abhängig gemacht und gegeneinander ausgespielt habe. Er habe mit Alkohol, schriftlichen Treueschwüren und körperlicher Züchtigung gearbeitet. "Das war wie in einer Sekte. Er machte unsere Eltern und das Jugendamt zu Idioten."

Wie mehrmals berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft nach einem Bericht des städtischen Rechnungsprüfungsamts gegen den Mann auch wegen mutmaßlichen Betrugs bei der Einholung von Fördermitteln. Nach GA-Informationen waren allein seit 1999 um die 1.200 Jugendliche Ako-pro-Pfadfinder.

Moderator Heibel hatte seine liebe Mühe, die Situation zu beruhigen. "Unser Kinder haben bei dem Mann systematisch gelernt, zu trinken, zu vertuschen und Unterschriften zu fälschen", brach es aus Eltern heraus. Man habe seinen Nachwuchs dem Verein im Glauben auf seinen guten Namen anvertraut.

"Und erst jetzt haben wir verstanden, was für ein gefährlicher Verführer der ehemalige Leiter ist", sagten Eltern von möglichen Opfern sexuellen Missbrauchs. Warum habe man aber selbst nicht "die rote Lampe" gesehen? Genau das nähmen die inzwischen erwachsenen Kinder ihnen übel. "Wir können bis heute nicht mehr unter dem Weihnachtsbaum zusammen sitzen", sagte eine weinende Mutter.

Er glaube den Betroffenen, stellte Ako-Rektor Pater Siebner nach dem Gespräch fest. "Ich glaube die erschütternden Geschichten, die ich höre, und bedaure sie ausdrücklich auch im Namen des Kollegs." Er wolle seinen Beitrag zur Aufklärung und Aufarbeitung leisten und frage sich, ob das gerade beim Ako-pro-Seminar wirklich hinreichend geschehen sei.

"Wir fragen uns also, ob es noch Jugendliche und junge Erwachsene gibt, die es nicht wagen, über etwaige Traumata zu sprechen. Sind also die geschlossenen Systeme, von denen der Abschlussbericht der Aufklärungskommission schreibt, einfach schon deshalb wirksam aufgebrochen, nur weil das Ako im Bereich des Ako-pro-Seminars einen klaren Neuanfang gemacht hat?", sagte Siebner.

Ähnliche Fragen stelle er sich selbstverständlich auch für alle Bereiche des Aloisiuskollegs. Heibel wiederum betonte, dass seine Initiative auch weiteren Betroffenen oder Zeugen Unterstützung und Schutz biete, auf Wunsch auch auf anonyme Weise. [kein Linktext vorhanden]

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